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Die Krefelder Künstlerin Patrizia Casagranda
„Wir verharren in unseren Standpunkten farbenfroher Privilegien, scheinbar auf den Wechsel wartend, der niemals kommen wird, wenn wir sitzen bleiben“. So lautet ein Leitsatz der deutsch-italienischen Künstlerin Patrizia Casagranda, die in Krefeld lebt und einen Teil des Jahres regelmäßig in Indien verbringt. Sie blieb also folgerichtig nicht sitzen, als der deutsche Konsul Hans Erich Tischler sie einlud, bei der Ausstellung „La masă – zu Tisch” mitzumachen, die zum Thema Europäische Gastronomie auf dem Flughafen in Hermannstadt am 15. April eröffnet wurde.
Dem Konsul empfohlen hatte sie eine Freundin aus Bonn, eine ehemalige Galeristin. Die Ausstellung selbst ist eine Initiative der Galerie Kunsthaus 7B in Michelsberg, die Thomas Emmerling ins Leben gerufen hat. Die erste Ausstellung auf dem Flughafen hatte letztes Jahr stattgefunden und sich der Unterstützung des Konsulats der Bundesrepublik Deutschland in Hermannstadt erfreut. In diesem Jahr gesellten sich zu den Veranstaltern das Balássi Kulturinstitut Bukarest, das Netzwerk EUNIC, das Institut Français und das Österreichische Kulturforum hinzu.
Patrizia Casagranda, die stets auf der Suche ist nach Neuem, stellt sechs Bilder unter dem Titel „Die verbotene Frucht“ aus. Es handelt sich natürlich jeweils um einen Apfel im Großformat, mit verschiedenfarbigem Gips auf Leinwand gestanzt. Bei der Leinwand handelt es sich um Stücke aus alten LKW-Planen, die auf Holz aufgezogen sind. Das tönt nach zerbrechlichem Hintergrund, aber die Künstlerin versicherte gegenüber der Hermannstädter Zeitung bei ihrem Besuch in der Redaktion, man könne einfach darüber laufen und es würde nichts passieren…
Casagranda möchte nach eigener Aussage mit diesen Bildern, deren Thema einen Zeibogen von 6.000 Jahren spannen – von dem Sündenfall, wo die Schlange Eva den Apfel anbot und diese ihn dann an Adam weiterreichte, bis zu der allbekannten Computerfirma Apple, die ihre Produkte mit echten Glaubenssätzen anpreist – auf die „neue Religion“, den Konsumismus, hinweisen. Apple habe die Konsumstrategie 1:1 aus der Religion übernommen, meint Casagranda. Sie möchte, dass die Betrachter sich mit diesem Thema auseinandersetzen, wobei sie darauf achtet, dass sich die Botschaft der Bilder nicht auf den ersten Blick erschließt. Die Künstlerin überlässt die Interpretation den Betrachtern, sie selbst überlässt sich oft dem Zufall bei ihrer Arbeit, die von Experimentierfreude bestimmt ist.
In Indien, wo sie Frauen, die vom Müllsammeln leben, porträtiert, indem sie Materialien aus den Müllfunden auf unterschiedliche Weise verarbeitet, habe sie festgestellt, dass diese eine unfassbare Lebensfreude und Vitalität ausstrahlen. Sie sagt: „In Europa grassiert die Angst vor der Zukunft. Wir könnten von Indien lernen.“
In der Ausstellung am Flughafen, die bis Jahresende zu besichtigen ist, stellen weitere sechs Künstler aus, die wir an dieser Stelle nach und nach vorstellen werden.
Beatrice UNGAR