In der Quergasse entsteht eine neue Kunstgalerie
Ausgabe Nr. 2696

Die neue Galerie in der Quergasse Nr. 13 wird rund um die Uhr geöffnet sein.Foto: die Verfasserin
,,Mă gândesc la ea” (Ich denke an sie) – dieser Schriftzug tauchte 2007 auf einem Firmenschild in der Quergasse/Tribunei in Hermannstadt auf. Es ist das Werk des rumänischen Künstlers Ionuț Cioană, der unter dem Pseudonym Mircea Nicolae etwa 100 in der Stadt verteilte Kunstwerke überraschend veröffentlichte, und so die Kunstszene Hermannstadts aufmischte. Erhalten geblieben ist jedoch nur noch jenes in der Quergasse. Das soll aber auch in Zukunft bestehen.
Als Ionuț Cioană im Juli diesen Jahres verstarb, war die Räumlichkeit, an deren Tür sein Kunstwerk prangte, zufällig zu vermieten. Daraufhin taten sich George Roșu, ein befreundeter Künstler aus Klausenburg und die Vereine Uzinaduzina und Develop zusammen, um aus jenem Raum eine Kunstgalerie zu machen. Die Idee dazu stammt von George Roșu, denn der Schriftzug ,,Mă gândesc la ea”, hatte sich zu einem bekannten Motiv der Stadt entwickelt und sollte unbedingt erhalten bleiben. Plötzlich entwickelte sich das Projekt von selbst: Im Juli kam die Idee auf, im August mieteten die Partner den Raum und im September öffneten sie zur ,,Langen Nacht der Galerien” zum ersten Mal ihre Tür, um drei Tage lang einen Austausch von Ideen zu ermöglichen. Momentan renovieren Monika Tompos, Lucian Micu und Lucia Sevestrean (Develop) die zukünftige Kunstgalerie auf eigene Faust. Zum einen, weil das Budget knapp ist, zum anderen ist aber auch genau das ihr Prinzip: selbst Hand anlegen, kreativ werden, Initiative ergreifen. Quasi ,,do it yourself”. Ein weiteres Prinzip der Galerie soll die permanente Zugänglichkeit sein. Draußen auf der Tür erkennt man die Worte ,,Non Stop”. Non Stop deshalb, da er ,,non stop” an SIE denkt. Dieses Wortspiel des Künstlers gedenken die Initiatoren auch für sich zu nutzen, so soll auch die Galerie unter dem Motto ,,Non Stop” stehen, d. h. rund um die Uhr besuchbar und zugänglich sein. Da die Räumlichkeit mit großen Frontfenstern ausgestattet ist, soll man auch im Vorbeigehen Ausstellungen bewundern können, was gerade zu Pandemie-Zeiten ein echter Vorteil ist.

Lucian Micu, Lucia Sevestrean und Monika Tompos (v. l. n. r.) renovieren die zukünftige Galerie auf eigene Faust. Foto: die Verfasserin
Der studierte Geograph Lucian Micu beschreibt das Projekt als Experiment. In Hermannstadt gäbe es zwar verschiedene Initiativen, aber nirgends einen Ort, wo zeitgenössische Kunst monatlich dargestellt wird und der vor allem für junge Künstler zugänglich ist. Viele dieser Künstler kritisieren, dass es für sie keinen Platz zum Ausstellen gibt. Aus dem Wunsch heraus, jungen Künstlern eine Möglichkeit zu bieten, sich zu äußern und die Kunstszene transparenter und offener zu gestalten, entstand letztendlich der Plan für die Galerie. Geplant ist jeweils eine Ausstellung pro Monat. Das Besondere ist, dass der Künstler dabei eine Überraschung bleibt. George Roșu wird die Künstler auswählen und für alle anderen bleibt es ein Geheimnis. So versucht man, die Galerie lebendig zu halten. Somit ist auch noch nicht klar, wer bei der ersten Ausstellung, die am 6. November eröffnet wird, sein(e) Werk(e) präsentiert. Was man aber weiß, ist, dass diese von draußen zu bewundern sein werden, aufgrund der Corona Pandemie. Monika Tompos würde sich wünschen, dass es in Zukunft mehrere solcher Orte in Hermannstadt gibt. Die Stadt hätte viele Räumlichkeiten zu vermieten, die zwar unbrauchbar für reguläre Geschäfte sind, dafür umso mehr geeignet für die junge Kunstszene. Sie hofft, dass dieses Projekt auch andere Interessenten zu ähnlichen Ideen animiert.
Hermannstadt kann sich also auf eine neue Kunstgalerie freuen. Eine Galerie, die ein Raum für kreativen Austausch werden soll, deren Ausstellungen über die Gegenwart sprechen und die Besucher direkt ansprechen werden. Eine Galerie, die die Stadt noch lebendiger und menschlicher machen soll.
Jemina HERMANN