Beim Schneeschippen eingefallen

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Vorpremiere mit Steaua fără nume“ am Radu Stanca-Nationaltheater

Ausgabe Nr. 2623

 

Szenenfoto mit Viorel Rață, der in drei Rollen schlüpft, dem Regisseur der Inszenierung Florin Coșuleț und Mihai Coman, der zwei Rollen spielt (v. l. n. r.).
Foto: Vlad DUMITRU

„In einem kleinen rumänischen Städtchen der 30er Jahre führt das Schicksal eine junge verwöhnte Frau in das Haus eines weltfremden Mathematiklehrers. Die Zuneigung der beiden Menschen findet keine Erfüllung in einer dauerhaften Bindung, da sich die Frau nicht von ihrem luxuriösen Leben zu trennen vermag. Gefühlvolle Unterhaltung, einfühlsam inszeniert und gespielt.“ So wird das Stück „Stern ohne Namen“ (Steaua fără nume) des Schrifstellers Mihail Sebastian (1907-1945) auf der Webseite www.filmdienst.de beschrieben. Drei Vorstellungen der aktuellen Inszenierung durch den Schauspieler Florin Coșuleț wurden als Vorpremiere auf der Bühne des Radu Stanca-Nationaltheaters in Hermannstadt am 19. und 20. April, sowie am 5. Mai gezeigt. Die Premiere findet heute im Rahmen des Lucian Blaga-Festivals in Mühlbach/Sebeș Alba statt.

 

Seit 1966 muss sich jede Schauspielerin, die in die Rolle der geheimnisvollen Mona schlüpft, an der Leistung der berühmten Marina Vlady messen lassen, die in der Verfilmung von 1965 – eine französisch-rumänische Koproduktion mit dem Titel Mona, l’étoile sans nom“ in der Regie von Henri Colpi – die Hauptrolle gespielt hat. Die deutsche Premiere fand am 23. Dezember 1966 in der damaligen DDR statt.

Der Provinzlehrer Miroiu (Cătălin Pătru) versucht Mona (Cendana Trifan) zu erklären, was man an dem Sternenhimmel sehen kann.
Foto: Vlad DUMITRU

Der Autor des Stückes sei laut filmdienst.de Mihail Sadoveanu“. Bei der Premiere 1944 in Bukarest hatte ein ehemaliger Schulkollege von Mihail Sebastian aus Brăila, der Rechtsanwalt Ștefan Enescu, als Autor herhalten müssen, da Sebastian als Jude Aufführungsverbot hatte. Das Stück gefiel dem Theaterdirektor so sehr, dass er alles daran setzte und riskierte. Ausschlaggebend war für ihn ein Beitrag in einer Bukarester Zeitung, der das Geheimnis des Autoren dieses Stückes, an dem schon fleißig geprobt wurde, unbedingt gelüftet haben wollte. Hier war zu lesen: Das Stück geschrieben hat Mihail… Sadoveanu“… Die Premiere fand am 1. März 1944 im Alhambra/Theater in Bukarest statt, mit Nora Piacentini und Radu Beligan in den Hauptrollen.

Der Entwurf für das Filmplakat „Stern ohne Namen“ stammt von Werner Gottsmann.

Seither wird das Stück immer wieder gespielt, es gehört schon zu den Klassikern rumänischer Dramaturgie. Unglaublich aber wahr: Die Idee, dieses Stück zu schreiben hatte Mihail Sebastian beim Schneeschippen bei der Bahnhaltestelle Grivița am 7. Januar 1943, wie er in seinem Tagebuch schreibt. Als Jude musste er täglich zwischen sechs Uhr morgens und sechs Uhr abends zum Räumungsdienst antreten, es war ein harter Winter. Sebastian erhoffte sich, mit dem Stück genügend Geld zu verdienen, um die hohen Gebühren zu bezahlen, die der damalige Staat den Juden abverlangte. Nur so konnte er der Deportation entgehen. Er titelte das Stück zunächst Insula“ (Die Insel), dann Ursa Mare“ (Der Große Bär) und schließlich Steaua fără nume“. Alle, denen er es zum Lesen vorliegt sind begeistert.

Begeistert war auch das Publikum bei der Vorpremiere am 5. Mai in Hermannstadt. Die Schauspieler erhielten minutenlangen Stehapplaus.

Das Genre, in das das Stück einzuordnen wäre, ist schwer zu definieren, es ist köstlich geschrieben, man kann es als romantisches Liebesdrama, als dramatische Liebeskomödie, als Lustspiel mit dramatischen Akzenten lesen.

Die Schauspieler geben ihr Bestes, zur Freude der Zuschauer, die den Eindruck gewinnen, das Stück zum ersten Mal gesehen zu haben, auch wenn einige von ihnen den Text auswendig können.

Beatrice UNGAR

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Theater.