Zehn Jahre musica suprimata-Konzertreihe für verfemte Musik
Ausgabe Nr. 2744

30 Jahre danach: Die Violonistin Marianne Boettcher und die Pianistin Ursula Trede-Boettcher konzertierten nach 30 Jahren wieder in Hermannstadt und zwar im Rahmen der Reihe ,,musica suprimata“ im Thaliasaal. Foto: Beatrice UNGAR
2011 veranstaltete der Verein ,,pontus musicae“ das ,,Kleine Festival für ungehörte Musik“, um im Faschismus und Kommunismus als ,,unliebsam“ gestempelte Komponistinnen und Komponisten und deren Musik aus der Vergessenheit zu retten. Inzwischen heißt der Verein ,,musica suprimata“ und in diesem Jahr gab es nach der Zwangspause im Vorjahr wieder eine gediegene Veranstaltungsreihe. ,,Der Eintritt ist frei, weil einige Dinge zwar keinen Preis haben aber durchaus wertvoll sind“, sagte die Initiatorin und Veranstalterin Heidemarie T. Ambros.
Ursprünglich hätte zum Auftakt des diesjährigen Festivals das zweite dem in Hermannstadt geborenen Komponisten Norbert von Hannenheim (1898-1945) gewidmete Kolloquium am 12. und 13. Oktober in Klausenburg stattfinden sollen. Das Kolloquium musste abgesagt werden, aber die auf der Bühne des Thaliasaals in Hermannstadt geplanten Konzerte konnten stattfinden.

Die Schwestern Marianne Boettcher (Violine) und Ursula Trede-Boettcher (Klavier) brachten am Sonntag gemeinsam mit Ehrengard von Gemmingen (Cello) Werke von Ludwig van Beethoven, Wolf von Aichelburg und Astor Piazzolla zu Gehör.Foto: Beatrice UNGAR
Die Veranstalter von ,,musica suprimata“ haben den Komponisten vor zehn Jahren wieder entdeckt und mit der Förderung der Pro Musica Viva-Maria Strecker-Daelen-Stiftung Hannenheims Musik in Siebenbürgen aufführen und schließlich bei Boosey & Hawkes herausgeben können. Das erste Konzert des Festivals am 22. Juni 2011 in der Synagoge in Hermannstadt bestritten drei Mitglieder des Aron Quartetts aus Wien. Damals hatte Heidemarie T. Ambros gesagt, sie bringe Hannenheim nach Hause. Tatsächlich hatte das im September 1971 ein Kronstädter getan: Der damals knapp 30 Jahre alte Organist hat im Rahmen des Abschlusskonzerts der Orgelsaison an der Sauer-Orgel in der Hermannstädter evangelischen Stadtpfarrkirche eine Orgelsonate von Norbert von Hannenheim erstaufgeführt. In der Konzertchronik, die am 24. September 1971 in der Hermannstädter Zeitungerschienen ist, schrieb Heinz Acker u. a.: ,,Das dreisätzige Jugendwerk Hannenheims zeigt schon Ansätze serieller Zwölftontechnik bei starker Erfindungsgabe, die allen seinen Werken nachgerühmt wird.“

Dr. Kurt Thomas Ziegler führte durch die Veranstaltung am Sonntag. Foto: die Verfasserin
,,Nachgerühmt“ werden wird auch dem Pianisten Moritz Ernst die Annahme der Herausforderung, Hannenheims Kompositionen zu interpretieren. Das tat er in Hermannstadt im Rahmen des Konzerts am Freitagabend gemeinsam mit der Ausnahmesopranistin Irena Troupová und am Samstagabend im Anschluss an das Konzert der beiden Schwestern und Nichten Hannenheims, Marianne Boettcher (Violine) und Ursula Trede-Boettcher (Klavier).

Daniel Plier las Gedichte von Wolf von Aichelburg vor. Foto: Beatrice UNGAR
Eigentlich sollte das Boettcher-Trio am Sonntag im Rahmen der ,,Hommage à Wolf von Aichelburg“ das Klaviertrio von Wolf von Aichelburg (1912-1994) spielen. Die Vorbereitungen dafür hatte der Cellist Wolfgang Boettcher schon getroffen, leider starb er unerwartet am 24. Februar 2021 und so kam es, dass eine seiner früheren Studentinnen, die Cellistin Ehrengard von Gemmingen seinen Part übernahm. Die drei spielten eingangs Beethovens ,,Gassenhauertrio“ und zum Abschluss zwei Tangos (Sommer und Herbst) aus den ,,Vier Jahreszeiten“ von Astor Piazolla.

Das erste Konzert boten am Freitag Irena Troupová (Sopran) und Moritz Ernst (Klavier).Foto: Beatrice UNGAR
Mit der dem Dichter, Komponisten, Maler und Übersetzer gewidmeten Veranstaltung wurde die Reihe auf gediegene Weise abgerundet. Dazu beigetragen haben außer den drei Musikerinnen Dr. Kurt Thomas Ziegler, der Aichelburg persönlich gekannt und geschätzt hat, und Daniel Plier, der Gedichte des Gewürdigten vorlas.
Beatrice UNGAR