Wichtig: „die Begegnung auf Augenhöhe“

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Udo Puschnig und Wolfgang Platzer beim Männerfrühstück in Neppendorf

Ausgabe Nr. 2617

Pfarrer Dietrich Galter, der Vorstandsvorsitzende der EAS, Wolfgang Platzer, Udo Puschnig und Michael Kothen (v. l. n. r.).      Foto: Werner FINK

„Das Rumänienbild in Österreich“ war das Thema des Männerfrühstücks am vergangenen Samstagmorgen im Tagungshaus der Evangelischen Akademie Siebenbürgen in Neppendorf, wobei sich zu diesem Thema die beiden eingeladenen Gäste Udo Puschnig und Wolfgang Platzer von der Kärntner Landesregierung äußerten. Die beiden waren erstmals im März 1989 mit einer Hilfslieferung nach Rumänien gekommen. Seitdem folgte eine lange Serie von Rumänienreisen. Bekannt sei Rumänien in Österreich u. a. auch durch mehrere Initiativen und Partnerschaften geworden, nicht zuletzt durch die Kärntner Landlerhilfe.

 

Die beiden versuchten über verschiedene Gebiete einen Überblick zu verschaffen, wobei sie als Einleitung eine Vielzahl von statistischen Daten vorlasen. Betont werden sollte damit, dass die Verbindung zwischen Rumänien und Österreich viel stärker sei, als man glaube.

Beispielsweise habe Rumänien laut dem Statistischen Jahrbuch für Migration und Integration 2018 auch im Jahr 2017 mit 17.863 Zuzügen nach Österreich an erster Stelle vor Deutschland und Ungarn gelegen, d.h., der größte Teil der Personen, die nach Österreich zugezogen seien, stammte aus Rumänien. Die Anzahl der rumänischen Staatsangehörigen in Österreich soll vor allem durch den EU-Beitritt Rumäniens 2007 besonders stark gestiegen sein.

Hervorgehoben wurde auch die Beliebtheit Österreichs bei den Rumänen als ein touristisches Ziel, die diplomatische Verflechtung, aber auch der wirtschaftliche Bereich. Österreich belege was die Investitionen betreffe, hinter den Niederlanden und Deutschland den dritten Rang. Derzeit ist Österreich Rumäniens zwölftgrößter Exportmarkt und neuntgrößter Importmarkt.

Das Rumänienbild, das die Rumänen oft selbst transportieren, sei oft ein anderes, als es von den betroffenen Personen wahrgenommen werde, habe sich herausgestellt bei Gesprächen mit in Österreich arbeitenden Rumänen, von denen einige auf ihr eigenes Land geringschätzig blickten. Es sei eine Herausforderung daran zu arbeiten, dass die Rumänen, die ins Ausland fahren, bessere Botschafter ihres Landes sein sollten.

In einem Artikel sei auf die große Anzahl der Betreuer aus Slowakei und Rumänien hingewiesen worden. Die Altenpflege im eigenen Haus sei ohne die wertvollen Kräfte aus Rumänien gar nicht möglich.

Viele Anbieter haben Rumänien in ihrem Sortiment stark aufgenommen. Es gebe Kulturreisen zu erschwinglichen Preisen, die von Österreich nach Rumänien angeboten werden und auch sehr gut gebucht werden. So kämen die meisten Reisenden bzw. Touristen mit einem vollkommen anderen Rumänienbild nach Österreich zurück, als sie es vor der Reise hatten. Vor allem der Kulturreichtum in vielen historischen Städten erzeuge Begeisterung, wo u.a. sich diese durch das altösterreichische Erbe wie zu Hause fühlten. Im Blick haben auch viele das Stadt-Land-Gefälle. Bewunderung fänden aufs erste zwar die Urtümlichkeit der Dörfer, die Pferde- oder Ochsenkarren, aber wenn das in gewissen Dörfern noch der Alltag ist, sei es das Spiegelbild einer doch sehr bescheidenen Situation der Dorfbewohner.

