Neujahrsempfang des Bischofs in der evangelischen Stadtpfarrkirche
Ausgabe Nr. 2753

In der evangelischen Stadtpfarrkirche fand am Mittwoch pandemiebedingt der traditionelle Neujahrsempfang des Bischofs Reinhart Guib statt. Unser Bild: Bischof Reinhart Guib (stehend) begrüßt alle Anwesenden. Foto: Beatrice UNGAR
,,Für uns wird laut der Jahreslosung – ,Jesus Christus spricht: Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen.‘ – das Jahr 2022 ein Jahr mit Christus sein, dem Herrn der Jahre, dem Herrn des Lebens. Nichts kann seine offenen Arme verschließen“. Mit diesen Worten eröffnete Bischof Reinhart Guib seine Andacht beim traditionellen Neujahrsempfang, der heuer pandemiebedingt in der evangelischen Stadtpfarrkirche und nicht wie gewöhnlich in den Räumlichkeiten des Bischofshauses der Evangelischen Kirche A. B. in Rumänien (EKR) stattgefunden hat.
Musikalisch untermalten die Hermannstädter Stadtkantorin Brita Falch-Leutert an einer Hausorgel und Musikwart Jürg Leutert an der Stolzenburger Orgel vierhändig die Veranstaltung. Nach der Andacht sangen alle unter Leitung von Jürg Leutert einen von ihm zur Jahreslosung komponierten Kanon. Danach folgten die Wortmeldungen, in gewohnter kurzweiliger Art moderiert von Hauptanwalt Fritz Gunesch.
Das erste Grußwort richtete Landeskirchenkurator Friedrich Philippi an die Anwesenden und benannte dabei wie gewöhnlich die Probleme in der EKR: ,,Wenn wir heute auf das vergangene Jahr 2021 zurückblicken, dürfen wir dafür dankbar sein, dass unsere Kirche es geschafft hat, Vieles von dem, was von ihr erwartet wird, auch unter den veränderten Bedingungen der Pandemie beizubehalten. Ich denke dabei an die Aufrechterhaltung eines, wenn auch eingeschränkten, gottesdienstlichen Lebens mit Gottesdiensten im Freien, mit Online-Gottesdiensten unterschiedlichen Formats oder der Verteilung der sonntäglichen Predigten an die verstreuten Gemeindemitglieder. Das war für alle Beteiligten eine Umstellung und große Herausforderung. Aber als Notlösung sicher richtig und wichtig. Und hat auch zum Nachdenken über diese Art der Verkündigung geführt. Die geistliche Betreuung unserer Gemeindeglieder ist auch angesichts der weiter fortschreitenden Diasporasituation und des sich andeutenden und zum Teil schon spürbaren Pfarrermangels immer schwerer zu bewältigen. Die Freistellung von Pfarrern ins Ausland oder in administrative Funktionen ist dabei leider nicht zweckdienlich. Ich versuche mich dabei in die Lage der über 800 Gemeindemitglieder unserer Kirche zu versetzen, die stark verstreut in den über 90 Gemeinden leben, in denen es zum Teil schon seit Jahren keine regelmäßigen Gottesdienste mehr gibt. Sie nicht zu vergessen, wird auch in den nächsten Jahren eine Hauptaufgabe unserer Kirche bleiben!“
Dabei, so Philippi, sei der EKR im vergangenen Jahr die gute Zusammenarbeit mit dem Siebenbürgenforum zu Gute gekommen, ,,durch welche das gemeinsame Diakonieprojekt erfolgreich gestartet werden konnte, das sich durch einen Besuchsdienst gerade an unsere vereinsamten Mitglieder wendet und mit den Erfahrungen im Bezirk Hermannstadt hoffentlich auch auf die anderen Bezirke ausgeweitet werden kann.“
Hermannstadts Bürgermeisterin Astrid Fodor sagte, sie vermisse wohl die warme Atmosphäre im Bischofshaus, freue sich aber auch über die renovierte Stadtpfarrkirche und gehe ,,optimistisch und energisch das Jahr 2022 an“. Verraten hat Bürgermeisterin Fodor übrigens, dass das Stadion am Erlenpark im Sommer diesen Jahres eröffnet und seiner Bestimmung übergeben werden wird.
Als Vertreter des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien wünschte dessen Landesvorsitzender Dr. Paul-Jürgen Porr allen ,,nur die Gesundheit und Frieden. Unseren Politikern wünsche ich mehr Gemeinschaftssinn, dass sie die Wählerinnen und Wähler vertreten, die sie gewählt haben. Und unserer siebenbürgisch-sächsischen Gemeinschaft mehr Zusammenhalt. Wir haben ein reiches Kulturerbe und es ist ein Armutszeugnis, dass die Kronstädter Honterusgemeinde die Stelle ihres Archivars gestrichen hat.“

