Ungeteiltes Interesse aufgebracht

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Ausgabe Nr. 2733

Jubiläumstagung in der Aula der Brukenthalschule / Von Sunhild GALTER

Martin Bottesch, der Vorsitzende des Siebenbürgenforums (links) eröffnete als einer der Veranstalter die Tagung in der Aula des Samuel von Brukenthal-Gymnasiums. Foto: Beatrice UNGAR

Im Rahmen der Feierlichkeiten anlässlich des 300 Jahrestages der Geburt des Barons Samuel von Brukenthal fand am 28. Juli in der Aula des Samuel von Brukenthal-Gymnasiums in Hermannstadt eine Tagung zum Thema „Bruken-
thals Erbe: Chance, Auftrag und Herausforderung“ statt. Die 13 Vorträge waren in drei Bereiche gruppiert.

 

Damit die Teilnehmenden das Gehörte auch entsprechend verarbeiten konnten, gab es nach jeweils zwei Vorträgen eine Diskussionsrunde und eine wohlverdiente Pause. Vortragssprachen waren Deutsch und Rumänisch, wobei fachkundige Simultanübersetzungen jeweils in die andere Sprache angeboten wurden.

Nach einer Begrüßung durch die Vertreter der Organisatoren, Martin Bottesch, Vorsitzender des Siebenbürgenforums, und Sabin-Adrian Luca, Direktor des Brukenthalmuseums, sprach auch Bischof Reinhart Guib einige einleitende Worte. Dann übernahm der DFDS-Geschäftsführer Winfried Ziegler die Moderation für die ersten zwei Vortragseinheiten.

Zuerst erhellte Gudrun Liane Ittu in einer anschaulichen Übersicht das Leben und Werk Bruken-
thals und ging auf sein Wirken als Politiker, Bauherr, Sammler und weitsichtiger Verfasser eines Testaments ein, das ihn zum Erinnerungsort, zur Identifikationsfigur europäischen Ausmaßes machte.

Thomas Șindilariu zeichnete den langwierigen Weg vom Testament zum Museum nach, das erst 14 Jahre nach Brukenthals Tod und zahlreichen Streitigkeiten und Prozessen eröffnet werden konnte, da die Erben nicht akzeptieren konnten, dass ihnen ein Großteil des Nachlasses verloren gehen sollte. Sogar der Kaiser musste höchstpersönlich eingreifen, doch letztendlich setzte sich Brukenthals Konzept des „Kulturerbes“ durch, auch dank des meisterlich verfassten Testaments, das erst den Sinn für solch ein gemeinsames kulturelles Erbe weckte.

Anschließend ging dann Daniela Dâmboiu sehr detailreich auf den esoterischen Hintergrund der Dekoration des Brukenthalpalais’ ein, zeigte Parallelen zum Ráday-Schloss in Pecel/Ungarn auf und wies auf die zahlreichen Freimaurersymbole in den Dekorelementen des Eingangstores und der verschiedenen Salons hin. Die zahlreichen projizierten Darstellungen erleichterten den Zugang zu dem doch sehr dichten und umfangreichen Vortrag.

Weil das Mittagsbuffet schon wartete, wurde der letzte der in dieser Einheit geplanten Beiträge auf den Nachmittag verschoben. Nach einer von angeregten Gesprächen begleiteten Stärkung ging es dann zur zweiten thematischen Einheit: „Samuel von Brukenthals Erbe: Nutzung und Perspektiven”.

Der Historiker Harald Roth referierte zu den Konzepten Welterbe, Kulturerbe, Erblast und wie mit dem kulturellen Erbe vor dem Hintergrund des ethnischen und konfessionellen Wandels umgegangen werden kann. Er stellte die Situation von Brukenthals Erbe in einen gesamteuropäischen Kontext und zeigte auf, dass in mehreren Regionen Europas heute Gemeinschaften mit einer anderen Kultur und Sprache für ein großes Erbe verantworten, wie z. B. die Türkei für das Kulturerbe der antiken griechischen Niederlassungen. Es ist oft ein langwieriger Weg, bis alle Beteiligten akzeptieren, dass es ein gemeinsames Erbe sein kann. So sei die Kirchenburgenlandschaft in Siebenbürgen nicht nur ein Kulturerbe der Siebenbürger Sachsen und der nunmehr mehrheitlichen rumänisch-orthodoxen Bevölkerung, sondern vereinzelte Kirchenburgen gehören auch offiziell zum Weltkulturerbe.

Anschließend berichtete die Leiterin des Brukenthal-Gymnasiums, Monika Hay, schwerpunktartig von den Bemühungen der Schule, ihre Schüler durch zahlreiche außercurriculare Veranstaltungen, oft zusammen mit in- und ausländischen Partnern, zu mündigen Bürgern zu erziehen, ihnen politisches Denken beizubringen und angesichts des Namenspatrons der Schule auch ein Gefühl der Verantwortung für das kulturelle Erbe zu vermitteln. Allerdings wirke sich der Mangel an qualifizierten deutschsprachigen Lehrkräften hindernd auf die Zielsetzungen der Schulleitung aus.

