Deutsch lernen – eine Herausforderung?

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Ausgabe Nr. 2728

Essaywettbewerb des DKH

Sonia Maria Chwoika.

 

Vieles im Leben wird für den einen oder anderen einmal zu einer Herausforderung, sei es nun ein neuer Arbeitsplatz, eine Reise, eine banale alltägliche Tätigkeit oder warum nicht auch das Erlernen einer neuen Sprache.

Ist es tatsächlich eine große Herausforderung eine neue Sprache zu erlernen? Mit Sicherheit für den einen oder anderen Erwachsenen, was man aber von Kindern und Jugendlichen weniger behaupten kann. Bei diesen ist das Erlernen einer Sprache oft viel leichter und zugänglicher, denn oft machen sie das spielerisch und unbewusst und „wachsen“ mit dieser auf.

Selbst für einen Lehrer ist eine Sprache eine Herausforderung, aber aus einem anderen Blickwinkel. Aus welchem? Ganz einfach! Sehr oft stellen wir uns als Fremd- oder Muttersprachenlehrer die Fragen: „Wie kann ich das jetzt dem Kind/den Kindern bei- oder näherbringen?“ „Verstehen sie das/mich?“ Und spätestens dann wird unser Beruf zu einer Herausforderung, die von uns sehr viel Verständnis, Geduld, Einfühlvermögen und Können erfordert. Nur so haben wir als Lehrkräfte  die Möglichkeit Kindern und Jugendlichen eine Fremdsprache beizubringen. Spätestens jetzt müssen wir auf viele innovative Methoden und Tricks zurückgreifen, damit wir die Sprache die wir lehren auch interessant und anziehend für die Schüler machen können.

Alles beginnt aber schon bei den Eltern, denn diese müssen als erste verstehen, dass das Erlernen einer fremden Sprache am besten schon ganz früh beginnen muss. Sie sind diejenigen die als erstes überzeugt werden müssen, dass es sich lohnt ihre Kinder im Erlernen einer Fremdsprache zu bestärken und zu unterstützen.

Ich unterrichte Deutsch als Muttersprache in einer Kleinstadt im Westen Rumäniens. Hier in meiner Heimatstadt habe ich auch die deutsche Abteilung derselben Schule, an der ich heute unterrichte, abgeschlossen und kenne im Prinzip auch beide Seiten, die des Schülers, der eine Fremdsprache als Muttersprache erlernt, aber auch die des Lehrers, der jetzt vor der Herausforderung steht, selber diese Sprache Kindern und Jugendlichen beizubringen und sie auch dazuzubringen diese zu lieben. Als Angehörige der deutschen Minderheit aus Rumänien haben sich meine Eltern nie die Frage gestellt, warum soll das Kind seine Muttersprache nicht auf hohem Niveau lernen, es war für sie eine Selbstverständlichkeit. Heute aber ist es das leider nicht mehr, denn es gibt immer weniger Angehörige der deutschen Minderheit die Kinder im Schulalter haben. Die Mehrheit der Schüler an deutschen Abteilungen sind Angehörige der Mehrheitsbevölkerung und erlernen diese Sprache, die für sie ja eine Fremdsprache ist, auf einem ganz hohen Niveau. Manche schaffen das auch ganz gut, für andere hingegen, bleibt es eine durchgehende Herausforderung.

Schon ganz zu Beginn meines Lehrerdaseins habe ich mich ganz bewusst mit den Fragen, wie ich dieses, für so viele, schwere Deutsche anderen beibringen soll. Und heute kann ich getrost sagen, es funktioniert und es macht auch sehr viel Spaß. Bei jeder möglichen Gelegenheit versuche ich Eltern bewusst zu machen, wie wichtig die deutsche Sprache in den heutigen Tagen ist und wie viele Chancen diese ihren Kindern bieten kann, sei es nun in Bezug auf ihre persönliche Entwicklung oder sei es auf dem Arbeitsmarkt. Nur in einer regen Zusammenarbeit mit Eltern und Familie haben wir als Lehrer überhaupt die Chance, den Kindern und Jugendlichen zu zeigen, wie schön die deutsche Sprache und Kultur sein kann.

Ich baue in meinen Unterricht die verschiedensten modernen und klassichen Unterrichstmethoden ein, durch die ich lediglich versuche die Schüler zu aktivieren sich einzusetzen und sich zu wünschen, sich selber zu übertreffen. Durch Gruppenarbeit, Rollenspiele, Partnerarbeit, Projektarbeit zu landeskundlichen Themen, Alltagsthemen oder auch literarischen Themen, durch Schüleraustausche und der Teilnahme an den verschiedensten  Workshops oder Veranstaltungen in deutscher Sprache, die sowohl die Sprache als auch die Traditionen und Bräuche des deutschen Sprachraums fördern, versuche ich meine Schüler zu motivieren und auf die deutsche Sprache aufmerksam zu machen. Schüler lieben es, wenn man es ihnen ermöglicht kreativ zu sein, ihre Meinungen preiszugeben, sich mit anderen Gleichaltrigen auszutauschen und sich ganz einfach wohlzufühlen, wenn sie etwas lernen wollen. Das versuche ich durch meinen Unterricht auch zu erreichen und kann auch behaupten, es zum größten Teil zu schaffen. Nebenbei funktioniert das Erlernen der deutschen Sprache und Kultur dann viel einfacher und sie machen es auch gerne. Wenn ich in der fünften Klasse nach dem Lesen meines Lieblingsbuches in deutscher Sprache, dieses auch in Form einer Leserolle der ganzen Klasse vorstellen kann, bin ich als Schüler sehr begeistert darüber. Man sieht in den Augen der meisten Schüler dann auch eine Begeisterung und gleichzeitig eine Ernsthaftigkeit, die ihnen aber den Mut verleiht ihre Angst wegzustecken und das Beste zu geben.

Lasst die Kinder experimentieren und eine für die meisten fremde Sprache auf ihre Art und Weise entdecken. Nur so wird das Erlernen dieser Sprache ein Abenteuer, das das Kind auch prägt und das dann tatsächlich auch eine Zukunft haben kann.

Lehrt und lernt Deutsch, eine Sprache der Zukunft, die man einfach lieben muss und nicht als Herausforderung betrachten soll!


Essaywettbewerb des DKH

An dem von dem Deutschen Kulturzentrum Hermannstadt (DKH) in diesem Jahr erstmals ausgeschriebenen Essay-Wettbewerb zum Thema Förderung der deutschen Sprache und Kultur beteiligten sich 28 ErzieherInnen und Deutschlehrende aus ganz Rumänien. Der 1. Preis ging an Juliane Henning, zur Zeit Lehrerin an der Gustav Gündisch-Schule in Heltau (4. Klasse), der 2. Preis an Sonia Maria Chwoika, Deutschlehrerin am Diaconovici Tietz-Lyzeum in Reschitza, der 3. Preis an die freiberuflich tätige Deutschlehrerin Irina Milea (Hermannstadt).

In dieser Ausgabe lesen Sie den Beitrag der Zweitplatzierten.

 

 

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Bildung.