Töpfern, Schlemmen, Fachsimpeln

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Streiflichter von der 9. Auflage des Töpfertriathlons „Schön. Keramisch. Nützlich.”

Ausgabe Nr. 2732

Im Freilichtmuseum wurde am Sonntag nach dem Gottesdienst das Haus samt Haushalt aus Spermezeu, Bistritz/Bistrița Năsăud eingeweiht und für das Publikum eröffnet. Das neue Haus, das aus der Zwischenkriegszeit stammt, befindet sich in der Nähe der Kirche aus Bezded und ist sehenswert, denn es ist Bischofshaus, gestiftet von Macarie, dem rumänisch-orthodoxen Bischof von Nordeuropa (in Hintergrund). Das Haus wurde von Bischof Macarie nach der Messe auch eingeweiht, zusammen mit einem Priester- und Diakonrat. Danach wurden Ernte-Traditionen – Tänze und Lieder – von einem Ensemble gezeigt, gefolgt von einer Verkostung einiger Gerichte aus Spermezeu. Das traditionelle Haus von Spermezeu gehörte den Vorfahren des Bischofs Macarie und ist ein ethnographisches Denkmal, das für die Architektur des Țibleș-Tals repräsentativ ist und durch seine ethnologische und volkstümliche Architektur die Kultur und Zivilisation von Bistritz zeigt.                                                 Foto: Mugur FRǍȚILǍ

Auf dem Dorfmarkt im Freilichtmuseum wurde vom 21. bis 25. Juli d. J. die 9. Auflage des Töpfertriathlons „Schön. Keramisch. Nützlich.” organisiert, der diesmal dem Töpferzentrum Zillenmarkt/Zalău gewidmet wurde.

26 Töpferinnen und Töpfer aus Rumänien, Ungarn und der Republik Moldova traten gegeneinander an, sowohl an der Töpferscheibe, als auch bei einem Kochwettbewerb, wo sie an offenen Feuerstellen in Tongefäßen traditionelle Gerichte kochen mussten. Sonntag Vormittag wurden die Gewinner für beide Kategorien preisgekrönt. Von Donnerstag bis Sonntag gab es Verkaufsstände der Keramiker auf dem Dorfmarkt, was die Hermannstädter und Touristen sehr erfreute.

Stellvertretende Musemsdirektorin Mirela Creţu (2. v. l.) und Karla Roşca (3. v. l.) gratulierten zwei Mal – für Keramik und Kochen – dem Ehepaar aus Chişinău, Victoria und Vitalie Parlui.     Foto: Ruxandra STĂNESCU

Eröffnet wurde die Messe am Mittwoch, einige Einführungsworte und auch Glückwünsche kamen vom Direktor des Astra-Museums, Ciprian Anghel Ştefan, dem Deutschen Konsul in Hermannstadt, Hans E. Tischler, dem Österreichischen Honorarkonsul in Hermannstadt, Andreas Huber und dem Vorsitzenden des Hermannstädter Ungarischen Kulturvereins HID, Levente Serfözö.

Anschließend hieß Dr. Karla Roșca die Teilnehmenden herzlich willkommen – die Museografin ist diejenige, die diesen Markt ins Leben gerufen hat und die auch dieses Jahr das Organisationsteam geleitet hat. Auch heuer war es nicht leicht,  die Töpferinnen und Töpfer aus Rumänien, Ungarn und der Republik Moldova zusammenzutrommeln, denn die Anzahl besonders der traditionellen Volkskünstler sinkt von Jahr zu Jahr. Doch auch diese Auflage des Marktes war ein Erfolg, sowohl für die Keramiker, die sich jedes Mal über ein Wiedersehen im Hermannstädter Freilichtmuseum freuen, als auch für Hermannstädter und Besucher, die von Jahr zu Jahr mehr Interesse für dieses Event zeigen. Knapp 8.500 Besucher kamen am Wochenende ins Museum, fast 2.000 mehr als im Vorjahr, das allerdings auch von der Covid19-Pandemie betroffen war.

Im Topf: 40 Portionen Krineläwend (Krensuppe).  Foto: Mugur FRĂȚILĂ

Der erste Tag der Messe war dann eher den Keramikern gewidmet, interessant war es allerdings für alle, die mehr über die Keramik und ihre Geschichte wissen möchten. Gewidmet waren alle elf Vorträge – wie die Messe auch – der Keramik aus Zillenmarkt.

Interessant waren die Vorträge nicht nur aus keramischer Sicht, sondern auch aus der geschichtlichen, denn es wurden z. B. auch einige Zünfte aus Zillenmarkt vorgestellt, denen die Töpfern angehörten.

Die Keramik aus Zillenmarkt ist allerdings nicht nur da anzutreffen, denn sie war in der ganzen Gegend – bis in die Umgebung von Klausenburg – gesucht und beliebt. Und weil die Gegend besonders eine Weinbaugegend war, sind insbesondere Weinkrüge aus den vergangenen Jahrhunderten erhalten geblieben.

Einen solchen Weinkrug (rumänisch: „canceu” ), aber auch Milchtöpfe und Schüsseln mussten die Töpfer für einen Wettbewerb nachmachen. Recht streng wurden die Maße eingehalten, aber auch die Formen und die Farben – in Zillenmarkt wurde traditionell mit hellbraun, dunkelbraun, grün und ab dem 18. Jahrhundert dunkelblau gemalt. Dunkelblau war übrigens auch in der Malerei eine teure Farbe und erst ab Anfang des 18. Jahrhunderts wurden die ersten stabilen synthetischen Blautöne hergestellt.

