Gespräch mit Oswald Kolb, Generalmanager von Continental Hermannstadt
Ausgabe Nr. 2651
Der gebürtige Regensburger Oswald Kolb (Jahrgang 1962) begann seine Karriere bei Continental als Student der Elektrotechnik an der Technischen Universität München und bekleidete seither weltweit verschiedene Positionen in der Qualitätssicherung und im Produktionsbereich. Nach sechs Jahren als General Manager des Standortes Hermannstadt (2008-2014) übernahm Kolb die Leitung einer Continental-Fabrik in Tianjin/China. Im Juli 2017 kehrte er nach Hermannstadt zurück, um hier erneut die Leitung von Continental Automotive Systems S.R.L. zu übernehmen. Letzte Woche wurden an der Lucian Blaga-Universität neue von Continental finanzierte Labors eingeweiht. Darüber und über die Tätigkeit des Konzerns in Hermannstadt sprach mit Oswald Kolb die HZ-Chefredakteurin Beatrice U n g a r.
Sie haben bei der Einweihung der Labors auf die lange Zusammenarbeit mit der Universität hingewiesen. Wie kam es dazu?
Als sich Continental 2003 in Rumänien um einen neuen Standort für Entwicklung und Fertigung umsah, war neben der Unterstützung durch die Stadtverwaltung und der Infrastruktur, eine Universität vor Ort ein wichtiges Kriterium bei der Auswahl. So kam schon sehr früh der Kontakt mit der Uni zustande. Der heutige Rektor der Universität, Ioan Bondrea war in seiner damaligen Funktion als Dekan der Engineering-Fakultät unser Hauptansprechpartner. Diese Zusammenarbeit haben wir über die Jahre vertieft und ausgebaut. Wir haben hier in Hermannstadt Fertigung und Entwicklung. Beide Bereiche benötigen eine hohe Zahl von hochqualifizierten Mitarbeitern insbesondere Ingenieure.
Ohne eine Universität vor Ort hätten wir das Wachstumstempo der letzten Jahre so nicht stemmen können.
Wo liegen die Schwerpunkte der Zusammenarbeit und der Unterstützung durch Continental?
Die Universität hat zum einen die Aufgabe, junge Studenten auf ihr späteres Berufsleben vorzubereiten, zum anderen, Entwicklungsthemen voranzutreiben und ihre Lehrpläne kontinuierlich an die neuesten Anforderungen anzupassen. Continental braucht motivierte, kompetente Mitarbeiter, die mit Spaß und Freude an komplexen technischen Themen arbeiten wollen. Unsere Unterstützung gliedert sich dementsprechend.
Wenn wir die Sanierung von Labors unterstützen, dann helfen wir ein Umfeld zu schaffen, in dem es Spaß macht zu lernen und sich Wissen zu erarbeiten.
Wenn wir Laboraustattung finanzieren, so schaffen wir hier Möglichkeiten „trockene“ Theorie praktisch umzusetzen.
Und wenn Studenten als Praktikanten und Werkstudenten zu uns kommen, dann können sie sehen, für was sie sich dieses Wissen aneignen und warum es sich lohnt, diese lange Ausbildung durchzustehen.
Mit Stipendien, insbesondere auch für Doktoranden und Masterstudiengänge unterstützen wir Studenten auch ganz direkt.
Ein weiterer Teil unseres Programms schafft Möglichkeiten, an nationalen und internationalen Wettbewerben oder Konferenzen teilzunehmen, wenn wir sie nicht sogar direkt bei Continental durchführen.
Aber natürlich bedeutet Zusammenarbeit mehr als nur finanzielle Unterstützung. Wir haben insgesamt mehr als 45 Mitarbeiter, die in die Hörsäle gehen und zu bestimmten Themen Kurse geben; wir haben gemeinsam spezielle Vorlesungen für Automobiltechnik entwickelt und arbeiten bei Forschungs- und Entwicklungsthemen zusammen.
