Das neue Kurzarbeit-Gesetz wurde auf dem AHK-Online-Treffen besprochen
Ausgabe Nr. 2689
Nach der Einführung der Kurzarbeit in Rumänien, der eine langwierige Entstehungsphase vorangegangen war, wurden auf dem Online-Treffen der Mitglieder der Deutsch-Rumänischen Industrie- und Handelskammer Rumänien (AHK) am 2. September die ersten Schlussfolgerungen in Anwesenheit der Arbeitsministerin Violeta Alexandru gezogen. Die Rechtsanwälte Anca Grigorescu von bpv GRIGORESCU STEFANICA und Christian Weident von Stalfort.Legal.Tax.Audit präsentierten das Gesetz sowie einige Aspekte, die noch verbesserungsbedürftig wären. Vor allem soll mehr Flexibilität wünschenswert sein.
„Es geht darum, die Arbeitsplätze zu erhalten“, betonte Dragoș Anastasiu, AHK-Präsident. „Die Unternehmen profitieren, indem sie die Arbeitskräfte behalten, der Staat profitiert, indem er weniger Arbeitslose hat, es ist also ein Win-win-win-Mechanismus, der das Potential erreicht, wenn es sehr flexibel ist und einerseits auf finanzielle Ressourcen vom Staat und andererseits auf Ehrlichkeit und Vertrauen basiert.“ Die gegenwärtige Form habe zwar keinen großen Flexibilitätsgrad, man habe allerdings einen Anfang gemacht, auf den man bauen könne.
„Die allgemeine Bilanz war positiv“, unterstrich die Arbeitsministerin Violeta Alexandru. Es sei nötig gewesen, einen Mittelweg zu finden, der die Argumente aller Entscheidungsträger beachte, darunter auch die der Gewerkschaften, die sich für die Rechte der Arbeitnehmer einsetzen und eher auf Voraussehbarkeit setzen als auf die Meinung der Unternehmer. Außerdem seien der Verwaltung Grenzen gesetzt. Je kompliziertere Verfahren und Programme man implementiere, desto schwieriger gestalte sich die Anpassungsfähigkeit derjenigen, die im System arbeiten, an die neuen Anforderungen und desto langsamer komme ein Resultat. Beispielsweise wurden die Schlüsselinstitutionen auf Kreisebene, das Arbeitsamt (AJOFM) und das Amt für Sozialleistungen (AJPIS), die meist Zahlungen an etwa 200.000 Personen tätigen, aufgefordert, innerhalb einer Woche Zahlungen an eine Million Personen zu tätigen.
Christian Weident stellte die gegenwärtige Form des Gesetzes vor. Kurzarbeit sei ein Erfolgsmodell, das seit über 100 Jahren in Deutschland angewendet wird und als Vorlage für die Einführung in Rumänien diente. Dabei geht es um Arbeitgeber in vorübergehender Krisensituation, die Arbeitnehmer nicht voll beschäftigen können, wobei die Differenz zwischen dem vorherigen Gehalt und dem reduzierten Gehalt (teilweise) vom Staat getragen wird.
Die vorherigen Alternativen dazu waren die wenig flexible Viertagewoche, Überstunden im Voraus, bei der Freizeit im Voraus bezahlt wird, oder die technische Arbeitslosigkeit, die mit der kompletten Einstellung der Arbeit verbunden ist. Die Kurzarbeit ist verglichen damit insgesamt eine „Win-win-win-Situation“.
Die rechtlichen Grundlagen für Kurzarbeit in Rumänien sind die Dringlichkeitsverordnung 132/2020 vom 7. August 2020, die die Voraussetzungen, Grundsätze und Rechtsfolgen beschreibt, sowie der Regierungsbeschluss 719/2020 vom 27. August 2020, der die Beantragung des Kurzarbeitgeldes und das Verfahren regelt. Außerdem sollte noch eine Anordnung des Arbeitsministers erfolgen, durch die die Formblätter vorgegeben werden.