Im Keramikzentrum Horezu ist es üblich, dass die Männer am Drehrad sitzen und auch das Brennen übernehmen, während sich die Frauen um die Glasuren und Malereien kümmern.        Foto: Ruxandra STĂNESCU

Die von den Töpfern hergestellten Objekte – mindestens zwei pro Keramiker – konnten dann bis Sonntag Vormittag begutachtet und verglichen werden. Das war allerdings nur einer von zwei Keramiktests, denn die Konkurrenten mussten vor einer Jury auch vorort ihre Fertigkeiten beweisen: jeder musste an dem Töpferrad ein Objekt seiner Wahl herstellen.

Der erste Preis für die Keramik ging nach Ungarn, an Forró István und Ágoston Mária, aus Hódmezővásárhely. Der zweite und der dritte Preis gingen nicht nur beide nach Sathmar, sondern sogar an die gleiche  Familie, wobei Sályi Annamaria es schaffte, ein klein bisschen besser als ihr Ehemann Sályi Erik Robert zu sein, was ihr keinen Ärger, sondern ein Küsschen einbrachte. Die beiden Trostpreise erhielten der Verein Tonal aus Hermannstadt und Victoria und Vitalie Parlui aus Chișinău/Republik Moldova.

Von Donnerstag bis Sonntag wurden auf dem Dorfmarkt auch die Verkaufsstände aufgestellt. Die ersten Käufer waren Hermannstädter, die nicht bis zum Töpfermarkt im September warten wollten und die einerseits wissen, dass auf diesem Markt auch seltenere traditionelle Künstler anzutreffen sind und andrerseits, dass der frühe Vogel den Wurm fängt: Weil die meisten Künstler nur Einzelstücke oder kleine Serien anfertigen, findet man die schönsten Sachen in den ersten Stunden der Märkte. Am Wochenende kamen dann auch viele Touristen hinzu, die begeistert das Freilichtmuseum besuchten und sich sehr freuten, dass sie originelle Souvenirs mitnehmen konnten, anstatt der sehr verbreiteten Kühlschrankmagneten.

Mit Krauthobel und Geige musizierend gingen die Mitglieder der Band „Nightlosers”(Nachtverlierer) durch das Publikum. Foto: Mugur FRĂȚILĂ

Während die Besucher die schönsten Stücke aussuchten oder einfach die Ware bewunderten, waren die Keramiker bemüht, das beste Gericht ihres Lebens zu kochen. Denn dabei mussten sie beweisen, dass die Keramikobjekte nicht nur „schön”, sondern auch „nützlich” sind. Hier gab es seitens der Organisatoren eine einzige Auflage: Die Gerichte mussten in Tontöpfen auf offenem Feuer zubereitet werden. Das ist gar nicht einfach, denn da müssen nicht nur eigens dafür hergestellte Töpfe benützt werden, sondern man muss diese auch kennen und das Feuer entsprechend kontrollieren. Der erste Preis ging an Dánél Magdalena und Sándor aus Miercurea Ciuc, die die Jury mit einer Kalbsfleisch-Tokana mit Rotwein überzeugen konnten. Csibi Csaba, ebenfalls aus Miercurea Ciuc, erhielt für seine Reh-Tokana den 2. Preis. Für ihre Wachtelsuppe bekamen Victoria und Vitalie Parlui den 3. Preis.

Die großen Gewinner des Kochwettbewerbs waren allerdings die Keramiker, denn das war ihr Mittagessen. So konnten sie sich nicht nur sattessen, sondern auch mehrere Gerichte am Tag kosten.

Die Besucher waren dabei eher traurig, dass sie die wohlriechenden Gerichte nur fotografieren und nicht probieren durften, sie konnten am Samstag und am Sonntag getröstet werden, denn da wurde eigens für sie gekocht: Es gab ungarische  Kalbstokana und Gulaschsuppe, gegen eine Spende von 20 Lei.

Während die Erwachsenen den Markt besuchten, konnten die Kinder an den interaktiven Workshops teilnehmen. Die meisten freuten sich, an der Töpferscheibe sitzen zu können, so dass die Töpfer, die hier mitmachten, keine Verschnaufspause hatten. Interessant für sie und ihre Eltern waren auch die traditionellen Dekorationstechniken, z. B. werden in Horezu die bunten Engoben mit Hilfe eines Kuhhorns mit einer Gansfeder am Ende auf die sich drehenden Teller gegossen.

Am Samstag Abend gab es auch ein sehr schönes Konzert, mit der Klausenburger Band Nightlosers, die Ethno-Folk-Rock-Musik in einer alten Mühle spielten – auch für sie ein Novum. Die Mitglieder der Band gingen auch durch das Publikum, das gemütlich auf der Wiese auf großen Kissen saß, dabei konnte ein originelles Instrument der Band besichtigt werden: eine siebenbürgisch-sächsische Krauthobel.

Für Organisatoren, Teilnehmer und Besucher war die Keramik-Messe ein Erfolg, und viele freuen sich bereits auf die nächste Auflage, die der Gebrauchskeramik aus der jeweiligen Herkunftsregion der Teilnehmenden gewidmet sein wird.

Ruxandra STĂNESCU

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Kunst, Tradition.