Professor Heinz Acker mit dem Johann-Wenzel-Stamitz-Preis 2020 ausgezeichnet
Ausgabe Nr. 2658
Der Hermannstädter Prof. Heinz Acker wurde am 8. Januar d. J. in der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Mannheim mit dem renommierten Johann-Wenzel-Stamitz-Preis 2020 ausgezeichnet. Dieser Preis der Esslinger KünstlerGilde e. V., ehemals „Ostdeutscher Musikpreis“, wird seit 1948 an Künstler für hervorragende Leistungen im Bereich der Musik verliehen, deren Werk und Wirken aus der Reflexion und im Austausch mit der deutschen Musik im östlichen Europa entstanden ist, die dieses Kulturgut weiter pflegen und der Völkerverständigung und Toleranz dienen. (Auch die Siebenbürger Dieter Acker, Hans Peter Türk, Hans Eckart Schlandt und die rumänische Komponistin Violeta Dinescu sind Träger dieses Preises.)
Als der Preisträger einmal gefragt wurde, was er denn von den vielseitigen Tätigkeiten auf dem Gebiete der Musik am liebsten tue, antwortete er: „Eigentlich tue ich das am liebsten, was ich gerade tue, aber am tiefsten in meinem Herzen hat sich wohl der Dirigent eingenistet.“
Für sein vielseitiges musikalisches Schaffen erhielt Prof. Heinz Acker bereits 2001 die Schönborn-Medaille der Stadt Bruchsal, 2012 die Staufer-Medaille des Landes Baden-Württemberg und 2013 den Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturpreis.
Die Festveranstaltung wurde von Prof. Rudolf Meister, Präsident der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Mannheim, eröffnet. Er begrüßte die Gäste und brachte dem Jubilar und ehemaligen Kollegen seine Wertschätzung zum Ausdruck.
Der offizielle Vertreter der KünstlerGilde e. V., Hansjürgen Gartner, begrüßte seinerseits die Besucher der Festveranstaltung und dankte Herrn Meister für die Gastfreundschaft.
Im Rahmen der feierlichen Preisverleihung wurden auch einige Kompositionen und Sätze des Preisträgers vorgetragen. Dabei schlug das Lied „Et saß e klie wäld Vijjeltchen“ einen Bogen nach Siebenbürgen. Heinz Acker begleitete dabei die Sopranistin Julika Birke selbst am Klavier.“
Als guter Kenner des Preisträgers führte Dr. Dietmar Gräf M. A. mit einer sehr offenherzigen und freundschaftlichen Note durch dessen Biographie und Wirken.
Heinz Acker wurde 1942 in Hermannstadt geboren. Seinen Vater lernte er nie kennen; er fiel in der Schlacht um Stalingrad. Da seine Mutter Januar 1945 mit 30.376 anderen Siebenbürger Sachsen aus Rumänien nach Russland deportiert wurde, blieben Heinz und sein zwei Jahre älterer Bruder Dieter in der Obhut der Großeltern zurück. In Ermangelung eines Kindermädchens gingen die Brüder mit den Großeltern zu den Proben des Hermannstädter Bachchores mit. Diese wöchentlichen Erlebnisse mit dem „Zaubermann“ Prof. Franz Xaver Dressler (1898-1981), der mit seinem magischen Stäbchen so wundervolle Musik zauberte, wurden für die Brüder zu einem musikalischen Erweckungserlebnis. Am liebsten und mit ernster Hingabe spielten die Geschwister „Professor Dressler“. Abwechselnd war einer von ihnen Dirigent und der andere mimte den Chor mit Texten aus der Matthäus-Passion von Johann Sebastian Bach. Kein Wunder, dass beide Brüder Musik studiert haben und Musiker geworden sind: Dieter, Komponist und Professor an der Musikhochschule in München (1940-2008), Heinz, Musikpädagoge, Orchesterdirigent, Theoretiker, Komponist und Professor an der Musikhochschule in Mannheim.
Nach dem Musikstudium am Klausenburger Konservatorium erhielt Heinz Acker eine Stelle an der Musik- und Kunstschule seiner Heimatstadt und gründete ein erfolgreiches Jugendsinfonieorchester, was den aufstrebenden Dirigenten dann auch ans Pult der Hermannstädter Staatsphilharmonie führte.
