,,Das Mädchen im Goldfischglas“ am DSTT
Ausgabe Nr. 2673
„Meine Mama sagt, man weiß, wann man erwachsen ist. Es ist der Moment, in dem man aufhört, glücklich zu sein und anfängt sich daran zu erinnern, wann man es einmal war.“ Die letzten Tage der Kindheit werden im Theaterstück „Das Mädchen im Goldfischglas“ von Morris Panych geschildert, das am Donnerstagabend im Online-Stream auf der Facebookseite des Deutschen Staatstheaters Temeswar (DSTT) gezeigt wurde. Die Inszenierung von Radu Afrim hatte am 3. April 2012 Premiere.
Iris ist fast elf Jahre alt und lebt im Kanada der 1960-er Jahre mit ihren Eltern in einem Haus in Strandnähe. Sie belehrt mit Vorliebe die Erwachsenen um sich herum, darunter Untermieterin Rose, und besucht eine katholische Schule, obwohl sie erklärte Buddhistin ist. Ihr Vater, Owen, arbeitet nicht und verbringt seine Zeit mit dem Zeichnen geometrischer Figuren und träumt von Paris. Ihre Mutter, Sylvia, hat endlich beschlossen, Owen zu verlassen und ist meistens mit Koffern in der Hand auf der Bühne zu sehen.
Miss Rose ist die Untermieterin, die ständig auf Männersuche ist und in einer Fischkonservenfabrik arbeitet. Iris glaubt, dass die ganze Welt von ihrem Goldfisch Amahl zusammengehalten wird und dass sein plötzlicher Tod der Grund für die Kubakrise und das Weggehen ihrer Mutter ist. Als sie bei einem Spaziergang am Strand den an Gedächtnisverlust leidenden Mister Lawrence findet, bringt sie ihn nach Hause, in der Hoffnung, ihre Familie zu retten. Sie sieht in Mister Lawrence die Reinkarnation ihres Goldfischs Amahl.
Die erwachsene Schauspielerin Silvia Török ist absolut genial in der Rolle von Iris. Man kauft ihr das Kindsein mit der piepsigen Stimme und der Nachahmung der leicht außer Kontrolle geratenen Gesichts- und Körperbewegungen eines jungen Menschen ab.
Kein Wunder, dass Silvia Török den Debütpreis des Rumänischen Theaterverbands UNITER für diese Rolle erhielt.
Die Rolle von Miss Rose einem Mann zu geben, war wohl die beste Entscheidung, die Radu Afrim treffen konnte. Und Rareș Hontzu war die beste Wahl. Er bringt Leben in den Haushalt, in dem, wie Iris sagt „nie etwas passiert“, Matrosen sei Dank.
Horia Săvescu spielt den rätselhaften Mister Lawrence, als wäre er, wie Iris vermutet, ein Fisch im Wasser. Seine ausdruckslose Mimik und seine monotone Stimme machen sein Unverständnis des Alltags noch lustiger.
Olga Török spielte eine unsichere Mutter, die ständig am Weggehen ist. Sobald eine ernste Diskussion entsteht, rennt sie in die Küche „um zu sehen, ob etwas brennt“. Auch Olga Török wurde von UNITER für die beste Nebendarstellerin 2013 nominiert.
Last but not least bringt Alex Hanka als Owen die richtige Menge von Pathos in dieses hoffnungslose Durcheinander. Er kämpft vergeblich darum, seine Frau zum Bleiben zu bewegen, obwohl er weiß, dass er ihr keinen Grund dazu geben kann.
Das Bühnenbild von Dragoș Buhagiar gibt dem Zuschauer manchmal das Gefühl, selber in einem Aquarium zu sein.
Über 300 Views hatte das Theaterstück am Donnerstagabend. Man darf auf weitere Vorstellungen des Deutschen Staatstheaters Temeswar gespannt sein.
Cynthia PINTER