Bei der fünften Auflage war der Traktor der Star
Ausgabe Nr. 2621
Man kann ihn schon von weitem hören und wenn er näher kommt, fängt der Boden an zu beben. Das rhythmische Tuckern eines Bulldogs klingt bei vielen wie Musik in den Ohren und hat schon fast eine beruhigende Wirkung. Bei der Parade der Oldtimer „Retroparada Primăverii“, die am Samstag, dem 13. April, auf dem Großen Ring stattfand, war der Lanz Bulldog Traktor der Star. Der Einzylinder Traktor aus dem Baujahr 1951 wurde vom Ehepaar Daniela und Hans Riehle extra für die Frühlingsparade eingefahren. Und das ist kein einfaches Unterfangen.
Zum Starten muss nämlich die Glühnase, die sich im Zylinderkopf befindet, mit einer Lötlampe zum Glühen gebracht werden. Das kann bis zu 20 Minuten dauern. Danach muss man die Lenksäule samt Lenkrad in die Schwungscheibe stecken und mit einer geübten Drehung dem Bulldog sein erstes rußgeschwärztes „Tuck-Tuck“ abringen. Von VW Käfern und Mercedes Benz umringt fühlte sich der einzige Traktor auf dem Großen Ring trotz Nässe und Kälte pudelwohl.
Hans Riehle stand in Lederhose gekleidet sichtlich stolz neben seinem Trecker und wusste einiges über den Oldtimer, den er zum größten Teil selber restauriert hat, zu sagen. Zum Beispiel, dass der Traktor in Mannheim gebaut wurde und dass die deutsche Firma Lanz Bulldog 1956 vom US-amerikanischen Unternehmen „John Deere“ übernommen wurde. Hans Riehle zur Seite stand seine Ehefrau Daniela im Dirndl. Sie stammt aus Heltau und ist vor 28 Jahren nach Deutschland ausgewandert. Sie teilt das Hobby ihres Mannes, der insgesamt vier Oldtimer-Traktoren und einen alten VW Bulli T1 besitzt. „Dieses Hobby ist wie eine Krankheit. Wenn man mal infiziert ist, kann man nicht aufhören zu sammeln“, erzählt Daniela, die seit dem Sommer letzten Jahres vollwertiges Mitglied der Hermannstädter Filiale des Retromobilclub Rumänien ist.
Und letzteren Club gibt es schon seit 10 Jahren in Hermannstadt. „Seit fünf Jahren organisieren wir die Retroparaden zwei Mal im Jahr: die Retroparade des Frühlings und die Retroparade des Herbstes“, erklärt Octavian Giurgiu, Leiter und Gründungsmitglied des Retromobil Club Hermannstadt. Insgesamt habe der Club mehr als 100 Mitglieder, von denen etwa 30 aktiv sind. Von der Größe her ist das die zweitgrößte Filiale in Rumänien. Das beliebteste Auto in Hermannstadt sei der Mercedes Benz, den es auch auf dem Großen Ring in vielen Varianten am Samstag zu sehen gab. „30 bis 40 Prozent aller Oldtimer sind Mercedes Benz. Mein erster Oldtimer war ein Mercedes Benz W 115 aus dem Jahr 1972, den ich immer noch seit 21 Jahren fahre und der hier auch ausgestellt ist,“ sagt Octavian, dessen Leidenschaft laut eigener Aussage vor 25 Jahren begann, als es nur in Bukarest einen Retromobil Club gab. Das erste Auto, das er je gefahren ist, war jedoch der Opel Record Sprint Coupe (Baujahr 1969) seines Vaters.
Auf dem Großen Ring waren am Samstag insgesamt 80 Oldtimer ausgestellt worden, das älteste Gefährt war der eben beschriebene Traktor Lanz Bulldog aus dem Jahr 1951. „Als nächstes planen wir ein Event unter dem Titel „Fabricat în România“ mit in Rumänien gebauten Fahrzeugen. Die Veranstaltung soll im Sommer stattfinden und wir möchten nur rumänische Fahrzeuge ausstellen: von den ersten Dacias bis zu Aro, Oltcit, Lăstun aber auch Motorräder wie Carpați oder Mobra,“ fügte Octavian Giurgiu hinzu. Nach der Parade in Hermannstadt fuhren alle Teilnehmer in einer langen Kolonne zur Sommerresidenz des Barons Samuel von Brukenthal nach Freck, wo die schön gepflegten Oldtimer alle Blicke auf sich zogen.
Cynthia PINTER