Osterbotschaft / Von Stadtpfarrer Kilian DÖRR
Ausgabe Nr. 2716

Am Palmsonntag feierte die Hermannstädter evangelische Kirchengemeinde A. B. einen Gottesdienst für Groß und Klein in der Johanniskirche, mit den nötigen Sicherheitsabständen und Mundschutz. Unser Bild: Anschließend fand ein Umzug der Gottesdienstteilnehmer zur Stadtpfarrkirche (hier in der Fleischergasse/Mitropoliei) statt. Foto: Martin RILL
„Fürchtet euch nicht …er ist auferstanden“.
Das sind die Worte des Engels an jenem allerersten Ostermorgen, an dem die drei Frauen am Grab waren, wie die Evangelien berichten. Vergeblich waren sie zunächst gekommen – aber bald, bald haben sie ihn gesehen, den sie gesucht hatten: im Garten und beim Brotbrechen, auch hinter verschlossenen Türen, ängstlich.
Und immer wieder dort, wo die Furcht überhand nehmen wollte, da stärkte der Auferstandene auf wunderbare Weise ihre Herzen.
Furcht macht stumm. Fürchtet euch nicht – das wirkte, denn zum Glück haben sie nicht geschwiegen. Weder die Frauen, noch die anderen Jünger, die den Auferstandenen gesehen hatten.
Und als der Apostel Paulus den Korinthern darüber schreibt, geschieht das nächste Wunderbare: er, der Jesus nicht mehr kennen konnte, weil Raum und Zeit sie trennten – so wie uns -; er fügt sich selber zu diesen hinzu, die das ‚,Fürchte dich nicht“ am eigenen Leibe erfahren hatten. Er reiht sich ein in die Kette der Augen- und Ohren- und Herzenszeugen.

Zwei Ausnahmen gab es am Palmsonntag in der Hermannstädter evangelischen Kirchengemeinde A. B.: Ausnahmsweise fand der Abendmahlsgottesdienst am letzten und nicht am ersten Sonntag im Monat statt (der erste Sonntag in April ist der Ostersonntag), der erste Teil in der Johanniskirche und nach dem erstmalig erfolgten Umzug der Abschluss in der Stadtpfarrkirche. Unser Bild: Einzug in die Stadtpfarrkirche. Foto: Martin RILL
Seitdem ist diese Kette nicht abgerissen. Da gibt es Franziskus und Klara und all die Heiligen, da gibt es auf dem Rosenauerfresko in unserer evangelischen Stadtpfarrkirche in Hermannstadt Martinus und die Stifter, die sich seitlich als Zeugen malen ließen. Und da gibt es Dorothee und Theresa und Dietrich und Albert und Hanspeter … eine ganze Wolke von Zeugen. Sie sind einfach da, diese, denen wir nach-glauben können. Und deren Worte wir uns leihen, wenn uns das „fürchte dich nicht“ nur schwer über die Lippen kommt.
Wir kommen von Karfreitag her, und aus einem schwierigen Jahr. Was uns kaputt macht, kennen wir allzu gut: Die Gier nach mehr, mit der Menschen unser aller Lebensgrundlagen zerstören. Die Krankheit, die einem den Atem wegnimmt, die wachsende Gleichgültigkeit dem Leiden gegenüber und die Verzweiflung über uns selbst. da quälten sich Kinder monatelang allein vor ihren Bildschirmen der online-Schule, und verbrachten kaum noch Zeit mit ihren Freunden; da gingen Jugendliche unverstandene Wege; da ging eine Beziehung auseinander unter der Last dieser Zeiten; da wurden alte Menschen alleingelassen; da starb einer, der mir lieb war.
Zu Ostern erlauben wir uns, diese Engelsworte in jede dieser schweren Stunden hineinsprechen, und damit einen neuen Lebenshorizont aufgehen zu lassen. Einen Horizont, in dem mir zugetraut wird, von der Kraft der Auferstehung zu leben. Von dem Ja Gottes, das auch über meinem und deinem Leben steht.
Fürchte dich nicht, er ist auferstanden – von hier kommt die Lebensenergie, die nichts und niemanden dem Tod, dem heimlichen Vergessen, dem Wertlossein überlässt. Da leuchten die Auferstehungsseiten in meinem Leben wieder auf und die Fülle der Freude, die mich berührt.
In diesem Sinne wünsche ich eine gesegnete Osterzeit – wir brauchen sie in diesem Jahr besonders.
Kilian DÖRR