Der Bildband ,,Im Dialog mit Bischof Georg Daniel Teutsch“
Ausgabe Nr. 2715
Einen Bildband mit dem Titel ,,Im Dialog mit Bischof Georg Daniel Teutsch“ hat Stefan Bichler, Referent für Öffentlichkeitsarbeit der Evangelischen Kirche A. B. in Rumänien (EKR) zusammengestellt. Unter besonderen Vorsichtsmaßnahmen und mit einem auf zwanzig Teilnehmer beschränkten Publikum wurde das Buch am 16. März d. J. im Terrassensaal des Friedrich Teutsch-Kultur- und Begegnungszentrums vorgestellt. Bichler erinnerte in seiner Wortmeldung daran, wie er als waschechter Österreicher Hermannstadt zu seiner Wahlheimat erkoren hat und was ihn dazu bewogen hat, dieses Buch zu gestalten. Zunächst war er 1999 als Praktikant der Hermannstädter Zeitung in Hermannstadt ,,gelandet“ und sein erster Auftrag brachte ihn bei dem ersten Workshop der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) zum Thema Altstadtsanierung in Kontakt mit dem inzwischen verstorbenen Denkmalschutz-Experten, dem Architekten Steffen Mildner. Diese Begegnung und die 1925 vom Landeskonsistorium herausgegebene Auflage der Generalkirchenvisitation von Bischof Teutsch die ihm der inzwischen ebenfalls verstorbene Pfarrer Wolfgang Rehner in die Hände gelegt hatte, hatten beim Entstehen des vorliegenden Buches sozusagen Pate gestanden, sagte Bichler.
Der Bildband bietet nicht nur Fotografien. Das Konzept des Buches besteht darin, Zitate aus den legendären Berichten des bedeutenden Bischofs aus der Zeit vor anderthalb Jahrhunderten aktuelle Statements gegenüberzustellen. Die „neuen“ Zitate stammen von Vertretern der EKR, der Stiftung Kirchenburgen, des Friedrich-Teutsch-Hauses, des Deutschen Forums, von Menschen, die sich mit dem Erhalt des Kulturerbes befassen sowie auch von anderen berufenen Akteuren der Gegenwart.
Hier zwei besonders sprechende Beispiele: 1. In dem Bericht über seine Visitation im Kirchenbezirk Schenk vor knapp 140 Jahren (1881/1882) schreibt Bischof Georg Daniel Teutsch (1817-1893) über Kleinschenk Folgendes: ,,Eine solche Burg, in deren Mitte die Kirche, stand in jeder Gemeinde des Schenker Stuhls, noch ist überall mindestens ein Teil ihrer Mauern und Türme erhalten (…); die bestbesorgte hat heute Kleinschenk,den Walachen am Alt das Tor zum Land der ‚Flandrer‘ (der Blandăr).“ Das aktuelle Zitat stammt von keiner anderen als der rührigen Kleinschenker Bankkauffrau Carmen Schuster, die ihr Statement: ,,Rückkehr nach 25 Jahren nach der Auswanderung“ titelt: ,,Die alten Nachbarn sind nicht mehr da, das frühere Herz des Dorfes – Kirchenburg, Pfarrhaus, Schule – schlägt nur noch schwach, das Dorf fast vergessen, seine Zukunft ungewiss. Doch Hoffnung und Zuversicht beflügeln: Es ist uns in den letzten zehn Jahren gelungen, Kleinschenk wieder attraktiv zu machen. Mit Hilfe unseres Vereins CONTRAFORT ist die Kleinschenker Kirchenburg wieder zu einer ,’bestbesorgten‘ geworden, Schule und Pfarrhaus sind zu Gästehäusern umgestaltet. Gäste aus aller Welt kommen zu Besuch, bringen neues Leben ins Dorf. Kleinschenk ist wieder das Tor zum Land der Kirchenburgen.“
2. In dem Bericht über die Visitation im Kirchenbezirk Mühlbach (1875/1876) stellt Bischof Teutsch fest: ,,Gemeinsam den genannten Gemeinden <im Kirchenbezirk Mühlbach, Anm.> ist, daß ihre Schulen auch von der nicht-evangelischen Bevölkerung der betreffenden Orte, bezüglich von Magyaren und Rumänen fast auffällig zahlreich besucht werden – um der deutschen Unterrichtssprache willen. (…) Daß übrigens diese Überzahl eines die deutsche Sprache nicht verstehenden Elementes der deutschen Schule selbst nicht zur Förderung gereicht, und die nächste Aufgabe derselben an jenen Schülern, denen sie in erster Reihe verpflichtet ist, überaus hemmt, bedarf wohl keiner weiteren Auseinandersetzung.“
Demgegenüber steht das aktuelle Statement des Mathematiklehrers Martin Bottesch, Vorsitzender des Siebenbürgenforums: ,,Heute sind in Rumänien die deutschsprachigen Schulen fast durchwegs staatlich. Dank ihrer, können die Angehörigen der deutschen Minderheit in ihrer Muttersprache lernen und haben somit eine Chance, ihre Identität zu bewahren. Diese Schulen werden heute zum allergrößten Teil von Schülerinnen und Schülern rumänischer Muttersprache besucht, die die deutsche Sprache erlernen möchten. Das kann als Glücksfall betrachtet werden, da ansonsten die deutschsprachigen Schulen wegen Schülermangels längst eingegangen wären.“
In dem knapp hundert Seiten umfassenden Band wird wie die beiden Beispiele veranschaulichen, versucht, Kontinuitäten ebenso wie grundsätzliche Veränderungen der letzten 150 Jahre herauszuarbeiten. Bischof Reinhart Guib bezeichnet das Buch in seinem Vorwort als „eine willkommene Brücke in Raum und Zeit, welche die traditionelle, evangelische, siebenbürgisch-sächsische Kirche zur Zeit Bischofs Georg Daniel Teutsch und die der Evangelischen Kirche A. B. in Rumänien (EKR) heute widerspiegelt“.
Der Bischof, Politiker und Historiker Georg Daniel Teutsch wird in dem Werk als Pionier der Denkmalpflege in einer seiner bisher eher weniger bekannten Eigenschaften dargestellt. Neben den „prominenten“ Kirchengebäuden (Birthälm, Tartlau etc.) werden auch fast vergessene Orte präsentiert, wie etwa die verschwundene Kirche von Bärendorf/Beriu) oder die ehemalige „bulgarische“ lutherische Gemeinde von Kleinschergied/Cergău Mic).
Die Produktion des im Hermannstädter Honterus-Verlag erschienenen Bildbandes wurde über das Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien und das Demokratische Forum der Deutschen in Siebenbürgen durch das Departement für Interethnische Beziehungen im Generalsekretariat der Regierung Rumäniens, von der Stiftung Kirchenburgen sowie von der Beauftragten der deutschen Bundesregierung für Kultur und Medien gefördert. Er kann über die Stiftung Kirchenburgen bezogen werden.
Die Teilnahme an der Buchpräsentation am 16. März war aufgrund der aktuellen pandemiebedingten Schutzbestimmungen nur sehr eingeschränkt möglich. In der Hoffnung auf eine Besserung der Lage ist daher für die Zeit rund um den Georg-Daniel-Teutsch-Gedenktag (am 2. Juli wird dessen Todestag gedacht) eine weitere Veranstaltung anlässlich des 150. Jubiläums der Generalkirchenvisitation geplant.
Beatrice UNGAR