In der aktuellen Form darf der Arbeitgeber einseitig Arbeitszeit und Gehalt auf maximal 50 Prozent, für mindestens fünf Arbeitstage in Folge und bei Planung des gesamten Monats kürzen. Der Arbeitgeber beantragt die Erstattung des Kurzarbeitgeldes durch den Staat, was in der aktuellen Form bis zum 31. Dezember 2020 erfolgen kann. Vor allem die Auflage über die Vorausplanung des Monats soll eine Barierre sein, was die Flexibilität betrifft und wurde auch mehrmals im Rahmen der Diskussionen unterstrichen.
Voraussetzung für einen Antrag auf Kurzarbeit ist, dass es eine vorübergehende Tätigkeitsreduzierung geben muss, die infolge der verhängten Not-/ Alarm- oder Belagerungszustandes eintritt. „Gegenwärtig ist die Maßnahme an den Coronavirus gebunden. Wir wünschen aber auch eine Variante für andere wirtschaftliche Schwierigkeiten“, erklärte Weident.
Dabei muss für die Erstattung des Kurzarbeitgeldes mindestens 10 Prozent der Belegschaft betroffen sein, es muss einen Umsatzrückgang um mindestens 10 Prozent entweder im Vormonat oder im Vorvormonat geben im Vergleich zum Monat des Vorjahres.
Verboten sind während der Kurzarbeit in der aktuellen Form die Einstellungen von zusätzlichen Arbeitskräften für gleiche oder ähnliche Tätigkeiten, die Fremdvergabe gleicher oder ähnlicher Tätigkeiten, Überstunden für die Betroffenen von Kurzabeit. Die Einsetzung der Viertagewoche ist für von Kurzarbeit Betroffene ebenfalls unzulässig.
Für Überschreitung der reduzierten Arbeitszeiten am Arbeitsplatz oder Anderweitig, z.B. durch Tele- oder Heimarbeit gibt es Sanktionen. Diese betragen 20.000 Lei pro Arbeitnehmer oder bis zu 200.000 Lei insgesamt.
„Aus der Sicht der Wirtschaft ist die Einführung der Kurzarbeit ein Erfolg, allerdings nur ein Teilerfolg“, schlussfolgerte Christian Weident. „Die aktuelle Form ist noch zu unflexibel. Verbesserungen und Erweiterungen der Regelungen sind wünschenswert.“
Anca Grigorescu von bpv Grigorescu Ștefănică sprach von fünf „Gefahren“, die die Implementierung des Kurzarbeitsystems in Rumänien mit sich bringt. Vorläufig gibt es eine kurze Anwendungszeit der Kurzarbeit, ob es eine Verlängerung geben wird, ist noch ungewiss. Weiterhin soll die Eingrenzung des Anwendungsbereiches durch die Bindung an den Not- oder Alarmzustand vor allem im Falle von Tochtergesellschaften, die in Rumänien aktiv sind und deren Mutterunternehmen aus dem Ausland Verträge mit diesen Tochtergesellschaften kündigen, von Nachteil sein. Das Verbot zur Anstellung von Personal für identische oder ähnliche Aktivitäten, die von Kurzarbeitgeld betroffenen Angestellten ausgeführt werden, kann Auswirkungen haben, wenn im Rahmen der selben Firma beispielsweise in der Produktion Probleme auftauchen, dagegen in der Forschung und Entwicklung alles bestens läuft und die Firma Personal anstellen möchte. Ein anderes Beispiel wäre, falls die Filiale einer Firma in einer Stadt auf Kurzarbeitgeld, in einer anderen Stadt, wo alles gut läuft auf mehr Personal angewiesen ist. Weiterhin gab es den Wunsch seitens der Wirtschaft die Möglichkeit der Reduzierung des Arbeitsprogramms bis zu 0 Prozent, über die Verhandlungen ist man nun auf 50 Prozent gekommen. Auch Grigorescu erwähnte die Unflexibilität bezüglich der Veränderung des Arbeitsprogramms im Laufe eines Monats betreffend, was von Nachteil sein soll, vor allem, wenn die Firma beispielsweise zusätzliche Bestellungen erhält und diese zur Besserung der wirtschaftlichen Situation der Firma beitragen würden.
Werner FINK