Der Roman ,,Diesseits und jenseits des Tunnels 1945″
Ausgabe Nr. 2666
Der zu Jahresbeginn im Honterus-Verlag in Hermannstadt erschienene Roman ,,Diesseits und jenseits des Tunnels 1945″ ist eine Übersetzungsarbeit von Beatrice Ungar, Chefredakteurin der Hermannstädter Zeitung. Der Originaltitel ,,Dincoace și dincolo de tunel 1945″ ist das Werk der rumänischen Schriftstellerin Mariana Gorczyca, Mitglied des PEN-Clubs Rumänien.
In ihrem Roman erzählt Mariana Gorczyca die mitreißende Geschichte der Schäßburger Familie Frank, die, wie viele Familien im Januar 1945, durch einen politischen Beschluss zur Deportation deutschstämmiger Siedler auseinandergerissen wurde. Die Töchter – Alice, genannt Papa, und Judith, bekannt als Sissi – sollen ebenfalls deportiert werden, keiner weiß, wohin. Dem einflussreichen und wohlhabenden Vater gelingt es durch Bestechung, sie im letzten Moment aus dem abfahrenden Zug zurückzureißen. Doch Otto, Papas große Liebe, ist einer der Deportierten. Aus dem Briefwechsel der beiden und vor allem den erschütternd detaillierten Berichten des jungen Otto Bruckner kann sich der Leser ein Bild machen, welch unmenschliches – und leider doch menschliches – Vorgehen in den Lagern der ehemaligen Sowjetunion gegenüber den ausgelieferten Siebenbürger Sachsen herrschte.
Das Schicksal der Deportierten beeinflusste das Leben der Siebenbürger Sachsen erheblich. Junge Menschen ebenso wie Väter und Mütter wurden ohne die Möglichkeit angemessener Vorbereitung abgeholt und in Viehwaggons gepfercht und weggefahren. Viele kehrten nicht oder fürs Leben gezeichnet zurück.
Beatrice Ungar gelingt es, die nachvollziehbar schmerzlichen Ereignisse – auf dem Weg ins Ungewisse und vor Ort, Vorkommnisse bei Tag und bei Nacht im sowjetischen Arbeitslager – in leichter und umso eindringlicherer Sprache aus dem Rumänischen zu übertragen. Sie macht somit die Ereignisse der Deportation von Siebenbürger Sachsen aus Rumänien in die Sowjetunion einem deutschsprachigen Leserkreis zugänglich. ,,Diesseits und jenseits des Tunnels 1945″ ist ein Muss nicht nur für alle Siebenbürger Sachsen.
Mariana Gorczyca legt für die Recherchen zu ihrem Roman neben einem bibliografischen Verzeichnis zahlreicher Quellen auch eine Liste realer Personen aus ihrem Wohnort Schässburg vor, die in ihrem Roman die Handlung tragen. Aus dieser Liste ist ersichtlich, dass die Handlung ein Teil ihrer eigenen Familiengeschichte ist.
Das Buch erschien mit finanzieller Unterstützung des Departements für Interethnische Beziehungen im Generalsekretariat der Regierung Rumäniens durch das Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien und das Demokratische Forum der Deutschen Schäßburg.
Irmgard Rosina BAUER