Streiflichter vom 52. Hermannstädter Internationalen Jazzfestival
Ausgabe Nr. 2735
Sinnlich, herzhaft, hart, lautmalerisch, so könnte man die Konzerte an den drei Tagen des diesjährigen Hermannstädter Internationalen Festivals kurz zusammenfassen. Alle standen im Zeichen der Liebe. Vor dem ersten Konzert, das Teodor Pop an zwei Keyboards am Freitag in der evangelischen Stadtpfarrkirche bot, hatte die Festivalsleiterin Simona Maxim von der Stiftung Sibiu Jazz die Anwesenden auf ihre herzliche Art begrüßt und aus der Bibel das Hohelied der Liebe (1. Korinther 13,4-6) vorgelesen. Darin heißt es u. a.: „Die Liebe ist langmütig und freundlich, die Liebe eifert nicht, die Liebe treibt nicht Mutwillen, sie bläht sich nicht auf…“
Wen dürfte es dann wundern, wenn Liebe und Sinnlichkeit wie ein roter Faden die drei Festivalsabende durchzogen hat… Das Abschlusskonzert der aus der Republik Moldova stammenden Sängerin Geta Burlacu, unter dem Motto ,,Dor de dor“ (was soviel bedeutet wie: Sehnsucht nach Sehnsucht) rundete die Veranstaltung ab. Das Schlusskonzert war zugleich auch der absolute Höhepunkt und erwärmte Herz und Sinne. Geta Burlacu hatte 2008 die Republik Moldova beim Eurovision-Wettbewerb mit dem Lied ,,A Century of Love“ vertreten. Zumindest einem Jahrhundert Liebe und der unvergleichlichen Maria Tănase gewidmet war der Auftritt der Sängerin, die von Dorel Burlacu (Mundharmonika, Keyboard), Nicolai Andrus (Keyboard), Alexandru Zavalii (Schlagzeug) und Ion Vîrlan (Bassgitarre und Kontrabass) virtuos und mit viel Fingerspitzen- und Taktgefühl begleitet wurde.
Zum Schluss gab es Stehapplaus und die begeisterte Festivalsleiterin ließ alle Volontäre antreten, die bei der Organisation mitgeholfen haben, um dem Publikum zu zeigen, wer ,,hinter“ dieser Auflage steht. Nicht zuletzt dankte sie der Direktorin des Studentenkulturhauses, Liliana Popescu, für die auch in diesem Jahr wertvolle und unermüdliche Unterstützung. Auf Popescu kommt noch die Organisation der Sibiu Jazz Competition zu, des Wettbewerbs der Nachwuchsjazzmusiker. Die Gewinner des Vorjahres, Irina Gorga & Eu To Jazzperience, traten übrigens am ersten Abend nach dem auf Jazzrock spezialisierten Peter Sarosi-Quartett (Ungarn) auf. Harte Rhythmen ließen auch die Italiener ertönen: Niccolò Faraci (E-Bassgitarre), Lorenzo Blardone (Synthesizer), Alberto Mancini (E-Piano) und Andrea Bruzzone (Schlagzeug) haben sich dem ,,Elektro-Jazz“ verschrieben und setzen auf Lautmalerei.
Tags darauf bot Alexandru Anastasiu ein Solo-Konzert in der evangelischen Stadtpfarrkirche auf einem mit vier Oktaven ausgestateten Vibraphon. Um ihn scharten sich am letzten Abend der Akkordeonspieler Fernando Mihalache und der Kontrabassist Cezar Knihinski. Unter dem Namen ,,Accord Vibes“ präsentierten sie das Projekt ,,Astor Piazolla, Just Tango“, eine sinnlich-melancholisch aufgezogene Hommage an Astor Piazolla, die allerdings mit Jazz kaum in Berührung kam. Dafür aber berührte sie ein Paar, das zunächst außerhalb des eingezäunten Bereichs und dann direkt vor der Bühne selbstvergessen und gekonnt Tango tanzte.
Beatrice UNGAR