Metallwerkstatt EcoArt soll Waldorf-Schule in Rothberg und weitere Projekte stärken
Ausgabe Nr. 2663
In der Kantine der Waldorfschule in Rothberg sitzen an den Tischen am Montag nicht nur die Kinder, sondern auch junge Musiker, die gleich mit den Kindern musizieren werden und noch drei Schmiede in Arbeitskleidung. Zu ihnen setzt sich auch Annette Wiecken, die 1997 in Rothberg die ersten Alphabetisierungsprogramme eingeführt hat und Anda Ghazawi, die sich hauptsächlich um die Metallwerkstatt kümmert, allerdings auch um weitere Programme des Waldorf-Vereins in Hermannstadt und Rothberg.
Für die Kinder ist der Montag ein ganz besonderer Tag, denn dann wird bald musiziert. Ederlezi, eines der bekanntesten Roma-Lieder, erklingt in der Schulklasse im ersten Stock. Die drei Schmiede sind inzwischen zurück in die Werkstatt gegangen, die einige Minuten Fußweg entfernt von der Schule liegt. Die Metallwerkstatt ist ein wichtiger Teil der Zukunft dieser Schule, denn hier sollen einerseits Absolventen der Schule ausgebildet werden, andererseits agiert sie als soziales Unternehmen und der Profit soll Projekte des Waldorf-Vereins unterstützen.
Der Waldorf-Verein soll bald umgetauft werden, erklärt Anda Ghazawi, in Asociaţia APAR (Asociaţia Pentru Arte) Roşia, quasi der Verein für Künste Rothberg, denn seit der Gründung ist der Verein kontinuierlich gewachsen, weitaus über die Waldorf-Schule.
Rund 120 Kinder und mehr als 20 Mitarbeiter zählt das Team, das am Montag einen leckeren Eintopf mit grünen Bohnen aus dem eigenen Garten serviert bekommen hat. Das Dorf sieht viel besser aus als vor 22 Jahren, als Annette Wiecken 1998 die Waldorf-Schule gegründet hat. „Als wir angefangen haben, erst mit dem Alphabetisierungsprogramm, dann mit der Schule, haben wir bemerkt, dass viele Kinder überhaupt nicht eingeschult wurden. Wir haben erst mit der Grundschule begonnen, haben dann die Schule bis auf die 8. Klasse erweitert und konnten auch die Berufsschule mit dem Profil Agrikultur koordinieren. Die Berufsschulen waren sehr toll, bis sie leider von einem Minister geschlossen wurden. Jetzt werden duale Schulen gegründet, leider nicht auf dem Land.”
Diese Ausbildungslücke soll durch die Metallwerkstatt gefüllt werden, hier sollen Jugendliche qualifiziert werden. „Wir haben auch viele weitere Projekte”, erklärt Anda Ghazawi. „Wir haben ein großes Musikprogramm für die Kinder, auch weitere handwerkliche und künstlerische Projekte für sie, soziale Bauprojekte im Dorf, wir bieten Ausflüge im Sommer an, organisieren Treffen mit den Müttern, verteilen Weihnachtsgeschenke, wir wollen durch den Benefizmarathon in Hermannstadt den Spielplatz erneuern, eröffnen bald eine Tagesstätte für Menschen mit Behinderung… Diese Projekte werden hauptsächlich durch zwei Vereine, Pro Rosia e.V. in München und Schule für Romakinder aus Zürich unterstützt, nicht nur finanziell.”
Finanzielle Unterstützung für diese Sozialprojekte soll auch durch die Metallwerkstatt EcoArt kommen: „Wir konzentrieren uns gerade auf das Marketing”, erklärt Anda Ghazawi. „Die Metallwerkstatt gibt es seit mehreren Jahren, aber seit 2018 funktioniert sie in dieser Form.” Damals wurde Niklas Wirth (28 Jahre, aus Celle, Niedersachsen) angestellt, ein ehemaliger Geselle, der Hermannstadt während seiner Tippelei kennengelernt hat, dann stieß Anda Ghazawi zum Team dazu. Vlad Ionuţ Bondoc, ein 27-jähriger IT-Spezialist aus Hermannstadt kam dann dazu, als Quereinsteiger und Lehrling, und seit einigen Monaten stärkt ein weiterer ehemaliger Geselle, Thomas Fink (30 Jahre, aus Sigmaringen am Bodensee) das Team.
Alle drei Schmiede haben für diese Werkstatt auf bessere Gehälter verzichtet, keiner von ihnen bereut das und alle wollen in den nächsten Jahren den „Aufbau dieser Firma unterstützen”, so Vlad Bondoc. Niklas Wirth, der beim Aufbau der Werkstatt 2014 Hand angelegt hat, ist auch von der sozialen Perspektive begeistert, allerdings ist ihm klar: „Es hat mit der Freiheit zu tun. Wenn du keine Freiheit hast, wofür gibst du dein Geld aus?”. Der gleichen Meinung ist Thomas Fink: „Gerade auf Wanderschaft lernst du, dass du nicht die großen Reichtümer brauchst, sondern dass du eine schöne Arbeit hast, denn da verbringst du die Hälfte deines Lebens.”
Die Eltern des jungen Hermannstädters waren vom Jobwechsel ihres Sohnes nicht sehr begeistert, er ist sich jedoch seiner Wahl sicher: „Ich habe mir eine Auszeit von zwei Jahren genommen, um das hier zu lernen und ich bin glücklich wie in keinem Job bisher. Früher habe ich in der Fabrik und auch von zu Hause aus gearbeitet“, so Vlad Bondoc.
„Wir haben lange genug im Kapitalismus gearbeitet, da war immer jemand anderes, der die Kohle eingesteckt hat, der dir gesagt hat, was du zu tun hast, der dich gescheucht hat”, sagt Wirth und sein Kollege Fink fällt ihm lachend ins Wort: „Jetzt scheuchen wir uns selber.”
Beide sind sich aber einig, dass – so Wirth – „selbstgemachter Stress, positiver Stress ist.”
Anda Ghazawi fasst es dann auch zusammen: „Wir sind ein gutes Team. Wir haben zwei gute gelernte Schlosser, beide waren auf Wanderschaft und haben sehr viel Erfahrung mitgebracht. Vlad ist sehr begeistert, auch wenn er am Anfang steht. Wir bieten sehr Vieles an, auch klassische Schmiedearbeiten, aber auch Sonderanfertigungen, Unikate, es ist wirklich Handwerksarbeit der besten Art.”
Alle vier sind der Meinung, dass sich ein Weg bis nach Rothberg lohnt, in die Werkstatt. Jetzt bereiten sie sich fleißig auf die Gartenmesse vor, wo sie voraussichtlich in diesem Frühjahr in Hermannstadt teilnehmen werden. Neu gestaltet wird auch die Internetseite, inzwischen sind sie eher unter www.facebook.com/myecoART erreichbar.
Ruxandra STĂNESCU