Ausgabe Nr. 2734
,,Hipodrom“ heißt der neue Roman von Nora Iuga
,,Hipodrom“, ein Buch von Nora Iuga, in rumänischer Sprache verfasst, beinhaltet das Leben des damaligen Kindes in der Zwischenkriegszeit, sowie Erlebnisse als Deutschlehrerin an Hermannstädter Schulen mit deutscher Unterrichtssprache in der Zeit der kommunistischen Diktatur.
Hermannstadt wird in diesem fabelhafte Oeuvre von der neunzigjährigen Grande Dame der rumänischen Literatur in den Himmel gehoben, man kann ruhig sagen vergöttert. Hier würde und möchte die bekannte und beliebte Schriftstellerin auch gerne sterben. Es ist eine Liebe zu Hermannstadt, der sie total verfallen ist.
Der autobiografische Roman fasziniert den Leser von der ersten bis zur letzten Seite durch den hervorragenden Schreibstil von Nora Iuga, der den Leser, der mit der Autorin mitlebt und mitfühlt, in tiefer Ergriffenheit hält. In ihrem geliebten Hermannstadt verbrachte Nora Iuga in der Zwischenkriegszeit eine glückliche und unvergessene Kindheit mit vielen Freunden und Freundinnen unterschiedlicher Herkunft.
Nach ihrem Studienabschluss war sie dann mehrere Jahre Deutschlehrerin im Ursulinenkloster und im Theresianum-Viertel. Zu ihren Schülern war sie sehr liebevoll, aufgeschlossen und behandelte sie auf Augenhöhe. Sie ging mit diesen sogar Kompromisse ein, die für beide Lager vorteilhaft waren.
Wie ein roter Faden durchzieht den Roman ,,das weiße Pferd Jonas aus der Vitrine von Herrn Schuster“. Dieses Pferd ist auch in den Gedanken und Träumen der Autorin allgegenwärtig.
Der Roman erschien 2020 im Polirom-Verlag und enthält von der Autorin eingebaute deutsche Begriffe, wie damals in Hermannstadt gesprochen wurde. Hier nur einige Kosproben: Apfelschorle, Andacht, Völkerball, Altenheim, Hockerl, Schönschreiben, Kapellmeister, Hendlsuppe (Hühnersuppe), Masern, Volksbad, Wegwarte und Männertreue als Blumen, Brötchen mit Hetschen-Petsch (Hagebuttenmarmelade). Auch der Heimatort des Rezensenten, Neppendorf, wird im Roman öfter erwähnt. Ganze Konversationen sind in deutscher Sprache verfasst.
Nicht selten wiederholt sich die Autorin bei der Schilderung von Ereignissen, über die sie bereits vorher berichtet hat. Dazu folgt dann ihr Zusatz: ,,Ich glaube, das bereits vorher gesagt zu haben.“ Der Lektüre tut dies aber keinesfalls Abbruch. Ganz im Gegenteil.
Allen Leserinnen und Leser von guten Büchern, die der deutschen Sprache einigermaßen mächtig sind, ist dieser autobiografische Roman herzlichst zu empfehlen.
Helmut LEONBACHER