Die beiden EKR-Beauftragten für den Religionsunterricht: Britta Wünsch (am Rednerpult) und Gunda Wittich (links vom Rednerpult). Foto: Stefan BICHLER
Seitens des Konsulats der Bundesrepublik Deutschland in Hermannstadt stellte Vizekonsulin Daniela Siefken fest, dass die Jahreslosung ,,schwer umzusetzen sei“ in einer Zeit in der Abstand geboten sei. Desgleichen wies sie darauf hin, dass die politische Unsicherheit weltweit diplomatisches Geschick erfordere und es wünschenswert sei, dass die christlichen Werte auch in schwierigen Zeiten erhalten bleiben.
Daniel Plier, der Honorarkonsul des Großherzogtums Luxemburg in Hermannstadt wies seinerseits darauf hin, dass man in den letzten zwei Jahren zwar auf Vieles habe verzichten müssen, aber auch gelernt habe, andere und neue Dinge (mehr) zu schätzen.
Grüße von dem DFDR-Abgeordneten Ovidiu Ganț und der Leiterin des Departements für interethnische Beziehungen im Generalsekretariat der Rumänischen Regierung, Lacika Enikö, überbrachte Unterstaatssekretär Thomas Șindilariu. Das Departement für interethnische Beziehungen sei nicht nur ein Bindeglied zwischen Regierung und nationalen Minderheiten sondern fördere auch die Beziehungen zwischen den verschiedenen Ethnien, wobei im Mittelpunkt der Bemühungen das Kulturerbe und die Stärkung der jeweiligen sprachlichen Identität der nationalen Mindergeiten stehen, unterstrich der Redner. Șindilariu forderte in diesem Zusammenhang alle auf, möglichst bald Förderanträge an diese Diensstelle zu richten. Als besonders wichtig stellte der Geburtstag des rumänischen Dichters Mihai Eminescu (15. Januar 1850 – 15. Juni 1889) Șindilariu die Volkszählung dar, die in diesem Jahr über die Bühne gehen soll. Er wünsche sich dafür eine ,,Bewusstseinsschärfung“, um alle Angehörigen der deutschen Minderheit in Rumänien zu informieren, so dass möglichst viele an der online-Selbstzählung teilnehmen können, ,,damit wir nicht in der statistischen Bedeutungslosigkeit versinken.“ Zuletzt wünschte Șindilariu sich, ,,das Jahr 2022 möge ein Jahr des strukturierten Aufbaus sein.“

Jeder und jede der Anwesenden durfte den dem Jahr des Religionsunterrichts gewidmeten EKR-Kalender 2022 mitnehmen.
Seitens des Studiengangs für Protestantische Theologie an der Lucian Blaga-Universität Hermannstadt richtete dessen Koordinator Prof. Dr. Stefan Tobler ein wie immer launiges Grußwort an die Anwesenden, in dem er meinte, durch die Veranstaltung des bischöflichen Neujahrsempfangs in der evangelischen Stadtpfarrkirche und nicht in den Räumen des Bischofshauses, seien ,,wir in die Weite gestellt, aufgefordert, einen weiten Blick zu bewahren und nicht eng zu denken.“
Die EKR hat das Jahr 2022 zum ,,Jahr des Religionsunterrichts“ erklärt. In diesem Sinn wendeten sich die beiden EKR-Beauftragten Britta Wünsch und Gunda Wittich an die Anwesenden und sprachen ihre Hoffnung aus, dass die Religion-Unterrichtenden entsprechend gewürdigt werden.
Die Beauftragte der EKR für Fortbildung und Ökumene, Elfriede Dörr schlug in die gleiche Kerbe und sagte, sie wünsche sich eine Vereinfachung der Strukturen und Klarheit in den Abläufen.
Zuletzt ergriff Bischofsvikar Dr. Daniel Zikeli das Wort und wies wie auch der erste Redner auf den unzureichenden pastoralen Nachwuchs hin. Desgleichen sagte er, die Jahreslosung sei ,,das absolute Kapital der christlichen Kirche“. Beatrice UNGAR