Interview mit dem Unternehmer Manuel Albrecht
Ausgabe Nr. 2754
Der Unternehmer Manuel Albrecht ist im Oktober 2020 nach Hermannstadt gekommen, um ein Startup unter dem Namen erdbaron® aufzubauen. Erdbaron bietet seinen Kunden von der Deklarationsanalyse über den Erdaushub bis zur Entsorgung alles rund um das Thema Erde. Aktuell ist die Firma ausschließlich auf dem deutschen Markt aktiv. Anders als in den meisten Firmen, die auf dem deutschen Markt aktiv sind, sitzt der Kopf der Firma jedoch nicht in Deutschland, sondern in Hermannstadt. Und anders als in den meisten Fällen, kommen die Anweisungen nicht von Deutschland nach Rumänien, sondern andersrum. Vor vier Monaten ist die Firma richtig ins Rollen gekommen und hat bereits jetzt große Konzerne in der Baubranche als Kunden gewonnen. Neuerdings interessiert sich Albrecht auch für den Tierschutz hier. Mit Manuel Albrecht führte HZ-Redakteur Werner F i n k folgendes Gespräch:
Wie kommt man auf die Idee, Rumänien bzw. Hermannstadt als Firmensitz zu wählen?
Ein befreundeter Unternehmer aus Bukarest hat mich auf die Idee gebracht, Rumänien als Standort zu bedenken. Werner Keul, ein befreundeter Unternehmer aus Hermannstadt, welchen ich aus Deutschland kenne, hatte mir Hermannstadt empfohlen. Das Bier, die Live-Musik, die Gulaschsuppe aus dem Brottopf bei Casa Weidner und die Atmosphäre auf dem Großen Ring haben mich gleich am ersten Abend überzeugt.
Was bewegt jemanden ohne rumänische Wurzeln, nach Hermannstadt zu ziehen?
Durch die Siebenbürger Sachsen gibt es eine ausgeprägte deutsche Kultur. Besonders im Stadtkern sieht man dies teilweise schon an der Architektur. Die Werte, die die Sachsen vertreten, entsprechen oft noch mehr der eigentlich deutschen Kultur, als es in vielen deutschen Städten zwischenzeitlich der Fall ist.
Welche Vorteile ergeben sich für Firmen, wenn Sie Hermannstadt bzw. Rumänien als Sitz der Firma wählen?
Als Unternehmer mit einem nachhaltigen Geschäftsmodell ist man hier wirklich willkommen. Ich bekomme sehr viel Unterstützung, sowohl von Mitmenschen, als auch von anderen Unternehmern und Behörden. Es gibt viele junge Leute, die motiviert sind was zu bewegen, die zeigen wollen, dass Rumänien mehr als nur günstige Bauhelfer zu bieten hat.
Rumänien entwickelt sich meines Erachtens genau deshalb sehr gut. Während sich die Dinge in anderen Ländern Europas zunehmend verschlechtern, habe ich das Gefühl, dass es in Rumänien stetig besser wird. Das zeigt auch der Vergleich des Wirtschaftswachstums aller europäischen Länder. Außerdem kommen immer mehr Rumänen aus anderen Ländern der EU wieder in die Heimat zurück. Sicherlich nicht ohne Grund.
Gibt es auch Bereiche wo Sie noch Platz für Verbesserung sehen?
Als größten Nachteil sehe ich tatsächlich mangelnde Abfallkonzepte, was dazu führt, dass die wunderschöne Landschaft an einigen Ecken mit Müll verunstaltet wird. Das sind Schäden, unter denen Rumänien bzw. die Lebensqualität noch jahrelang leiden wird. Bauschutt wird zum Beispiel häufig einfach an Flüssen oder im Wald abgekippt. An Wanderwegen fehlt es an Mülltonnen, und so landen Flaschen, Dosen und Tüten einfach in der Natur.
Was die Verwaltung betrifft, sollte es für meine Begriffe noch etwas digitaler zugehen. Aber da wird schon fleißig dran gearbeitet. Immerhin haben wir hier bereits heute eines der besten Glasfasernetze Europas und das zu sehr erschwinglichen Preisen. Selbes gilt für Mobilfunk.
Nur mit dem Strom hapert es noch ein wenig. Wir hatten im Stadtteil Goldtal/Valea Aurie in einem Jahr mindestens zehn Mal Stromausfall.
Wie gefällt es Ihnen privat hier?
Ich liebe Hermannstadt! Hermannstadt ist nach kurzer Zeit zu meinem Zuhause geworden. Hermannstadt ist gemütlich. Ich freue mich immer, wenn ich nach einer Reise nach Hause komme. Es gibt eine tolle, unberührte Natur und eine wirklich schöne Innenstadt. Ich bin gerne in den Bergen, gehe Offroaden, Gleitschirmfliegen oder auf den Seen in Schwarzwasser zum Kitesurfen.
Außerdem gibt es einen guten Zusammenhalt. Ich hatte mehrfach mit meinem Geländewagen im Gelände Probleme. Mir wurde immer Hilfe angeboten. Weit über normale Freundlichkeit hinaus. Einmal wurde ich sogar zum Grillen eingeladen, woraus sich letztlich eine Freundschaft entwickelt hat. Und Freiheit! Ich fühle mich in Rumänien, aber vor allem in Hermannstadt frei.