Durch den engen Kontakt zeigen wir, was in der Industrie so vor sich geht und schaffen die Möglichkeit für die Professoren, ihre Lehrpläne an die neuesten Anforderungen anzupassen.
Ist die Zusammenarbeit noch ausbaufähig oder sind Sie rundum zufrieden? Was kommt seitens der Universität zurück?
Unsere direkte Zusammenarbeit mit der Universität läuft sehr gut, aber natürlich sehen wir immer weiteres Verbesserungs- und Ausbaupotenzial. So eine Zusammenarbeit ist kein 100-Meter-Lauf sondern eher ein Marathon, um eine Analogie aus der Leichtathletik zu verwenden. Wir haben über die Jahre kontinuierlich investiert und werden das auch weiterhin tun.
Wenn ich mir die Labors und die Infrastruktur ansehe, die nicht von uns saniert wurden, so denke ich aber, hier könnte seitens des Staates ein wenig mehr in die Zukunft des Landes, sprich Ausbildung der Jugend investiert werden.
Wobei die Situation in Hermannstadt ja noch sehr gut ist. Continental hat hier mittlerweile 4.500 Mitarbeiter. Unser Bedarf an Einstellungen kann schon lange nicht mehr aus der Stadt alleine gedeckt werden und wir sind mittlerweile auch mit anderen Universitäten in engem Kontakt. Hier habe ich immer wieder Professoren mit hoher Leidenschaft getroffen, aber leider auch Mängel an der Infrastruktur gesehen.
Kommen wir zu einem anderen Thema. Welche Herausforderungen stehen im Automotive-Sektor an, und was sind die Auswirkungen auf Continental hier vor Ort?
Der Automotive Sektor befindet sich momentan in einer komplexen Gemengelage.
Durch die großen Entwicklungstreiber Elektrifizierung des Antriebs, autonomes und vernetztes Fahren sowie neue Mobilitätskonzepte befindet sich die gesamte Automobilindustrie in der größten und investitionsintensivsten Transformation ihrer 130-jährigen Geschichte.
Insbesondere bei den Themen Digitalisierung und Software gilt es hier in der Gesamtindustrie ganz kräftig aufs Gas zu treten, während im Gegenzug andere Bereiche beispielsweise aus der klassischen Verbrennertechnologie an Bedeutung und Wert verlieren. Hinzu kommt aktuell eine konjunkturelle Abschwächung, die das laufende Geschäft negativ beeinflusst. Die weltweite Automobilproduktion ist 2018 und 2019 zurückgegangen und auch für 2020 ist dies so abzusehen. Prognosen gehen davon aus, dass sich die Entwicklung erst ab 2023 dreht.
Auch durch Unternehmen, die neu auf dem Automobilsektor auftreten, ändert sich die Wettbewerbssituation.
Die globalen Handelskonflikte tun ein Übriges. Die Automobilindustrie ist stark international verteilt. Wertschöpfungsketten sind global und kostenoptimiert. Zollschranken brechen diese Ketten und erhöhen die Gesamtkosten. Dies alles resultiert in einer angespannten Situation und erhöhtem Kostendruck in der Automobilindustrie.
Grundsätzlich sind die zuvor angesprochenen großen Entwicklungstreiber aber positiv für Continental. Denn sie sorgen dafür, dass der Anteil von Elektronik und Software im Fahrzeug weiter zunehmen wird. Damit erhöht sich auch der Wertschöpfungsanteil im Fahrzeug, bei dem wir mit unserem Know-How und unserem Portfolio Zuhause sind. Auf lange Sicht sind wir in Entwicklung und Fertigung mit den richtigen Produkten unterwegs. Langfristig erwarte ich daher und aufgrund des guten Umfelds in Rumänien weiteres Wachstum für unseren Standort. Mit den Investitionen in neue Produktions- und Entwicklungsgebäude haben wir die Voraussetzungen dafür geschaffen.
Herzlichen Dank für das Gespräch.