,,Einen guten Hut und gute Schuhe“

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Immer mehr Freiwillige am Erhalt von Baudenkmälern interessiert

Ausgabe Nr. 2747

Ein internationaler Workshop des Vereins ,,European Heritage Volunteers“ (EHV)  hat vom 12. bis 25. September d. J. in Holzmengen stattgefunden, in Zusammenarbeit mit den Partnerorganisationen von EHV, der Stiftung Kirchenburgen (SKB) und dem Verein Europäisches Jugendbegegnungszentrum Kirchenburg Holzmengen (CEPIT). Unser Bild: Einige der insgesamt 12 Freiwilligen aus aller Welt (Kanada, Mexiko, Griechenland, Italien, Malta, Österreich, Litauen, Irland und Australien) beim Dachdecken.                        Foto: Maria Teresa TENAGLIA

Die Stiftung Kirchenburgen lud am Dienstag der Vorwoche zu einem Online-Gespräch zum Thema „Freiwillige vor“ ein. Als Gäste dabei waren  Bert Ludwig, Direktor des Vereins  European Heritage Volunteers und Architekt Eugen Vaida, Direktor der Initiative „Ambulanța pentru Monumente“ (Denkmalambulanz) die über die bisherigen Erfahrungen in der Freiwilligenkultur sprachen. Geplant sind im nächsten Jahr Rettungsaktionen an wichtigen Gebäuden in Dörfern wie Galt, Hamruden, Abtsdorf, Halwelagen oder Radeln. Das Gespräch, an dem auch zahlreiche Vertreter von Heimatortsgemeinschaften teilgenommen haben, moderierte Stefan Bichler, Öffentlichkeitsreferent der Evangelischen Kirche A. B. in Rumänien.

Immer mehr Freiwillige zeigen Interesse für die Arbeit im Rahmen der „Ambulanța pentru Monumente“, die sich vor allem auf Noteingriffe spezialisiert hat. Gearbeitet wird dabei vor allem an Dächern und Drainagen, schließlich brauche ein Gebäude – wie sich  Architekt Eugen Vaida ausdrückte – einen „guten Hut und gute Schuhe“.

2016 und 2017 wurde vor allem in Südsiebenbürgen gearbeitet, dann wurden über Franchising weitere Organisationen eingebunden, so dass gegenwärtig eine Anzahl von insgesamt acht Stiftungen mitmachen.

Was die Freiwilligen angeht, so hat man sich allein im letzten Jahr über 150 neue Freiwillige gefreut. In den letzten fünf Jahren waren es insgesamt 400 Freiwillige, die mitmachten. Infolge des wachsenden Interesses und vor allem, da man jedem Bewohner des Landes eine Chance geben möchte „seine eigene Identität (Anmerkung der Redaktion: gemeint ist das Kulturerbe) zu retten“, will man das Arbeitsfeld auch mit anderen Aktivitäten ausweiten, darunter Aktivitäten im Rahmen von Gemeinschaften, so dass alle Leute, die helfen wollen, miteinbezogen werden können.

Freiwillige Arbeit kann auch Spaß machen, wenn alle anpacken, so wie hier im Pfarrgarten in Holzmengen Mitte September d. J. beim internationalen EHV-Workshop.Foto: Maria Teresa TENAGLIA

Die meisten Freiwilligen sind Architekturstudenten, aber auch Studenten der Fachrichtungen Archäologie, Ingenieurwesen, Kunstgeschichte u. a. machen mit. „Es ist eigentlich so, dass unsere Arbeit eine Ausbildung für viele Studenten darstellt, die praktische Ausbildung“, sagte Vaida. Zu den Freiwilligen zählen aber auch Rentner u. a.

Gegenwärtig soll es im Bereich der Denkmalpflege wenige Experten geben. „Wir wollen dieses Denkmalgebiet ein bisschen für die Zukunft gestalten, damit wir in den nächsten 10-20 Jahren mehr Experten haben“, unterstrich Vaida. So wird der Schwerpunkt im Rahmen der „Ambulanța pentru Monumente“ eher auf Freiwillige aus dem Inland gelegt.

Die Zusammenarbeit mit dem rumänischen Kulturministerium soll vor allem auf regionaler Ebene besser geworden sein. Seit letztem Jahr gibt es für nichtstrukturelle Eingriffe einen vereinfachten Vorgang, um an Denkmälern zu arbeiten zu dürfen. Außerdem hat sich mittlerweile auch mancher Direktor entschlossen, auf dem Dach eines Baudenkmals als Volontär zu helfen.

In Rumänien ist die Gesellschaft inzwischen immer mehr an dem Kulturerbe interessiert. „Wenn man die Ergebnisse der Europäischen Kulturerbepreise (Europa Nostra Preise) betrachtet, dann merkt man, dass in den letzten zwei Jahren rumänische Projekte den Public Choice Award (Publikumspreis) gewonnen haben, das heißt, dass die Rumänen sehr interessiert am Kulturerbe sind und dass sie für diese Projekte gestimmt haben“, unterstrich Vaida und stellte fest: „Ich sehe eine sehr gute Zukunft für das Volontariat in Rumänien“.

Was die Arbeit an Kirchenburgen im nächsten Jahr betrifft, so wurden bereits mehrere in Augenschein genommen worden, darunter Galt, Hamruden, Abtsdorf, Halwelagen oder Radeln.

Im Rahmen des Vereins European Heritage Volunteers werden meistens Freiwilligengruppen von 12 bis 15 Teilnehmern aus 12 bis 15 Herkunftsländern mit sechs bis acht beruflichen Hintergründen gebildet. Wegen den Beschränkungen während der letzten zwei Jahre musste manches ein bisschen schmaler aufgestellt werden. „Der Grundansatz und die Motivation, sich zu bewerben, ist theoretisches Wissen und praktische Erfahrung zu ergänzen“, sagte diesbezüglich Bert Ludwig. Personen, die theoretisch hoch qualifiziert seien, müssten lernen, sich auf einer Baustelle zu bewegen. Wichtig sei weiterhin, dass ein interdisziplinärer Austausch stattfindet, dass „der Bauingineur mit dem Architekten zusammenarbeitet, aber vielleicht auch mit dem Museologen, dem Kunsthistoriker oder dem Restaurator“. Ein weiterer Aspekt sei, dass Berufsanfänger Netzwerke in ihrem Berufsgebiet schaffen, was oft auch grenzübergreifend geschieht.

Ein weiterer essentieller Aspekt sind die Anleiter solcher Aktionen. „Das sind Menschen, die Eigenschaften mitbringen müssen, die man in einer Person kaum vereinen kann“, sagte Bert Ludwig. Es handele sich dabei um Menschen, die vom Fach sind, die entsprechende formale Qualifikationen mitbringen und gleichzeitig Lust daran haben, ihr Wissen zu teilen und die dies auch können.

Beispielsweise lautete die Bedingung für die Arbeiten an einer Klosterkirche in Polen, dass man im Sommer einen 14-tägigen Crashkurs für junge Freiwillige anleitet. „Das war einerseits formal toll und andererseits hatte es einen guten Einfluss auf die Auswahl der jeweiligen Restaurierungsfirma, denn Menschen, die bereit sind, mit Freiwilligen aus ganz Europa zusammenzuarbeiten, sind offenen Geistes und waren sehr gute Partner für uns und die Klosterkirche“, schlussfolgerte Ludwig.

Werner FINK

Veröffentlicht in Handwerk, Aktuelle Ausgabe.