„Morgengruß und Wegbegleiter”

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Die Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien feierte ihren 70. Geburtstag

Ausgabe Nr. 2617

Paul-Jürgen Porr (stehend) sprach über die ADZ, dabei waren u. a. Rohtraut Wittstock und Cord Meier-Klodt (sitzend rechts) und Christiane Cosmatu (links vorne).                                    
Foto: Ruxandra STĂNESCU

Auf eine 70-jährige Erfolgsgeschichte blickten aktuelle und ehemalige Redakteure und auch ihre Gäste am vergangenen Samstag zurück: Die Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien(ADZ) feierte ihren 70. Geburtstag. Aus diesem Anlass wurde im Schillerkulturhaus in Bukarest eine kleine Feier vorbereitet, die von der Chefredakteurin der ADZ, Rohtraut Wittstock, moderiert wurde. Am 13. März 1949 erschien in Bukarest die erste Ausgabe der Tageszeitung Neuer Weg, die im Januar 1993 in die Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänienumgewandelt wurde.

 

Eröffnet wurde die Feier mit einem Grußwort der Chefredakteurin Rohtraut Wittstock und einer kurzen Vorstellung der ADZ, deren Herausgeber und Eigentümer das Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien (DFDR) ist. Dabei begrüßte sie die Vertreter des Forums, den Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Bukarest, Cord Meier-Klodt und Christiane Cosmatu, Unterstaatssekretärin im Departement für Interethnische Beziehungen, aber auch die heutigen und ehemaligen Mitarbeiter, die im Schillerkulturhaus anwesend waren.

In der Jubiläumsausgabe der ADZ, Nr. 6560/13. März 2019,  hatte die Chefredakteurin in ihrem Artikel „Kontinuität und Diskontinuität” über die Geschichte der Publikation berichtet. Die Tageszeitung Neuer Weg sei 1949 ins Leben gerufen worden, um „in der deutschen Bevölkerung die kommunistische Ideologie zu verbreiten und  diese für den sozialistischen Aufbau der Gesellschaft zu gewinnen.” Trotz dieser Propagandafunktion hat der Neue Weg„wesentlich zur Herausbildung eines gemeinsamen Bewusstseins der deutschen Identität der unterschiedlichen deutschen Gruppen in unserem Land beigetragen.” Auch über die ersten Jahre nach der Wende  berichtet der Artikel, und über die Übernahme im November 1993 der Banater Zeitungund im Januar 1996 der Karpatenrundschauals Beilagen der ADZ.

„Ich möchte nicht über die Geschichte unserer Zeitung sprechen”, erklärte die Chefredakteurin, „ich will nur einen Aspekt herausgreifen: Die Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien wird als Nachfolgerin des Neuen Weges70 Jahre alt. Sind wir eine alte Zeitung? Mitnichten! Am Anfang der 90-er Jahre stellten sich angesichts des Umbruchs und des Massenexodus der Deutschen aus Rumänien sehr bedeutende Fragen: Wie lange wird es diese Zeitung noch geben? Wer wird sie machen, denn der Exodus betraf auch die Mitarbeiter in der Redaktion. Und wer wird die Zeitung lesen? Behalten wir diese Fragen im Hinterkopf –  man soll sie sich immer wieder stellen – und sehen wir uns ein bisschen an, wer die Zeitung macht.” Rohtraut Wittstock sprach auch die Situation der Mitarbeiter an: In den letzten fünf Jahren sind 13 davon weggegangen, allerdings wurden auch neue angestellt, so dass die Redaktion „deutlich verjüngt” ist. Die Vielfalt in der Belegung spiegelt sich auch in der Leserschaft wieder“, so die Chefredakteurin, doch „wünschen wir uns viel mehr Leser und Abonnenten”.

Petra Acker (links) und Albert Tajti sangen und spielten Jazzmusik.
Foto: Ruxandra STĂNESCU

Rohtraut Wittstock bedankte sich anschließend bei „der Leitung und Geschäftsführung des Demokratischen Forum der Deutschen in Rumänien, zu denen ein sehr gutes und vertrauensvolles Verhältnis besteht”, aber auch bei allen Mitarbeitern und allen Gästen, „denn sie sind in der einen oder anderen Richtung unsere Partner, die zum Bestehen und Bewahren dieser Zeitung beitragen.“

Der DFDR-Vorsitzende Dr. Paul-Jürgen Porr übernahm das Wort und bedankte sich für die Ehre, „bei dem ehrwürdigen runden Jubiläum dabei zu sein.” Bei der Feier zum 50. Gründungsjubiläum der  Hermannstädter Zeitung im Vorjahr hatte er erklärt, jede Ausgabe dieser Publikation gelesen zu haben. Nun witzelte Porr: „Das kann ich heute leider nicht behaupten, da die Zeitung älter ist als ich und dann hat es auch einige Jahre gedauert, bis ich lesen gelernt habe”. Der NeueWegsei allerdings trotz der ersten Seiten, die der obligatorischen Propaganda gewidmet werden mussten „meines Erachtens die lesenswerteste Zeitung in Rumänien” gewesen, so der Vorsitzende,  der einige seiner Lieblingsrubriken nannte, denn „Volkskunde wurde groß geschrieben”. Dabei wurde vom Neuen Wegeine Verbindung geschaffen,  „zwischen Banater und Sathmarschwaben, Sachsen und Landlern, Zipsern, Altreichdeutschen und Bukowinadeutschen”, die einmalig war.

