Ausgabe Nr. 2729
Aus Anlass des 200. Geburtstages des Barons Samuel von Brukenthal sollte laut einer Meldung im Siebenbürgisch-Deutschen Tageblatt (Nr. 14507/3. September 1921) am 10. und 11. September 1921 die Brukenthalfeier in Hermannstadt stattfinden, in deren Rahmen u. a. die ,,Namensweihe des evangelischen Gymnasiums als ,Brukenthalgymnasium‘ geplant war. Die Feier musste dann wegen einer Schulsperre verschoben werden und fand schließlich am 29. und 30. Oktober 1921 statt. Im Siebenbürgisch-Deutschen Tageblatt wurde darüber nicht berichtet, weil diese Zeitung infolge eines Druckerstreiks zuletzt am 25. September und dann wieder am 4. November erschienen ist. Einen ausführlichen Bericht über die Brukenthalfeier veröffentlichte die ,,Ev. Wochenschrift für die Glaubensgenossen aller Stände“, Kirchliche Blätter, in ihrer Ausgabe Nr. 41 vom 5. November 1921.
In würdiger und erhebender Weise hat Hermannstadt am Sonnabend und Sonntag das Andenken Samuel von Brukenthals gefeiert. Die überaus herzliche und rege Anteilnahme der gesamten deutsch-sächsischen Bevölkerung von Hermannstadt ist ein erhebender Beweis dafür, daß das Andenken des großen Toten noch lebendig ist in unserm Volke und daß unsere Herzen so hoch wie jemals schlagen für die Güter, die Brukenthal selbst als das Höchste galten: für Volkstum und Glauben. Das übrige Sachsenland hat schon vor mehr als Monatsfrist das Andenken Brukenthals gefeiert. Und durch unsere ganze Heimat ist mit dieser Gedächtnisfeier ein Strom neuer geistiger Belebung gegangen. Was die übrigen Städte und Dörfer damals erlebten, hat nunmehr Hermannstadt empfunden, daß es sich erhob und aufrichtete an dem Beispiele des Gefeierten, um sich aufzurichten zur Wahrung und Behauptung unserer größten Güter: Volkstum, Glauben und unsere deutsch-evangelische Schule.
Die Feier wurde eingeleitet am Sonnabend den 22. v. M. mit der Schmückung des Grabes Brukenthals auf dem alten Friedhof durch Vertreterinnen der Frauenvereine und Schülerinnen der Mädchenschule. Die übrigen Feiern des Sonnabends waren der Jugend der Schulanstalten gewidmet. Um 10 Uhr vormittag versammelten sich in der ev. Kirche die Schüler und Schülerinnen der Knaben- und Mädchenschule und in die jungen Herzen senkte sich eindrucksvoll die tiefempfundene Gedenkrede Professor W. F. Reissenbergers.
Um 11 Uhr folgte die Feier des Gymnasiums und der Realschule, bei der im Beisein des Landeskonsistoriums und des Hermannstädter Presbyteriums und unter Ansprachen von Gymnasialdirektor Albrich, Stadtpfarrer D. Schullerus, Kirchenkurator Dr. Czekelius die Namensweihe des Gymnasiums und der Realschule als Brukenthalschule vollzogen wurde.
Bischof D. Teutsch nahm sie im Namen des Landeskonsistoriusms zur Kenntnis und schloß mit den Worten:
,,Mögen die Schulen hinfort ein Geschlecht erziehen, das, wie der Träger des Namens, verwachsen mit der Vergangenheit des eigenen Volkes, fest auf dem Boden des ev. Glaubens stehend, stets bereit ist, für diesen zu arbeiten, zu streiten und Opfer zu bringen, das treu seinem Volk kein höheres Ziel kennt als es innerlich stark zu machen, im Kampf der Gegenwart sein Recht und Dasein zu verteidigen und sein Daseinsrecht durch Taten zu erweisen, das erfüllt von edlem Bildungsstreben das geistige Leben hier befruchten läßt von dem großen Geistesstrom der Menschheit und was an höheren Gaben ihm in die Seele gelegt ist, zur möglichsten Vollendung bringt, auf daß es mithelfe, die Zukunft der Menschen auf eine höhere Stufe zu heben – damit das Gute wirke, wachse, fromme, damit der Tag dem Edeln endlich komme.
Das walte Gott! Amen.“
Am Nachmittag vollzog die gesamte Schuljugend die Pflanzung der Brukenthallinde auf dem Platze zwischen Kirche und Gymnasium, wobei Gymnasialdirektor Albrich und die Vertreter aller Schulanstalstalten dem Vermächtnisse Brukenthals Treue gelobten.
Am Abend erstrahlte das Brukenthalische Palais im Glanze festlicher Illumination, deren Lichter vom Seifenfabrikanten Gustav Melzer gespendet waren.
Um 8 Uhr fand in dem bis zum letzten Platz gefüllten Stadttheater die Festvorstellung statt. Sie wurde eingeleitet durch einen von Käthe Fritsch gesprochenen gedankentiefen und schwungvollen Prolog. Es folgten Vorträge der Männergesangvereine Hermania, Arbeiterbildungsverein und Männergesangverein, hierauf lebende Bilder aus dem Leben Brukenthals: Brukenthal als Knabe, als Schreiber der Reispergasse- und Großer Ring-Nachbarschaft, Brukenthal bei Maria Theresia, seine Installation als Gubernator von Siebenbürgen, große Gesellschaft bei Brukenthal und Brukenthal im Ruhestande. Die Bilder waren von Hoffotograph Emil Fischer außerordentlich schön gestellt, der verbindende Text wurde von Käthe Fritsch gesprochen.
Am Sonntag fand um 10 Uhr vormittags der Festgottesdienst statt, bei dem der Stadtpfarrer D. Schullerus die gewaltige Festpredigt hielt, die die beiden großen Gedanken, des Reformationsfestes und des Gedächtnisses an Brukenthal, zu einem eindrucksvollen Ganzen verband. Es folgte die Verpflichtung sechs neuer Krankenschwestern und die ehrende Verleihung von Ehrenzeichen für Schwestern, die seit 10 und seit 25 Jahren im Dienste unserer evang. Krankenpflege stehen.
Um 4 Uhr fand die Gedächtnisfeier in der Kirche statt. Von der Mädchenschule aus bewegte sich der durch Träger und Trägerinnen sächsischer Bürgertracht besonders malerisch wirkende Festzug der Nachbarschaften in die evang. Kirche.
Dort sprach in einstündigem gedankenreichen Vortrag Bischof D. Teutsch über Bruken-
thals Beziehungen zu Hermannstadt.
Es folgte die Überreichung der durch die Nachbarschaften gesammelten Spenden für die Brukenthalstiftung, die durch die Nachbarhannen und durch das Dankwort von Stadtpfarrer D. Schullerus besonders eindrucksvoll gestaltet wurde. Einleitung und Abschluß der erhebenden Feier bildete der Liedgesang ,,Deutscher Volksruf“ und altniederländisches ,,Dankgebet“ durch den machtvollen vereinigten Chor des Männergesangvereins und der Hermania.
Die Nachbarschaftssammlungen für die Brukenthalstiftung haben ein außerordentlich erfreuliches Ergebnis gezeitigt. Im Wege dieser Sammlungen allein ist der namhafte Betrag von 57.910 Lei für die Stiftung eingegangen. Ein Beweis, daß die Bürgerschaft von Hermannstadt das Vermächtnis Brukenthals hochhält und seine Wege zu wandeln gewillt ist.