Stadtpfarrer Kilian Dörr, seit 1999 Vorsitzender der Brukenthal-Stiftung, referierte zu der Weiterführung des Erbes des Barons Samuel von Brukenthal durch die evangelische Kirchengemeinde Hermannstadt. Die Hauptaufgabe der Stiftung ist die Nutzbarmachung im Sinne Brukenthals der rückerstatteten Sommerresidenz in Freck, die aus finanziellen Gründen nur mühsam und in kleinen Schritten, aber dennoch sichtbar vorankommt.

Neuen Wind in die Gespräche brachte der Vortrag des Fägendorfer (Micăsasa) Bürgermeisters Timotei Păcurar. Der unmittelbar nach der politischen Wende geborene junge Bürgermeister kannte das dortige ehemalige Gutshaus Brukenthals bloß als Schule, die er einige Jahre lang besuchte, bis 2001 eine neue gebaut wurde und das Gebäude des Gutshauses zunehmend verfiel und geplündert wurde. 2018 gründete er zusammen mit einem ehemaligen Schulfreund eine regierungsunabhängige Organisation, um die „alte Schule“ zu retten. Inzwischen kennt er die Geschichte des Kastells und hat es geschafft, die Dorfgemeinschaft für das Projekt zu gewinnen. In einem ersten Schritt wurde das Dach neu gedeckt, um die Bausubstanz zu sichern. Er möchte das ehemalige Gutshaus praktischen Zwecken zum Nutzen der Dorfbevölkerung zuführen und bemüht sich, die Geschichte des Ortes und inklusive des Brukenthalschen Kastells schon den Kindern in einem Schulwahlfach bekannt zu machen.

In der dritten Einheit zum Thema „Das Brukenthalmuseum in Geschichte und Gegenwart“ übernahm Alexandru Sonoc die Moderation, da ausschließlich Angestellte des Brukenthalmuseums über ihre Arbeitsbereiche referierten.

Den Einstieg machte Iulia Mesea mit einem von den jeweils passenden Bildern begleiteten Vortrag über die Sammlung nationaler Kunst, wobei auch der Weg vom ursprünglichen Konzept zum heutigen Museum aufgezeigt wurde. Heute befindet sich die Sammlung, die sich seit Brukenthals Zeiten durch gezielte Schenkungen von Privatpersonen oder den Künstlern selber, Übernahme des Bestands des 1948 von den damaligen Machthabern aufgelösten ASTRA-Vereins und gezielte Ankäufe erheblich vergrößert hat, im so genannten Blauen Stadthaus neben dem Brukenthalpalais auf dem Großen Ring von Hermannstadt.

Es folgte Raluca Teodorescu, die auch im Namen ihrer Kollegin Raluca Frâncu die etwa 220.000 Stücke umfassenden Sammlungen des Historischen Museums im Altembergerhaus vorstellte. Vor allem durch die archäologischen Ausgrabungen, die anlässlich des Ausbaus der A1-Autobahn vorgenommen wurden, hat sich die Sammlung ziemlich vergrößert. Vieles muss noch aufgearbeitet werden.

Valentin Trifescu sprach über „Zeitgenössische Kunst – seit der Zeit Samuel von Brukenthals bis heute“.

Danach stellte Alexandru Sonoc die „Sammlung Europäischer Malerei des Brukenthalmuseums seit der Zeit von Samuel von Brukenthal bis heute“ vor. Er wies darauf hin, dass eigentlich noch das Konzept „europäische Malerei“ geklärt werden müsse, da die nationale Malerei aus dem Blauen Stadthaus ja auch europäische Malerei sei und die Zuordnung zu der einen oder anderen Sammlung oft willkürlich und schwer nachvollziehbar geschehen sei. Sehr minutiös, jedoch anschaulich und lebendig beschrieb er den Werdegang der Sammlung, sprach faktenreich über Ankäufe, Diebstähle, Rückerstattungen, forcierte Ausleihen für Bukarester Museen und beklagte die fehlenden Räumlichkeiten für eine sachgerechte Lagerung, Restaurierung und Erforschung der Bilder.

Abschließend referierten Ghizela Vonica und Anamaria Păpurean über den Werdegang des Naturwissenschaftlichen Museums, dessen Sammlungen, ursprünglich vor allem an Mineralien, erst im Haus des Vorsitzenden des 1848 gegründeten Siebenbürgischen Vereins für Naturwissenschaften lagerten, dann sogar zeitweilig in der Aula der Brukenthalschule, um dann 1895 in das eigens dafür konzipierte Gebäude zu ziehen, wo es sich heute noch befindet.

Es war ein dicht gedrängtes Programm mit manchen Überschneidungen, was unvermeidbar ist, wenn es im Großen um dasselbe Thema geht, nämlich Brukenthal und sein Erbe. Da jedoch jeder Vortrag eine andere Perspektive aufzeigte und neue Details hervorhob, konnten die Teilnehmenden bis zum dreizehnten und letzten Vortrag ungeteiltes Interesse aufbringen, was sich daran zeigte, dass trotz einer erheblichen Überschreitung des vorgesehenen Zeitpunktes für den Abschluss ungebrochen noch fast eine Stunde weiterdiskutiert wurde. Ein Zeichen dafür, dass auch jenseits dieses Jubiläums noch Informations- und Gesprächsbedarf besteht.

Sunhild GALTER

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Bildung, Gesellschaft, Persönlichkeiten.