Diese Erfahrungen kamen ihm nach seiner Ausreise 1977 in die Bundesrepublik Deutschland zugute. An der Musik- und Kunstschule in Bruchsal gründete er ebenfalls ein Jugendsinfonieorchester, mit dem er an vielen Orchesterwettbewerben teilnahm und – nach etlichen Landespreisen – 1996 auch den ersten Preis auf Bundesebene erhielt. Auf zahlreichen Konzertreisen (Italien, England, Spanien, Niederlande, Frankreich, Tschechien, Israel, Jordanien, Syrien, St. Petersburg, Moskau, Kirgistan und USA, Siebenbürgen) vertrat er die Bunderepublik Deutschland als Brückenbauer zwischen Völkern, Systemen und Religionen. Diese außerordentlichen Erfolge dienten ihm als „Türöffner“ für die Hochschule Mannheim-Heidelberg, wo er eine Professur für Musiktheorie erhielt. Sein Wissen und Können als Theoretiker stellte Acker auch mit seinem Werk „Modulationslehre“ unter Beweis, das heute den Musikstudenten als Standardwerk der Modulationskunst empfohlen wird.
Der Komposition widmet sich Acker intensiv erst im Ruhestand. So schuf er das symphonische Werk „Heidelberg-Variationen“ (U. A. 1996 zur 800-Jahrfeier der Stadt Heidelberg), die vokal-symphonische Suite „Carmina selecta – oder südöstlicher Divan“, (U. A. Heilbronn 2012 durch die Solisten und Formationen der Löwensteiner Musikwoche), den thematisch so aktuellen „Sonnengesang des Heiligen Franziskus von Assisi“ (U. A. Dinkelsbühl 2014), das gewaltige „Credo“ der „Kronstädter Messe“ (U. A. Kronstadt 2017) die „Pfingstkantate“, (U. A. Hermannstadt 2017 und Dinkelsbühl 2018) u. a. m.
Die zu Volksliedern gewordenen Verse und Weisen des Volksdichters Georg Meyndt (1852-1903), die sein Urgroßvater Carl Reich (1872-1953) aufgeschrieben hatte, brachte Heinz Acker mit Chorsätzen mit und ohne Klavierbegleitung 2007 heraus. Neben anspruchsvollen sakralen und weltlichen Chorwerken war Acker auch bestrebt, Laienchören den Zugang zu siebenbürgischem Liedgut mit leichten Liedsätzen zu eröffnen. Gut 50 Sätze der Liedersammlung „E Liedchen hälft ängden“ (erschienen 2017 u. 2018) entstammen seiner Feder.
Zu den vielen Wirkungsbereichen des Jubilars zählt Gräf auch Ackers Wirken als Pianist, Kammermusiker, Schriftsteller und Bühnenkünstler auf. Er verweist auf sein autobiografisches Werk „Zwei Leben … und“, eine Familien- und Zeitgeschichte mehrerer Generationen in Siebenbürgen. (ISBN: 9783743933996)
Bei aller Ernsthaftigkeit trägt Heinz Acker auch gerne einen Schalk im Nacken. Seine Landsleute haben dies richtig erkannt und ihn 2013 zum „Ritter wider den tierischen Ernst“ als Dr. Humoris Causa geschlagen.
Obige Ausführungen wurden durch folgende musikalische Beiträge an entsprechenden Stellen unterbrochen: eine fulminante Konzertaufnahme (CD) des Jugendorchesters Bruchsal als Bundespreisträger 1996, die idyllische Variation „Mir schwante am Neckarstrand“ aus den Stilfreveleien über „Ich hab’ mein Herz in Heidelberg verloren“ sowie drei Lieder „Weißt du es noch?“ (Text Martin Buber) „Weinen und Lachen“ (aus den „Kalendersprüchen“) und „Landgasthof“ (Text Franz Hodjak) mit denen Julika Birke (Sopran), Joo Yun Choi (Cello) und Heinz Acker (Klavier) viel Applaus ernteten.
Hans Jürgen Gartner verlas schließlich feierlich den Urkundentext, in dem es heißt: „… in Würdigung seiner musikalischen Gesamtleistung als Komponist, Dirigent und Professor“.
Der Preisträger bedankte sich bei der Esslinger Künstlergilde für diese bedeutende Auszeichnung. Er sprach Prof. Rudolf Meister seine Dankbarkeit aus, dass er in diesem Haus den Preis entgegennehmen durfte, in dem er 27 Jahre lang als Mitglied dieser berühmten Hochschule „einen der schönsten Berufe“ ausgeübt hatte. Er bat ihn, den Dank an das wunderbare Kollegium weiterzugeben. Der Jubilar dankte auch seiner anwesenden Ehefrau Marianne, („du hast es ermöglicht, dass ich auf so vielen Gebieten ‚ackern‘ durfte“) für ihr Verständnis und ihre Fürsorge.
Das Publikum ehrte den Gefeierten mit anhaltendem Applaus. Mit Sektempfang und Imbiss klang dieser Festakt harmonisch aus.
Angelika MELTZER