Erstes Pride in Hermannstadt stattgefunden
Ausgabe Nr. 2695
„Einer von zehn Menschen weltweit ist homosexuell”. Diese Aussage kommt in dem Theaterstück „Öröm és boldogsag“ („Freude und Glück“) von Csaba Szekely vor und wurde einer allgemein bekannten Statistik entnommen. Das Theaterstück wurde im Rahmen des ersten LGBTQ+ Kulturfestivals „Sibiu Pride“ gezeigt, das dieses Jahr vom 15. bis 17. Oktober zum ersten Mal in Hermannstadt stattgefunden hat. Geplant war ein Kulturprogramm, doch wegen der Einschränkungen, die durch die Corona-Pandemie entstanden sind, wurde „Sibiu Pride“ online abgehalten. Alle Veranstaltungen waren kostenlos, man musste sich jedoch mit Namen und E-Mail-Adresse auf einer Webseite einloggen, um sich Filme und Theaterstücke ansehen zu können.
Der Oktober dieses Jahres wird weltweit als Pride-Monat bezeichnet. Gay Pride, auch LGBT-Pride oder einfach nur Pride (zu deutsch „Stolz“) ist ein Begriff, der aus der Lesben- und Schwulenbewegung stammt, um den selbstbewussten bzw. selbstachtenden und damit stolzen Umgang mit der eigenen sexuellen Identität zu beschreiben. LGBTQ ist eine aus dem englischen Sprachraum übernommene Abkürzung für Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender, Queer (lesbisch, schwul, bisexuell, transgender, queer).
Beim Kulturprogramm „Sibiu Pride“ standen Filme, Theaterstücke und Webseminare, genannt Webinare, im Mittelpunkt. Letztere hatte Themen wie „Stigma tötet“, „HIV und der Arbeitsplatz“, „Methoden zur Prävention und Untersuchung von HIV“ oder „HIV heute“. Schon hier konnte man die Tendenz der Organisatoren vom Verein „Pride Romania“ aus Klausenburg bemerken, die sich nur auf den „G“-Sektor aus „LGBTQ“ konzentrierten. Die meisten Filme handelten ebenfalls vom Leben homosexueller Männer und deren Kampf mit HIV und Aids. Dazu kam, dass sich ausschließlich Männer kostenlos während des Festivals auf HIV testen lassen durften. Ein bisschen mehr Vielfalt – die Regenbogenflagge, die als Symbol der Lesben- und Schwulenbewegung gilt, hat immerhin sechs Farben und nicht nur eine – hätte man sich als Zuschauer gewünscht.
Ein Themenpunkt der definitiv gefehlt hat, ist Aufklärung, was die rumänische Gesetzgebung und die Rechte der LGBTQ-Mitglieder in Rumänien angeht. In Rumänien war Homosexualität bis 2001 strafbar und heute ist weder eine gleichgeschlechtliche Ehe noch eine eingetragene Partnerschaft gesetzlich zugelassen. Eine gesetzliche Anerkennung gleichgeschlechtlicher Paare staatlicherseits steht bisher aus.
In Rumänien wurde die erste Gay Pride-Parade im Jahr 2005 in Bukarest abgehalten. Rund 1. 000 Schwule und Lesben, Bi- und Transsexuelle mussten von Gendarmen und Polizisten mit Wasserwerfern und gepanzerten Fahrzeugen vor der aufgebrachten und randalierenden Masse, sowie von den Gegendemonstranten vom „Christlichen Forum Neue Rechte“ geschützt werden. Vergangenes Jahr, gut ein Jahr nach dem gescheiterten Referendum, welches ein Verbot der Ehe für alle forderte, gingen in Bukarest rund 10.000 LGBTQ-Mitglieder zur jährlichen Bukarest Pride auf die Straße, um für ihre Anliegen zu kämpfen – ein neuer Rekord. Gegendemonstrationen gab es auch, aber die fielen deutlich kleiner aus, als in den Jahren zuvor.
Im nächsten Jahr hoffen die Veranstalter von „Pride Romania. Asociația LGBTQ clujeană“ einen physischen Pride in Hermannstadt organisieren zu können. Finanziert wurde „Sibiu Pride“ von der Französischen Botschaft in Rumänien, dem „Institut Francais“, „Vivre les culturos“, dem Konsulat der Bundesrepublik Deutschland in Hermannstadt, dem Deutschen Kulturzentrum, dem „Aras“-Verein und „The Black Sea Trust“.
Cynthia PINTER