,,Maßhalten ist das Wesentliche“

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Das Internationale George Enescu-Festival gastierte in Hermannstadt

Ausgabe Nr. 2641

50 Jahre danach: Die berühmte und beliebte Pianistin Elisabeth Leonskaja nahm sich trotz vollem Terminkalender nach ihrem Rezital am 9. September im Thalia-Saal in Hermannstadt Zeit für eine Autogrammstunde und freute sich sichtlich vor allem über die Übergabe einer Kopie des HZ-Beitrags über ihr Konzert 1969 in Hermannstadt durch die HZ-Chefredakteurin.   
Foto: Ovidiu MATIU

,,Maßhalten bei all dem überschäumenden Temperament ist das Wesentliche, was die junge Künstlerin Elisabeta Leonskaja kennzeichnet. Dies öffnet ihr die Pforten zu vollendeter Kunst, zu vollendetem musikalischen Schaffen“, schrieb der Hermannstädter Pianist Peter Szaunig (1933-2015) in einer Konzertchronik, die in der Hermannstädter ZeitungNr. 58 vom 21. Februar 1969 veröffentlicht worden. Es handelte sich um ein Konzert, das die damals 24-jährige Pianistin Elisabeth Leonskaja am 11. Februar 1969 in Hermannstadt bestritten hat.

50 Jahre danach erwies sich diese Einschätzung immer noch als treffend. Im Rahmen der Gastkonzerte des Internationalen George Enescu-Festivals in Hermannstadt spielte am Montag, den 9. September, Elisabeth Leonskaja auf der Bühne des Thalia-Saals die drei letzten Klaviersonaten von Ludwig van Beethoven (1770-1827), dessen 250. Geburtstag im Jahr 2020 ansteht. Die Ausnahmepianistin lebt seit 1978 in Wien und reist immer noch so gerne und viel wie vor 50 Jahren. Damals schrieb Szaunig, ihr Terminkalender zeuge von der Leistungsfähigkeit der Moskauer Musikstudentin: ,,Am 10. Februar Ankunft in Hermannstadt, am 11. Februar um 17 Uhr Schülerkonzert, um 20.30 Uhr Abendkonzert mit Mozart d-Moll und Liszt A-Dur (Anmerkung der Redaktion: mit dem Orchester der Hermannstädter Staatsphilharmonie unter der Leitung von Henry Selbing). Am 14. und 15. Februar Konzert in Bukarest (…). Rückkehr nach Moskau. Zwischen 20. und 26. Februar Konzert in Brüssel…“

Auch nach ihrem jüngsten Gastauftritt in Hermannstadt ging es weiter für die Pianistin, die am Tag darauf in Klausenburg konzertierte. Sie nahm sich trotzdem Zeit, mit einer Zugabe dem Publikum für den Stehapplaus zu danken und auch eine Autogrammstunde zu gewähren. Leider hatten die Veranstalter nicht genügend CDs auf Lager, so dass nicht alle daran Interessierten welche erstehen konnten. So kam es, dass die 1964 mit dem Großen Preis der 3. Auflage des George Enescu-Festivals Ausgezeichnete ihre Unterschrift auch u. a. auf Programmhefte der Hermannstädter Konzerte des Enescu-Festivals setzte.

Der kanadische Pianist Charles-Richard Hamelin ließ bei seinem Rezital am 5. September auf der Bühne des Thalia-Saals seine Hände regelrecht über den Tasten schweben.                                       
Foto: Ovidiu MATIU

Das erste Konzert der Reihe hatte das Monte Piano Trio – Francesco Sica (Violine), Claude Frochaux (Cello) und Irina Botan (Klavier) – bestritten, mit Werken von Enescu, Schoenberg und Chausson. Schwere Kost zum Auftakt, darf man wohl sagen. Und den russischen Dirigenten Maxim Vengerov zitieren, der in einem Interview, das er der Bukarester Tageszeitung Adevărulim Zusammenhang mit der diesjährigen Auflage des Festivals (31. August – 22. September) gewährte, sagte: ,,Enescu ist ein Planet, auf dem ich wohl nie landen werde“.

Enescus Suite Nr. 1 für Klavier stand auf dem Programm des Klavierabends mit Charles-Richard Hamelin (Kanada) am 5. September. Der Pianist schien die Tasten kaum zu berühren, seine filigrane Interpretation von Debussys ,,Images oubliées“ traf ebenso wie die Phantasiestücke Rachmaninows den Nerv des Publikums. Doch sein Lieblingskomponist ist Chopin. Welches Stück er als Zugabe spielte, war nicht zu hören, denn der Schlussapplaus endete  erst nachdem Hamelin in gewohnt feinfühliger Weise die Tasten berührte…

Als dritter Pianist im Bunde der Soloauftritte bekam der Japaner Nobuyuki Tsujii reichlich Stehapplaus am 12. September. Der blinde Musiker hatte das Publikum mit technisch ausgefeilten sowie gefühl- und temperamentvollen Interpretationen von Debussy, Ravel und Chopin begeistert und musste mehrere Zugaben spielen, was ihm offensichtlich großen Spaß machte. Kein Wunder, dass The Observerdem unter dem Kürzel ,,Nobu“ berühmt gewordenen Pianisten bescheinigt, er stelle die ,,Definition der Virtuosität“ dar.

Am Abend davor konzertierten David Grimal (Geige) und Grigor Asmaryan (Klavier), der Saal war voll. Der französische Geigenspieler begeisterte das Publikum sowohl mit seiner Virtuosität, als auch mit den klaren Tönen seiner Stradivarius-Geige aus dem Jahr 1710. Grigor Asmaryan aus Armenien begleitete die zwei Ravel-Stücke, das Poèm für Geige und Klavier von Chausson und die 3. Sonate von Enescu. Grimal spielt nicht zum ersten Mal in Rumänien, er war u. a. auch auf der Bukarester Bühne des George Enescu-Festivals zu sehen und ist mit einer Rumänin verheiratet.

Nicht unerwähnt bleiben darf der Veranstalter dieser Gastkonzerte, der Verein Play, der mit Unterstützung zahlreicher Sponsoren aber auch der Stadt- und Kreisverwaltung erneut den Musikliebhabern aus Hermannstadt und von überall große Freude bereitet hat.

Beatrice UNGAR

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Musik.