Welche Herausforderungen gibt es für Sie? Ist es nicht kompliziert, von Rumänien aus in Deutschland tätig zu sein?
Tatsächlich ist es komplizierter, als ich es mir vorgestellt hätte. Größtes Problem sehe ich dabei wirklich am Vorurteil der Deutschen gegenüber Rumänien. Bei einigen Kunden merkt man ein Misstrauen, sobald sie erfahren, dass der Firmensitz in Rumänien ist. Besonders am Anfang war das so. Aber wir haben zunehmend gute Referenzen und der Kunde merkt, dass wir fundiertes Fachwissen besitzen. Unser Service ist gut und das überzeugt dann letztlich doch die meisten.
Aber auch bei deutschen Behörden und Institutionen habe ich das Gefühl, dass man einer rumänischen Firma nicht zutraut, dass dort alles mit rechten Dingen zugeht. Auch hier müssen wir uns meist erst unter Beweis stellen. Das ist teilweise anstrengend, aber ich sehe das positiv. Damit machen sie uns letztlich nur noch besser.
Was sind die Schwerpunkte der Firma?
Wir haben uns auf die Entsorgung von mineralischen Abfällen spezialisiert. Schwerpunkt liegt dabei auf der Entsorgung von Erdaushub und Bauschutt. Wir bieten von der abfallrechtlichen Deklarationsanalyse, über den Erdbau bis zur Entsorgung alles an. Unsere Kernkompetenz ist die Entsorgung, die wir mit allen Werkzeugen der Digitalisierung vorantreiben. Wir nutzen Datenbanken, Algorithmen, künstliche Intelligenz und Big Data, um Abläufe und Prozesse zu optimieren. Wir dokumentieren und vermessen mit Drohnen. In Kürze kommt dann unsere MobileApp für IOS und Android.
Welche Ziele haben Sie sich vorgenommen?
Ich würde Erdbaron gerne als Pilotprojekt für eine Startup-Farm in Hermannstadt nutzen. Ich träume von einer großen Wiese mit vielen Containern, in denen junge Unternehmen ihre Visionen verwirklichen können. Ich würde gerne mit meiner Erfahrung und finanziellen Mitteln den nötigen Nährboden dafür bieten.
Planen Sie, langfristig in Hermannstadt zu bleiben?
Ich habe bereits vier Jahre in Shanghai gelebt, fünf Jahre in München. Vorerst ist Hermannstadt mein Zuhause. Aber ich schließe es nicht aus, dass ich irgendwann wieder eine neue Herausforderung suchen werde. Ob diese dann in Hermannstadt ist, weiß ich natürlich nicht.
Sie unterstützen ein Tierheim in Săliște. Wie kam es dazu?
Ja. Ich habe im Sommer hinterm Büro vermehrt Kinder spielen sehen. Eines morgens habe ich auf dem Balkon unseres Büros jammernde Tiere gehört und nachgeschaut. Die Kinder hatten dort Welpen eines wilden Wurfs großgezogen. Norbert, mein Arbeitskollege und ich hatten uns dann in den kommenden Wochen mit den Kindern zusammen um die Welpen gekümmert, bis ich auf Geschäftsreise musste und er Urlaub hatte. Wir haben drei der acht Hunde bis dahin vermitteln können. Für die anderen haben wir bis kurz vor meiner Abreise keine Unterkunft gefunden. Über Animal Life, eine Tierschutzorganisation in Hermannstadt, konnten wir dann das private Tierheim von Valentina Popianos in Săliște finden. Sie hat die Hunde aufgenommen. Im öffentlichen Tierheim werden die Tiere nach kurzer Zeit eingeschläfert. Das war natürlich keine Option. Nach meiner Rückkehr habe ich mich bei Valentina erkundigt und die Welpen besucht. So ist eine tolle Freundschaft entstanden.
An dieser Stelle möchte ich mich besonders bei Norbert Reisenauer und natürlich bei Valentina bedanken, dass sie unsere Welpen aufgenommen hat. Ein Dank geht auch an Horia Matei von der Spedition Craiss, der uns immer wieder Spenden wie Nahrung und Medizin aus Deutschland nach Hermannstadt transportiert hat und an Laura von Luminița (deutsche Tierschutzorganisation), welche die Hunde von Valentinas Tierheim nach Deutschland vermittelt.
Möchten Sie sich auch weiterhin für herrenlose Hunde einsetzen?
Seit der Aktion mit den Welpen haben wir im Büro zwei Hunde aufgenommen und nach Deutschland vermittelt. Wenn ich nach Deutschland fliege, habe ich seither meist wenig Kleidung, dafür aber einen Hund im Gepäck.
Ich wäre für weitere Hilfe und Spenden dankbar. Gerne stellen wir den Kontakt zu Luminița oder Valentina her. Valentinas Tierheim ist als Verein eingetragen und kann für Firmen eine Spendenquittung ausstellen. Wer helfen möchte, kann einfach eine E-Mail an soziales@erdbaron.com schicken.
Vielen Dank für das Gespräch!