Claudiu Fălămaș trug im BIS-Theatergarten Texte von Charles Bukowski vor
Ausgabe Nr. 2687
Der Hermannstädter Claudiu Fălămaș hat sich dem Theater und der Musik verschrieben. Am Donnerstag der Vorwoche zeigte er im BIS-Theatergarten seine Aufführung „Beat Bukowski“, um an Charles Bukowski zu erinnern. Die Aufführung verband Gedichte des amerikanischen Schriftstellers und Poeten mit musikalischer Untermalung durch Gitarre, Schlagzeug und Trompete. Dumpf hallte das Schlagzeug im Sekundentakt. Akkorde gesellten sich dazu, begleitet vom stetigen Plätschern des Regens. Dann ertönte eine Stimme: „Es gibt eine Einsamkeit auf dieser Welt, die so groß ist, dass man sie in der langsamen Bewegung der Zeiger einer Uhr sehen kann.“ Es ist die erste Zeile aus Charles Bukowskis Gedicht „Die Krise“.
Claudiu Fălămaș entwickelte die Aufführung „Beat Bukowski“ für die Abschlussarbeit seines Theater-Studiums. Die Idee sei es gewesen, auf der Musikalität der Texte aufzubauen. „Ich wählte 100 Gedichte von Bukowski aus und las sie immer wieder, bis ich die Musik, die sich zwischen dem Text verbirgt, entdeckte.“ Anlässlich des 100. Geburtstages des Poeten trug Fălămaș an diesem Abend eine kleine Auswahl aus dessen Lebenswerk vor.
Als Sohn einer Deutschen und eines im Rheinland stationierten US-Soldaten wurde Charles Bukowski am 16. August 1920 in Andernach bei Koblenz geboren. Vom Leben in Deutschland bekam er nicht viel mit; 1923 reiste seine Familie in die USA und siedelte sich nach einigen Ortswechseln in Kalifornien an. Dort verbrachte er auch den Großteil seines Lebens und verdingte sich nach seinem Schulabschluss als Briefträger und Hilfsarbeiter. Geplagt von einer freudlosen Kindheit wurden Bücher und eine Schreibmaschine seine besten Freunde.
„’Beat Bukowski‘ bezieht sich einerseits auf die amerikanischen Beat-Poeten um Allen Ginsburgh und Jack Kerouac, zu denen er oft fälschlicherweise gezählt wird,“ erklärte Fălămaș. Bukowski pflegte zwar einen ähnlich minimalistischen Lebensstil und glaubte ebenso an die Freiheit der Sprache, jedoch dementierte er stets eine Verbindung zu der literarischen Bewegung, die in den 1950-er Jahren in New York aufkam.
Andererseits soll „Beat“ (deutsch: Schlag oder Takt) auch auf das Tippen der Schreibmaschinentasten sowie die Musikalität der Gedichte verweisen: „Ich finde, Bukowskis Gedichte haben einen speziellen Rhythmus. Obwohl sie sich meist nicht reimen, sind sie doch sehr musikalisch.“
Musik spielte in Bukowskis Leben immer eine große Rolle. Er selbst musizierte zwar nie, doch wenn er schrieb, musste das Radio laufen. „Das hat mich während meines Studiums dazu inspiriert, das Theater und die Musik mit seiner Poesie zu kombinieren, und ich merkte: Das möchte ich mit meinem Leben machen.“
Samt Gitarre, Trompete und einer Loop-Station (ein kleiner Synthesizer, der Musik aufnehmen und in einer Schleife abspielen kann) führt Fălămaș „Beat Bukowski“ seit seinem Abschluss im Jahre 2014 regelmäßig auf. Auch außerhalb Rumäniens war er bereits unterwegs: Auf Reisen durch Europa trug er seine liebsten Gedichte von Bukowski unter anderem auch in dessen Geburtsort Andernach vor. „Das war ein besonderes Erlebnis. Leute, die ich am Rhein getroffen hatte, verhalfen mir zu einer Aufführung in einer Kneipe. Die Gäste tranken, spielten Billiard und schrien während der Aufführung; es war wie eine Szene aus einer Bukowski-Erzählung. Einer der Gäste hatte eine Lesung Bukowskis in Andernach in den 1980-ern besucht und hatte sich eines seiner Bücher signieren lassen. Meine Aufführung gefiel ihm so gut, dass er mir das Buch schenkte.“
Charles Bukowski verstarb am 9. März 1994 an Leukämie und hinterließ der Welt 57 Bücher, darunter sechs Novellen, Gedichtbände und Kurzgeschichtensammlungen. Noch heute werden seine Texte von Literaturkritikern als anstößig oder unnötig provokant verrissen.
Fălămaș sieht das anders: „Manchmal schrieb er etwas anstößig; einige mögen das vielleicht als schmutzig bezeichnen, aber ich denke, er war einfach kein großer Romantiker. Er hat sich nie hinter Metaphern versteckt, sondern immer das geschrieben, was ihm gerade auf dem Herzen lag – unverblümt und knallhart ehrlich.“
Es heißt, Menschen schreiben, um gelesen zu werden. Bukowski selbst hat sich nie für seine Leserschaft interessiert; Schreiben war seine Leidenschaft, und dass sie ihm Geld einbrachte, war lediglich ein ihm willkommener Nebeneffekt. Wollte man nun selbst poetisch werden, könnte man meinen, es habe über die gesamte Aufführung in Hermannstadt hinweg geregnet, weil der Himmel um den Poeten trauerte. Doch das wäre falsch, fast schon beleidigend. Vielmehr schien Bukowski selbst die Veranstaltung zu boykottieren, denn sowie die Musik endete, verstummte auch das stetige Plätschern des Regens.
Tobias LEISER