Gedenkveranstaltung zum 35. Todestag von Rolf Bossert
Ausgabe Nr. 2710
,,Dies ist keine Feierlichkeit, es ist ein Gedenken, eine Würdigung und eine Achtungsbezeugung für einen Freund und einen unserer Besten von der Aktionsgruppe Banat“, sagte der per Skype zugeschaltete Autor Hellmut Seiler bei der Veranstaltung zum 35. Todestag des Dichters Rolf Bossert, die von dem Verein Echo der Deutschen Vortragsreihe Reschitza und dem Demokratischen Forum der Banater Berglanddeutschen am 16. Februar online stattgefunden hat.
Den am 6. Dezember 1952 in Reschitza geborenen und am 17. Februar 1986 in Frankfurt am Main gestorbenen Dichter stellte zunächst Erwin Josef Țigla, der Initiator dieser Veranstaltung kurz vor.
William Totok stellte die Aufzeichnung eines Interviews zur Verfügung, das Gisela Lerch am 11. Februar 1986, also sechs Tage vor dem tragischen Tod des Dichters, geführt hatte. Totok schrieb dazu: ,,Dieser (Rolf Bossert, Anm. d. Red.) hatte zuvor in Berlin, im Literarischen Colloquium und im Literaturhaus, aus seinen Gedichten gelesen und anschließend mit dem Publikum diskutiert. Das Gespräch wurde am 12. Februar 1986 vom Sender Freies Berlin ausgestrahlt. Im Anschluss folgten einige Gedichte, die Bossert selbst vorgelesen hatte. Zwei Tage nach seinem Tod druckte die Frankfurter Rundschau eine Fassung des Gesprächs ab.”
Hellmut Seiler erinnerte sich an Begegnungen mit Rolf Bossert und stellte den auf seine Initiative ausgeschriebenen und von einem inzwischen immer größer werdenden Freundeskreis unterstützten Rolf Bossert-Gedächtnispreis vor, den 2020 die Jury dem Schweizer Autor Alexander Estis verliehen hatte. Jurypräsidentin Nora Iuga, die Grande Dame der rumänischen Literatur, bezeichnet Bossert als ,,originellsten und komplexesten Dichter deutscher Sprache aus Rumänien“.
Țigla las einige Gedichte in der ,,Reschitzaer Umgangssprache“ von Rolf Bossert vor sowie einen Text von Anton Sterbling (,,Temeswar Ost“, über dessen letzte Begegnung mit Bossert 1975).
Zugeschaltet gab auch der Autor und Freund Bosserts, Horst Samson, Erinnerungen an Bossert preis und las Texte von Johann Lippet und Traian Pop vor.
Zum Abschluss war Bossert selbst zu hören, abgespielt wurde die 1982 bei Electrecord herausgebrachte Schallplatte „Junge deutsche Dichter aus dem Banat /Tineri poeți germani din Banat”, die der rührige Veranstalter aufgetrieben hatte.
Nicht zuletzt wies Țigla, der die Veranstaltung als ,,Gedenken mit Herz und Seele“ bezeichnete, auf die Anzahl der Bewerbungen für den diesjährigen Gedächtnispreis: Dienstag waren es 113 (85 aus Deutschland, 20 aus Österreich, drei aus der Schweiz, und je eine aus Polen, Großbritannien, Spanien, Portugal und den Niederlanden.
Die Aufzeichnung der Veranstaltung findet man unter https://www.facebook.com/Demokratisches.Forum.der.Banater.Berglanddeut schen oder https://www.youtube.com/channel/UC_kYvj3wj9oGipq7pmZoS_g
Beatrice UNGAR
Rolf Bossert
Lied
Wohin mich mein Weg heute führt:
Ich weiß es am Morgen noch nicht.
Am Abend dann, peinlich berührt:
Auf der Milchstraße wieder kein Licht!
Verbotsschilder sprechen für sich,
Und dennoch: Ich pfeif aufs Verbot!
Im Sternenwald füttere ich
Den Großen Bären mit Brot.
So treib ichs seit einiger Zeit,
Dem Herrgott begegne ich kaum,
Ein paar Mal nur seh ich ihn
weit Verloren im krummen Raum
Langsam kommt dann die Müdigkeit auf:
Ich habe das Trampen verlernt.
Ich schlage mein Himmelszelt auf,
Einen Steinwurf vom Weltall entfernt.