,,Ich will raus aus Balkonien“

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Die digitale Ferienmesse Wien 2021 Sommer Edition

Ausgabe Nr. 2722

Erinnern Sie sich noch, liebe Leserinnen und Leser, dass ich Mitte Jänner des Jahres bei meinem letzten digitalen Kurztrip in die weite Ferne den Bericht leicht euphorisch folgendermaßen geschlossen habe: ,,Und, nicht zuletzt hoffen wir alle, dass die Ferienmesse Wien 2021 tatsächlich und wie gewohnt in den Messehallen diesmal von 7.- 9. Mai 2021 stattfinden wird. Es ist alles geplant, jeder steht in den Startlöchern – ich drücke uns ganz fest die Daumen und freue mich schon jetzt darauf!“

Naja, in Wien würde man jetzt etwas grantig kommentieren: Die Corona ist uns abermals dazwischengekommen! Also nichts ist’s mit dem durch die Wiener-Messehallen-Schlendern, die wunderbar dekorierten Stände zu bewundern, manch kurzweiligen Plausch mit den Ausstellern zu halten und nicht zuletzt auch die Luft der weiten Welt zu schnuppern. Und, wie jedes Jahr schlussendlich die liebgewonnen Freunde beim Ausstellungsstand von Rumänien zu treffen und verwöhnt mit Espresso und einem siebenbürgischen Leckerbissen die Highlights der aktuellen Reisesaison präsentiert zu bekommen.

Der 7. Mai 2021 nahte mit Riesenschritten und die Veranstalter der Wiener Ferienmesse  mussten aufgrund der auch in Österreich stark grassierenden Covid 19-Pandemie rasch zur Kenntnis nehmen, dass ein tatsächliches Aufsperren der Messehallen Wien nichts anderes ist als reines Wunschdenken. Doch, im Zusammenschluss mit den Ausstellern, Reiseveranstaltern, diversen Medien bzw. zusätzlichen Sponsoren wurde – basierend auf hohem technischem Aufwand – letztendlich der leicht freche Slogan „Raus aus Balkonien“ zu einem sensationellen virtuellen Erlebnis.

Und los geht’s auch für mich: Der Laptop ist in Position gebracht, die AirPods fest in meinen Ohren verankert und ein großes Glas Soda-Zitron zwecks Erfrischung bereitgestellt – das Abenteuer kann beginnen! Zwei Klicks und schon begrüßt mich Tschechien, das Partnerland der Wiener Ferienmesse 2021 mit beeindruckenden Videos. Die schönsten Plätze dieses herrlichen Landes, das von Wien mit dem Auto nur einen Katzensprung entfernt liegt, werden filmisch aufbereitet. Besondere Aufmerksamkeit erweckt in mir ein Video über Südmähren, dem Geburtsland meiner jüngst verstorbenen Mutter. Wie oft hatte sie mir von ihrer Kindheit und Jugendzeit auf  diesem schönen Fleckchen Erde vorgeschwärmt: Ich sehe die eindrucksvollen prähistorischen Funde im archäologischen Park Pollau/Pavlov, tauche in die im 13. Jahrhundert gegründete Stadt Nikolsburg/Mikulov ein, bike mit anderen Besuchern zu den Resten des Eisernen Vorhangs, besuche das grandiose Schloss in Eisgrub/Lednice, ein UNESCO-Weltkulturerbe, informiere mich in Boskowitz/Boskovice über die Geschichte des größten jüdischen Friedhofs in Mähren und in Brünn/Brno angekommen, delektiere ich mich nach einer kurzen, aber intensiven  Sightseeing Tour an dem „Sweet Brno“: Eine Armada an bunt bemalten Tuk Tuks mit köstlich frischem Speiseeis an Bord kreist durch die Stadt und es gibt kaum einen der Passanten, der sich dieser süßen Versuchung entziehen kann. Als mageren Ersatz daheim vor dem Bildschirm nehme ich einen großen Schluck meines kühlen Sodas und wandere munter weiter.

