Premiere an der deutschen Abteilung am TNRS
Ausgabe Nr. 2650
,,Das ist hier übrigens meine Aufgabe: Unterhaltung. Ich bin der Leiter des Fortgangs hier. Was heißt das? Was soll das sein? Ich bin dafür da, das Vorhandene zu strukturieren, ein wenig zu moderieren. Ich möchte, dass wir es hier angenehm haben, dass es auch ein wenig informativ wird für sie und sie und sie und sie… und dass es ordentlich abläuft heute Abend.“ Das sagt als eben erwähnter ,,Leiter des Fortgangs“ der Schauspieler Valentin Späth zum Auftakt der neuesten Inszenierung an der deutschen Abteilung des Radu Stanca-Nationaltheaters.
,,Unterhaltung“ gehört dann neben ,,Mama“ und ,,Bums“ zu den drei Worten, die während der ,,unerträglich großartigen“ Inszenierung des Stücks „Einige Nachrichten an das All“ von Wolfram Lotz (1981) ins All gesendet werden. Diesen Text zu inszenieren sei ,,ein wenig so, als müsste man die Pläne für den Turmbau zu Babel entwerfen“, sagt Regisseur Josef Maria Krasanowsky. Und er führt aus: ,,Lotz verlangt das Unmögliche von uns Theaterschaffenden (…) und fordert uns auf, neue Lösungen und Wege zu finden. Daran kann man verzweifeln oder sich – wie ich es getan habe – schlicht verlieben. Der Abend erzählt, obwohl er keine durchgehende Geschichte hat, von den großen ewigen Fragen: Wer sind wir? Wofür lohnt es sich zu leben? Gibt es einen Sinn in diesem großen Ganzen?
Lotz stellt die Fragen mit großer Leidenschaft und diese Leidenschaft des Fragens habe ich versucht auf die Figuren des Abends zu übertragen. Es ist ein Abend, der keine Antworten gibt, sondern Fragen über Fragen aufwirft. Und letztlich ist das auch für mich das Konzept des Abends: Die völlige Überforderung von uns allen, auf die großen Fragen befriedigende Antworten zu finden. Oder anders gesagt: ein Abend voller Bilder und philosophischem Trash, wenn man so will, aber wer will denn schon… “. Schon wieder eine gute Frage, darf man wohl sagen. Und eine Frage darf auch gestellt werden: Wer will denn schon erleben, wie seine gut durchdachte oder spontan hingeschriebene Nachricht an das All, um die ihn eine freundliche Stewardess vor dem Eingang ins Theatergebäude gebeten hatte, von einem zynischen und selbstverliebten Showmaster ins Lächerliche gezogen wird. Vor aller Augen. Wahrscheinlich haben sich nur diejenigen richtig amüsiert, die sich geweigert haben, diese Zettel abzugeben… Wer nach dem Sinn fragt, hätte schon gleich umkehren müssen, als er die vor dem Eingang aufgebauten leeren Flaschen erblickt hat. In diese sollten Zettel geschoben werden. Und hier macht ja das Stück Sinn: Ist nicht alles, was wir sagen, erzählen, mitteilen ,,Flaschenpost“, von der man nicht weiß, wo sie ankommt wenn sie denn irgendwo ankommt und wenn sie irgendwo ankommt wer sie liest und ob der, der sie liest auch die Sprache der Nachricht versteht? Keine Ahnung, jedenfalls klingt ,,Flaschenpost“ etwas tröstlicher als ,,Weltraumschrott“, wie die Figuren auf der Bühne zu einem gewissen Zeitpunkt gröhlen…
Das ist Lotz’ Antwort auf die Frage nach dem Sinn: „Die Würstchen der Wahrheit, die für uns gebraten werden, wollen wir nicht mehr essen!“ Man darf ergänzend hinzufügen: ,,Dafür aber drehen wir sie dem Publikum an!“ Und das zollt wie bei der Premiere der Inszenierung auf der Bühne des Radu Stanca-Nationaltheaters sogar minuntenlang Stehapplaus. Wenn das nicht (ein) Theater ist!
Beatrice UNGAR