Die Autorin Dagmar Dusil las in Hermannstadts Partnerstadt Marburg
Ausgabe Nr. 2665

Beatrice Ungar, Dagmar Dusil und Georg Kannenberg (v. l. n. r.). Foto: Eva-Maria DICKHAUT
Das interkulturelle Zentrum „Kerner“ im Herzen der Marburger Oberstadt war am 6. März d. J. Veranstaltungsort einer Lesung mit Dagmar Dusil. Sie war gemeinsam mit Beatrice Ungar, Chefredakteurin der Hermannstädter Zeitung, zu Gast, um ihre Bücher „So is(s)t Hermannstadt“ und „Auf leisen Sohlen. Annäherungen an Katzendorf“ vorzustellen und daraus zu lesen.
Der historische Gewölbekeller „Kerner“ ist Teil der Lutherischen Pfarrkirche St. Marien, ein wunderbarer Platz für eine Lesung. Die erhabene Lage hoch über Marburg mit ihrem beeindruckenden Ausblick auf die Stadt war gut gewählt. Der Marburger Freundeskreis Sibiu/Hermannstadt, gegründet 2007, mit seinem 1. Vorsitzenden Christopher Moos, hält einen engen Kontakt zum Hermannstädter Freundeskreis und so findet ein konstruktiver Austausch zwischen beiden Städten statt.
Gegenseitige Besuche, Teilnahmen an kulturellen Veranstaltungen und das Pflegen von Freundschaften, die sich in den Jahren entwickelten, sind nur einige positive Aspekte der Aktivitäten. Die Freude über die Gäste Dagmar Dusil und Beatrice Ungar und den vollbesetzten Saal waren dem Vorsitzenden Christopher Moos bei seiner Begrüßung anzusehen.
Der Marburger Freundeskreis hatte auch, ganz passend zum Thema „So is(s)t Hermannstadt“, dafür Sorge getragen, dass ein reichhaltiges Buffet den Anwesenden im Anschluss an die Lesung zur Verfügung stand. Man muss es vorwegnehmen: Die Damen und Herren machten von der Einladung, sich an diesen Köstlichkeiten zu bedienen, guten Gebrauch. Nach der Vorstellung der Gäste aus Hermannstadt übergab Herr Moos die Moderation an Georg Kronenberg, Redakteur beim Marburger Express.
Wie ist Hermannstadt oder wie is(s)t Hermannstadt? Und die Antwort lautet: vielfältig und europäisch, lokal und international, einfach und raffiniert, der Tradition verhaftet und modern. So steht es im Klappentext und so eröffnete Dagmar Dusil ihre Lesung. Sie erklärte ihre Beweggründe, dieses Buch zu schreiben, sehr eindringlich und versuchte, da wohl einige Anwesende sehr an den Rezepten aus Hermannstadt interessiert waren, mit dem Publikum zu interagieren, was dem Unterhaltungswert der Lesung sehr gut getan hat. So entwickelte sich eine rege anspruchsvolle Vorstellung des Buches. Eine sehr gute Werbung für Hermannstadt als Stadt mit Geschmack und Herz.
Beatrice Ungar ergänzte und moderierte den Austausch zu den Kochrezepten souverän. Der Moderator Kannenberg leitete gekonnt über zu Dagmar Dusils Arbeit als Dorfschreiberin in Katzendorf/Siebenbürgen. Das Buch „Auf leisen Sohlen. Annäherung an Katzendorf“ entstand während ihrer Zeit in Katzendorf, wobei Dagmar Dusil sich outete als Wanderin zwischen diesem Teil Südosteuropas und ihrem jetzigen Wohnort Bamberg in Bayern. Die anschaulich gelesenen Geschichten aus Katzendorf versetzten die Zuhörer an einen Ort, an dem die Uhren anders gehen. Besonders zu erwähnen ist dabei die Geschichte um die Annäherung Dagmar Dusils an die Volksgruppe der Tsigani (Fremde), über das Mädchen Maria. Maria wurde für die Autorin der Schlüssel zum Zugang zu der heutigen Mehrheitsbevölkerung in Katzendorf. Deren Situation, aber auch deren Verhalten wurde von ihr voller emotionaler Wärme gelesen und erzählt. Die Situation der Roma, oder wie sie sich selbst bezeichnen, ,,Zigeuner“, bewegt die Schriftstellerin und nicht immer hat es im anschließenden Gespräch über das Gelesene Einigkeit in der Bewertung der Lage der Roma zwischen Dusil und Ungar gegeben. Für die Zuhörer war es eine Freude zu hören, mit wieviel Herzblut und Intellekt beide Frauen diskutierten. Druckfertige emotionale Sätze ohne die Angst von Berührung zeigten den Zuhörern, wie sich in der Bewertung der Situation der Zigeuner (Roma) aus Katzendorf Rationalität und Gefühle verbinden können zu einer unvoreingenommenen Analyse, ohne Herabsetzungen und Demütigungen der Volksgruppe der Roma.
So beendete Georg Kanneberg die Lesung, die, das konnte man den Gesprächen unter den Gästen im Anschluss entnehmen, nachhaltig gewirkt haben. Gute Botschafter aus Hermannstadt waren „Auf leisen Sohlen“ nach Marburg gekommen, um Spuren zu hinterlassen.
Lothar SCHELENZ