Jetzt will ich so richtig ,,RAUS aus Balkonien“ – Tschechien ist ja für uns Wiener schon erweitertes Balkonien – ich will weit, weit weg! Schnell ein Mausklick, 10.000 km in 2 Sekunden und schon lande ich im bunten Malaysia, dem ,,wahren Asien“. Pulsierendes pralles Leben zu Wasser und zu Land eröffnet sich dem Besucher. In grellen Farben werden mir 20 gute Gründe geboten, dieses Traumland, das Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft problemlos vereint, zu bereisen. Dazu einige Beispiele, die sehr spannend für mich als Mitteleuropäerin klingen: Verschmelzung von kolonialer und moderner Architektur – explizit präsentiert man die historischen Gebäude von Malakka und die Skyline von Kuala Lumpur. Als nächstes lerne ich Malaysias grüne Lunge kennen: Üppige und grüne Regenwälder sind der Schlüssel zu Malaysias Ruf als Land mit einzigartig tropischen Wundern. Versprochen wird ein unvergessliches Erlebnis für jeden – von der abenteuerlichen Wander- und Trekkingexpedition bis hin zum entspannten Rückzug in den Dschungel, exotische Fauna und Flora inklusive. Weiter geht es für mich entlang unberührter weißer Sandstrände  und traumhafter Inseln. Sie bieten allen Besuchern eine überwältigende Auswahl an Aktivitäten wie Schnorcheln und Tauchen. Man erlebt hautnah wie farbenfrohe Korallenriffe den Meeresboden umarmen, aber es ist durchaus auch möglich, dass man Babyhaie füttern kann. Kurz überlege ich, ob ich nicht dafür doch zu feige bin!

Mit vielen faszinierenden Eindrücken zur Kultur Malaysias und seinen Ureinwohnern,  seinen UNESCO-Welterbestätten wie zum Beispiel der Nationalpark Gunung Mulu  und die vielfältigen Möglichkeiten an Gourmet- und Shoppingtempel verabschiede ich mich schweren Herzens.

Ich fliege weiter und weiter – mache Abstecher in das ewig lächelnden Thailand, ängstige mich beim Anblick der Komodowarane Indonesiens, koste virtuell die berühmte Trockenfleischspezialität Biltong in Südafrika, kann nicht genug kriegen vom Anblick der Dubai Fountain, deren Wasserstrahlen und Lichter zur Musik eine Choreografie zeigen; dazwischen chatte ich mit rührigen Reiseveranstaltern, die mir diese Traumdestinationen auch in der realen Welt vermitteln können.

Zurück in Europa komme ich an den Küsten Irlands zur Ruhe – klares Meerwasser, steile Klippen, immergrüne Wiesen, unberührte Natur und die herrlich kühle Brise auch im Hochsommer machen mich zum absoluten Fan dieser magischen Insel. Schweren Herzen trete ich die Heimreise an, vorbei an den Metropolen Europas, mache mit meinem Roadsurfer, einem Campingbus, der mir Ungebundenheit und Bequemlichkeit garantiert, noch einen Umweg an die Adriaküste, um kurz gesunde Meeresluft zu tanken und die vielfältigen Eindrücke zu verarbeiten. Dazu genieße ich live die musikalischen Ohrwürmer von Monti Beton, einer Musikerformation, die anlässlich der Ferienmesse für gute Stimmung sorgt. Außerdem erfahre ich noch alles über eine Globetrotterin, die aus dem Koffer lebt, aber aus dem Nähkästchen plaudert. Als Hundebesitzerin stöbere ich noch in den Angeboten für Reisen mit Hund und sammle Informationen für meine wanderbegeisterte Freundin zum Thema Weitwandern für Anfänger in den Tiroler Alpen. Es gäbe ja noch so viel zu sehen und zu hören, doch ich bin etwas müde geworden… Normalerweise wäre ich jetzt leicht ermattet in einem gemütlichen Sessel bei den Freunden vom rumänischen Ausstellungsstand gelandet. Heute klappe ich den Laptop zu, nehme die Stöpsel aus den Ohren, schalte die Kaffeemaschine ein und genieße den starken Espresso – einziger Wermutstropfen dabei: Die liebgewonnene siebenbürgische Köstlichkeit fehlt!

Ingrid WEISS

 

 

 

 

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Tourismus.