In Berichterstattungen in denen Rumänien vorkomme, seien es eher kritische Berichte. Der Fokus liege auf Rumänien aufgrund des EU-Vorsitzes, wobei Klaus Johannis der Regierung vorwarf, dass sie nicht reif genug für den Vorsitz sei, was auch in der österreichischen Presse definiert worden sei. „Völlige Verachtung“: EU-Mandatarin kritisiert Kanzler Kurz, „Rumänien attakiert EU kurz vor Beginn des EU-Ratsvorsitzes“, „Rumänien: Schatten über dem ersten EU-Ratsvorsitz“ lauteten einige der Schlagzeilen.

Andere Themen seien gewesen, dass die Familienbeihilfe in Österreich für die Kinder von Ausländern, die in Österreich arbeiten, gekürzt wurde. Das sei breit reflektiert worden, natürlich nicht nur Rumänien betreffend, sondern auch was die anderen Ländern, die davon betroffen waren, wie Slowakei, Ungarn, Polen, Slowenien, Bulgarien.

Es fänden sich aber auch immer positive Berichte in der Presse, wo unterstrichen worden sei, dass sehr viele Rumänen in Österreich in der Wirtschaft tätig seien und außergewöhnlich oft den Weg in die Selbstständigkeit wagten. So seien im Dezember 2017 knapp 30.000 Rumänen in Österreich auf eigenen Beinen gestanden, hätten ihre eigene Firma, im Baugewerbe, im Handel, in der Gastronomie, viele sind aber auch unselbstständig beschäftigt, und es gebe auch 18.000 arbeitslose Rumänen in Österreich. Im gleichen Artikel werde bemerkt, dass das Rumänienbild in Österreich nicht immer das beste sei, und in die Schlagzeilen Rumänen dann gerieten, wenn über organisiertes Betteln und Eigentumsdelikte berichtet werde.

Mehrere Initiativen und Partnerschaften, darunter auch die Kärntner Landlerhilfe, die 2018 ihre Arbeit eingestellt hat, seien bekannt geworden, wobei diese die Geschichte der auch aus Kärnten stammenden Landlerinnen und Landler mit den drei Landlerdörfen Neppendorf, Großau und Großpold in die Öffentlichkeit gebracht habe. Dadurch sei Rumänien auch in Kärnten ein Begriff geworden. Allerdings werde auch nach der Einstellung der Arbeit der Landlerhilfe der Fahrdienst mit Betreuungscharakter durch das Land Kärnten fortgesetzt.

Weiterhin gebe es eine Städtepartnerschaft zwischen der Landeshauptschadt Klagenfurt am Wörthersee und der Stadt Hermannstadt, mit gegenseitigen Delegationsbesuchen, wobei die Bürgermeisterinnen die sich recht gut verstünden, neuen Schwung in die Städtepartnerschaft hereinbrachten.

Außerdem gibt es auch eine evangelische Gemeindepartnerschaft. Es gebe hier vielfältige Aktivitäten, man habe Gespräche geführt mit Stadtpfarrer Kilian Dörr und Dechant Hans-Georg Junesch, u.a. über eine wechselseitige Jugendbegegnung, wo man sich gegenseitig die Städte und Regionen zeige.

Heuer gebe es den 30. Europäischen Volksgruppenkongress, wo die Delegationen aus Rumänien wie in den Vorjahren auch zum Rumänienbild beitragen werden.

Viele der Jugendlichen und Erwachsenen, die mit Delegationen nach Rumänien mitkämen, gingen mit einem anderen Rumänienbild nach Hause, als das, mit dem sie hergekommen seien. Wichtig sei daher, „die Begegnung auf Augenhöhe“.

Was noch in österreichischen Medien vorkomme, seien die zahlreichen Sozialprojekte, die von österreichischen Organisationen in Rumänien durchgeführt werden, auch von Landsmannschaften, aber auch über Romaprojekte wie Elijah oder auch armutsgefährdete Jugendliche, ein Bild, das wiederum dazu beiträgt, dass Rumänien als eines der ärmeren Länder Europas eingestuft werde.

„Das Rumänien, was ich 1989 erlebt habe, und das Rumänien, was ich 2019 erlebt habe, ist überhaupt nicht zu vergleichen. Es ist ein moderneres Land geworden“, schlussfolgerte Udo Puschnig.

Werner FINK

 

 

 

 

 

 

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Gesellschaft.