Hanklich ist nur offline zu genießen

Teile diesen Artikel

Reformationsgottesdienst in der siebenbürgisch-sächsischen Mundart

Ausgabe Nr. 2697

Der traditionelle Reformationsgottesdienst in der siebenbürgisch-sächsischen Mundart fand am Samstag, den 31. Oktober, in der Dorfkirche in Michelsberg statt und wurde gleichzeitig über ZOOM und Facebook direkt übertragen. Unser Bild: Der Heltauer Stadtpfarrer Zoran Kézdi (am Lesepult) begrüßte die wenigen Anwesenden. Foto: Beatrice UNGAR

Bei dem traditionellen Reformationsgottesdienst in der siebenbürgisch-sächsischen Mundart trafen sich zwei Gemeinden: Die Michelsberger Dorfgemeinschaft, die wie jedes Jahr „ihre” Reformation feierte und die neue, digitale Gemeinde, die sich mit einschalten konnte. Diese Vesper stand am Anfang einer Serie von Gottesdiensten, die in Partnerschaft zwischen der Evangelischen Kirche A. B. in Rumänien und dem Verband der Heimatortsgemeinschaften digital und live übertragen werden.

Claudiu Riemer (unser Bild) war gemeinsam mit Franziska Fiedler und Gabriel Tischer für die Übertragungstechnik verantwortlich.         Foto: die Verfasserin

 

Nach der Begrüßung durch Kurator Michael Henning und Pfarrer László-Zorán Kézdi richteten Bischof Reinhart Guib und die HOG-Verbandsvorsitzende Ilse Welther jeweils ein Grußwort an die beiden Gemeinden. Die HOG-Verbandsvorsitzende bezog sich auf die anstehende Erneuerung der Kirchenordnung der EKR und sprach ihre Hoffnung aus, ,,dass diese Reformation so gut wird, wie wir sie brauchen“. Desgleichen sprach sie den Wunsch aus, dass sich alle bald wieder von Angesicht zu Angesicht sehen können und wünschte allen Kirchengemeinden und besonders ihrer ,,Heimatkirche in Fogarasch und Felmern“ alles Gute.

Die Predigt zu Matthäus 10,27-33 hielt Pfarrer Michael Reger aus Kerz in der Kerzer Mundart, der es wie schon seit Jahren immer wieder schaffte, auch ein Lächeln hinter der einen oder anderen Maske hervorzurufen.

Mit einem Kurzvortrag zum Thema  „Pest, Glaube, Reformation in der siebenbürgisch-sächsischen Geschichte“ war Archivar Thomas Șindilariu aus Kronstadt zugeschaltet. Er setzte dem Vortrag das Zitat  „Aser Herrgot faint is Sin an schäkt is de päszt af den halts“ (Unser Herrgott bemerkt unsere Sünden und schickt uns die Pest auf den Hals) voran und schlussfolgerte: ,,Hier wird eine alte Verbindung zwischen glaubenskonformem Verhalten und Seuche als Gottesstrafe sichtbar. Auf der einen Seite der rationale Ansatz des medizinischen Kampfes zur Unterbrechung der Infektionsketten, auf der anderen Angst und Verzweiflung, gar von Hungersnot und Hungerstod ist in den Quellen angesichts unbezahlbarer Lebensmittelpreise die Rede, aber auch, und kennzeichnend für das evangelische Identitätsmuster, vom Gottesdienst. Vom Dienst am heiligen Wort erhofften sich die Menschen vor 300 Jahren Trost und Schutz. Auf die Kirche als heiligen Ort kam es dabei aber offensichtlich auch immer noch an. Das lässt sich daran ablesen, dass das Heilige Abendmahl an die Erkrankten gemäß Pestvorschriften von der Straße aus vom Pestprediger an Seilen in die Krankenzimmer hinaufzuziehen war, was aber von den Betroffenen als nicht vollwertig empfunden wurde, so dass sich mithilfe von Bestechungsgeldern gewisse Ausnahmen zutrugen und der Geistliche doch ans Krankenlager trat. Das Glaubensleben sollte trotz Seuche wie immer sein, da es andernfalls seine volle Wirkung nicht entfalten könne, so lautete offensichtlich die im Volk vorherrschende Vorstellung der frühneuzeitlichen Siebenbürger Sachsen.“

Musikalisch umrahmt wurde der Gottesdienst  online von der Mediascher Burg-Singgruppe und an der Orgel vor Ort von Zsuzsánna Molnár.

Allerdings durften die Anwesenden jeweils ein kleines Päckchen mit zwei Hanklichstücken mitnehmen. Wie Hanklich online probiert werden kann, daran werde noch getüftelt, witzelte Kurator Michael Henning. Kurzum, Hanklich ist eben immer noch nur offline zu genießen.

Beatrice UNGAR

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Kirche.