Der Journalist und Autor Anselm Roth ist tot
Ausgabe Nr. 2668
Der Journalist und Autor Anselm Roth ist am 2. April d. J. in Michelsberg verstorben. Bei der Andacht in der Kapelle des Heltauer evangelischen Friedhofs am Sonntag nahmen Liana und Jens Kielhorn mit folgenden Worten (die hier leicht gekürzt abgedruckt sind) Abschied von ihrem Freund und Partner Anselm Roth.
Kurz nachdem wir 2005 aus Deutschland nach Hermannstadt heruntergekommen waren, statteten wir dem Hora Verlag einen Besuch ab. Dort lernten wir nicht nur Frau Roth-Höppner, sondern auch einen auf den ersten Blick etwas merkwürdigen Zeitgenossen kennen: Frau Roth-Höppners Neffen Anselm Roth. Er war seiner Tante vor kurzer Zeit ebenfalls aus Deutschland nach Hermannstadt gefolgt und hauste nun im Keller des Verlagsgebäudes am Erlenpark.
Als Journalist und ehemaliger Lokalredakteur der Süddeutschen Zeitung in Fürstenfeldbruck bei München war Anselm ein Mann des Wortes und des Buches. Er brachte sich in den Hora Verlag ein mit eigenen Buchprojekten wie dem Fahrradführer für Südsiebenbürgen (Anselm war ein begeisterter Fahrrad-, Motorrad- und Porschefahrer) oder den Stadtführern Hermannstadt, Heltau und Schäßburg.
Nachdem wir im Jahre 2006 das Büchercafe ERASMUS gegründet hatten und im Kulturhauptstadtjahr 2007 auch die Schiller Buchhandlung übernehmen konnten, entschieden wir uns im gleichen Jahr, gemeinsam mit Anselm den Schiller Verlag Hermannstadt/Bonn ins Leben zu rufen.
Diesen Verlag, der in 13 Jahren knapp 300 Titel mit Schwerpunkt Siebenbürgen herausgegeben hat, hätte es ohne Anselm Roth nie gegeben. Ohne ihn wären wir gar nicht auf die Idee gekommen. Denn Anselm hatte das nötige Fachwissen und die Begeisterung.
Nach einigen Jahren verkaufte Anselm seine Wohnung in Fürstenfeldbruck und erwarb das runde Haus in Michelsberg. Der Schiller Verlag, der mit dahin umzog, wurde bekannter und erhielt mehr und mehr Aufträge. Begeistert ging er nun sein Lebenswerk an, die Reihe „Über Siebenbürgen“, eine Bestandsaufnahme mit Luftbildern aller noch vorhandenen Kirchenburgen. Acht Bände dieser Reihe sollten noch zu seinen Lebzeiten erscheinen.
Leider war in den letzten Jahren Anselms Gesundheit nicht mehr die beste. Die Kraft seines Herzens ließ nach. Anselm litt sehr unter der zeitweisen Einschränkung seiner Bewegungsfreiheit. In den letzten Monaten schien er jedoch wieder zu neuer Schaffenskraft gelangt zu sein. Mehrere Buchprojekte waren zum Zeitpunkt seines Todes in Arbeit, neue Projekte geplant. Daher kam für mich die Nachricht von seinem Tod trotz seiner Krankheit völlig überraschend.
Er war zwar ein Kauz, aber ein liebenswerter. Wenn auch kein Kirchgänger, so war er doch durchdrungen von christlicher Nächstenliebe. Wildfremden Zigeunern bestellte er in Deutschland einen Rollstuhl, Eginald Schlattner eine Gehhilfe, halb Michelsberg wurde von ihm regelmäßig beschenkt, wir bekamen Nüsse und Cozonac. Hinter der rauen Fassade steckte ein sensibler Mensch mit einem schwachen aber großen Herzen, der uns viel zu früh verlassen hat.
Anselm hat sich durch seine Bücher unsterblich gemacht.
Wir werden ihn nie vergessen!
,,Ich bin erschüttert“
Unlängst knatterte Anselm Roth her auf den Pfarrhof. Diesmal besonnen in Fingerzeigen auf Leben und Tod, doch mit konkreten Plänen für das Hiersein.
Vorige Woche wollte er mich mit Biogemüse aus Schellenberg versehen. Nach meinem Unfall in der Kirche karrte er einen funkelnagelneuen Rollator heran. Das war sein Signum: Wo er aufkreuzte, allüberall, hatte er ein waches Auge für das, was dort nötig war. Im Sinne der Tagzeitengebete und in dieser Abfolge: „Gott, gibt uns den Blick der Liebe, das rechte Wort, die helfende Tat!“
Für ihn war der Pfarrhof in Rothberg eine offene Tür. Oft kam er herbei wie ein Meteorit. Behielt man ihn zu Tisch, verfeinerte er das Essen mit Delikatessen.
Er wünschte jüngst zu wissen, ob man es ihm ansehe, dass er 40 Kilo abgenommen hatte. Man sah es ihm nicht an.
Am liebsten sprach er über das Entstehen seiner Bücher und über seine nervösen Hunde.
Vor Jahr und Tag preschte er im Porsche heran, zog mich in die Kirche, zerriss nicht seine Kleider, stieg auch nicht in einen Sack, aber: Er streute sich Asche aufs Haupt. Ich möge ihm vergeben, dass er ein Leben lang in das nämliche Horn gestoßen habe wie unsere Landsleute und mich im Chor für einen Agenten der Securitate gehalten habe. Was ich nie war.
Die rituelle Asche möge ich als biblische Abbitte hinnehmen. Geblieben ist die Zigarrenkiste mit dem Rest der Asche. Sie wird unter anderen Devotionalien aufbewahrt, bis ich an der Reihe bin.
Friede seiner Asche.
Gott tröste ihm die Seele im Ewigen Leben!
Eginald SCHLATTNER
Emer. Pfarrer
Gefängnisseelsorger