„Um tolle und lustige Spiele nie verlegen“

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Erstmals Hauptthema Körperkultur und Sport in der Region Banat

Ausgabe Nr. 2752

Um 1900 entstand dieser Bildbeleg zu den Anfängen sportlicher Betätigung von Frauen auf dem Land im Banat: Lehrerinnen und Kindergärtnerinnen in Jahrmarkt/Giarmata.Foto: Privatsammlung des Verfassers

Vor dem Sport im heutigen Sinne des Wortes gab es das Spiel im Freien. Dazu schrieb ein Kenner der Bereiche im historischen Banat in der Zwischenkriegszeit ein schmales Büchlein, aus dem obiges Titelzitat stammt, das sich auf einfallsreiche alte Kinderspiele im Freien bezog. Dem breiten Thema körperliche Freizeitbeschäftigung verbunden mit Gemeinschaftspflege wollte der Landesverband Baden-Württemberg der Landsmannschaft der Banater Schwaben seine 57. Kulturtagung in Sindelfingen widmen, unter dem Titel „Sport im Banat – Freizeit, Gemeinschaft und Weltklasse“.

Der unerschöpfliche und vielfältige Komplex sollte erstmals im Mittelpunkt der Kulturtage-Reihe stehen, für deren Organisation im November Halrun Reinholz M. A., Betreuerin der Dokumentationsstelle in Ulm der Landsmannschaft der Banater Schwaben e.V., und Landes-Kulturreferent Hans Vastag alles vorbereitet hatten. Kurzfristig musste die Veranstaltung Corona-bedingt abgesagt werden. Laut Landesvorsitzendem Richard Jäger ist sie auf nächstes Jahr verschoben.

Die Anregungen und Untersuchungen zur Thematik sind begrüßenswert, denn zur vielseitigen Selbstdarstellung der Banater deutschen Gemeinschaft zählt auch das frühe Suchen der Menschen nach einer sinnvollen Freizeitbeschäftigung in der Natur, verbunden mit der „Leibesertüchtigung“, die in der Region früh als Gymnastik- bzw. Turnunterricht in den Schulen nachgewiesen werden kann. Beispielhaft dafür und für die damalige Geräte-Ausstattung ist ein Foto aus dem Jahr 1903 (oder 1904), das den gut ausgestatteten Turnsaal des Temeswarer Königlichen Staatlichen Obergymnasiums zeigt, eines der frühesten erhaltenen Banater Fotos eines großen Gymnastik-Raumes einer höheren städtischen Schule.

Die früheste mir bekannte Farb-Postkarte mit Sport-Thema aus dem Banat wurde im Sommer 1901 – es war die erste Blütezeit der Ansichtskarten in der Region – aus Tschanad/Cenad nach Arad verschickt, wo sie laut Poststempel nach anderthalb Tagen angekommen ist. Vorgestellt werden in Bildern in der Art des Jugendstil-Designs die damals beliebten relativ jungen Sportarten Bergwandern – eine Zweigstelle des Vereins gab es in Herkulesbad –, Radfahren für beide Geschlechter und neu das Tennisspiel auch für Frauen. Foto: Privatsammlung des Verfassers

Die Einführung in das Tagungsthema hatte Halrun Reinholz übernommen, einen ersten breiten Überblick über Sport-Kultur im Banat hatte der pensionierte Lehrer und frühere Handball-Aktive Josef Koch vorbereitet. Sportbuch-Autor Hans Schuch (,,Siebenbürger und Banater Deutsche in der Sportgeschichte Rumäniens“, 2000 im Selbstverlag erschienen) wollte sportliche „Leistungen einer Minderheit“ vorstellen („Der Beitrag Banater Sportler zur Sportgeschichte Rumäniens“). Der Berliner Journalist Ernst Meinhardt hatte einen Beitrag über einen bekannten und beliebten Fußballklub – „100 Jahre Poli Temeswar“ – geplant, Sportjournalist Helmut Heimann hatte „Spitzensportler im Porträt“ aus seinem donauschwäbischen Sportbuch aus dem Jahr 2001 präsentieren wollen.

Für den zweiten Tag war das Referat des langjährigen Aktiven, Trainers und Sportlehrers an der Lenau-Schule i. R. Gotthard Schmidt vorgesehen, über Aspekte des schulischen und sportlichen Lebens in Temeswar über zwei Jahrzehnte (1950er-1970er Jahre), ein Aufriss, mit dem er Anregungen für weitere vertiefende Recherchen bieten möchte. Anschließend wollten zwei Referenten auf banatschwäbische Turniere eingehen: Felix Matei untersuchte die „Pipatsch“-Wanderpokalspiele in der Regie der früheren Neuen Banater Zeitung als „Handballturnier der Banater Schwaben“, Josef Lutz dokumentierte aufwändig die „Banater Sportturniere in Deutschland“, die unter der Schirmherrschaft der Landsmannschaft der Banater Schwaben stattfanden. Ein neues Sport-Projekt wollte Initiator Werner Gilde abschließend erläutern: Eine Dokumentation zum einst beliebten Banater Handballspiel soll erarbeitet werden.

Die Referate der geplanten Veranstaltung sollten in der Hefte-Reihe der Kulturtagungen veröffentlicht werden, womit die Banater Deutschen dann ein Pendant hätten zur ähnlichen im Auf- und Ausbau befindlichen vorerst digitalen Dokumentation über Temeswarer Juden im (internationalen) Sportleben („Evrei timișoreni în domeniul sportului“ von Dezsö Bleier und Gheorghe Borgida).

Die vom ersten Sport-Facharzt Rumäniens, Dr. Josef Stitzl aus Rekasch, in den 1930er Jahren erarbeitete Dokumentation „25 Jahre Sportgeschichte Temeswars“ ist verschollen. Sie sollte damals Ergänzung sein zu dem schmalen, aber reich illustrierten, in Arad erschienenen Bändchen über Banater schwäbische Sportvereine und Vereinsleiter (ohne Autor und Verlag, Druckerei der Arader Zeitung) mit „besonderer Berücksichtigung der Fußball-Vereine der schwäbischen Dorfgemeinden“. Der Handball-Sport kommt darin (im Unterschied zu ähnlichen siebenbürgischen Veröffentlichungen) noch nicht vor.

Luzian GEIER

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Geschichte, Sport.