„Dann kam der Dezember 1989”, erinnerte sich Paul-Jürgen Porr, „man konnte nun unzensiert schreiben, aber kurz danach erfasste die große Auswanderungwelle auch viele der NW-Redakteure. Zum Personalmangel gesellten sich auch finanzielle Herausforderungen des freien Marktes, der Neue Wegkonnte mit seiner kleinen Auflage nicht rentabel sein. Unter Mithilfe der Deutschen Botschaft Bukarest wurde statt des Neuen Wegsdie Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänienaus der Taufe gehoben. Um die Karpatenrundschauund die BanaterZeitungzu retten, wurden diese zu Beilagen der ADZ. Bald darauf wurde das Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien Herausgeber der Zeitung, um von den Mitteln, die die rumänische Regierung der deutschen Minderheit zur Verfügung stellt, auch die ADZzu subventionieren”, erinnerte sich Porr an die schweren Zeiten. Er war es auch, der die Initiative ergriff, für die Zeitung zu kämpfen und somit Geschichte schreiben durfte, als  das DFDR beschloss, die ADZnur noch als Wochenzeitung erscheinen zu lassen: „Gleich nach der Sitzung ging ich nach Hause zu Klaus Johannis, der damals Forumsvorsitzender war und plädierte mit allen möglichen Argumenten für den Beibehalt der ADZals Tageszeitung. In seiner lapidaren Art sagte er: ,Na gut, dann kümmere dich du ab jetzt seitens des Forums um die ADZ‚. Und siehe da, es sind Jahre vergangen, die ADZist Tageszeitung geblieben, und zwar die einzige im Südosten Europas. Sie steht finanziell nicht schlechter da als damals, es wurden neue Redakteure und Redakteurinnen angestellt und das Team wurde konsistent verjüngt. Es erscheint regelmäßig das Deutsche Jahrbuchund sogar das Komm  Mitwurde revitalisiert.”

Als Vertreter des DFDR und somit des Herausgebers erklärte Porr, dass das Forum nie in die Redaktionspolitik eingegriffen hat und nie eingreifen wird: „Wir waren stets bemüht, die Zeitung nicht zu einem Vereinsblatt zu degradieren”, erklärte er und wünschte im Anschluss alles Gute zum Geburtstag und „eine gesicherte Zukunft auch für die nächsten 70 Jahre”.

Cord Meier-Klodt, Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Bukarest,  begann seine Rede „mit einigen ganz banalen persönlichen Worten: Mein Tagewerk hier in Bukarest beginnt nämlich mit der ADZ. Zum geliehenen Privileg eines Botschafters gehört auch, morgens mit dem Auto abgeholt zu werden und in dem Auto liegt immer bereits die ADZfür den Weg ins Büro. So ist mir die Zeitung vom ersten Tag an Morgengruß und Wegbegleiter gewesen. Sie hat mit geholfen, mich in Rumänien besser zurechtzufinden, das Land zu erschließen, besonders natürlich die Themen der deutschen Minderheit, aber bei Weitem nicht nur. Mir gefallen besonders der sachliche Ton der politischen Berichterstattung und die ausgewogene Mischung von nationalen und internationalen Nachrichten. So ist die Zeitung im umfassenden Sinne eine wichtige Informationsquelle zu aktuellen Themen im Lande. Und sie trennt professionell zwischen Nachricht und Kommentar.”

Der „altehrwürdigen Dame” erwies der Botschafter im Applaus der Anwesenden auch seine Reverenz: „Sărut mâna, ADZ! (Küss die Hand, ADZ).”

„Man halte sich vor Augen: die ADZals einzige deutschsprachige Zeitung aus Südost-europa!”, setzte Cord Meier-Klodt seine Rede fort, und nahm Bezug auf den Jubiläumsartikel der Chefredakteurin, ,Kontinuität und Diskontinuität‘, in dem sich aus der hässlichen Raupe Neuer Wegder Schmetterling ADZ entpuppt hat.   Jedoch unterstrich er, dass trotz Zensur der Neue Weges geschafft hat, „sich gewissermaßen zwischen den Zeilen für die Anliegen der deutschen Minderheit in Rumänien einzusetzen.” Wichtig war auch die Zeit nach der Wende, als es die ADZschaffte, trotz allem zu überleben und „der Abwanderung der Leserschaft etwas entgegenzusetzen”, u. a. durch die Aufnahme der Karpatenrundschauund der BanaterZeitung.

Heutzutage ist die „ADZ fast überall vorort”, erklärte der Deutsche Botschafter: „Durch eine gut gemachte Zeitung trägt die ADZneben dem Erhalt der deutschen Identität im Lande heute wesentlich dazu bei, und hilft, diese moderne rumänische Identität aktiv mitzugestalten:  Eine Identität gemeinsamer europäischer Werte, eine Identität der Einheit in kultureller  und sprachlicher Vielfalt, der Toleranz und des Gemeinschaftssinns und der guten Eigenschaften der traditionellen Werte aus dem Erbe der deutschen Minderheit, kurzum, eine zutiefst europäische Botschaft”.

„Ich kann und möchte mir Rumänien ohne die ADZnicht vorstellen, sie ist integraler Bestandteil der Medienlandschaft. Die Deutsche Botschaft und unsere Konsulate werden sich wie bisher nach Kräften unterstützen und, wo immer Bedarf an Hilfe ist, diesen leisten. Die ADZ, sie lebe hoch, la mulţi ani!”, schloss Botschafter Cord Meier-Klodt seine Rede ab.

Im Anschluss an die Reden wurde die ADZpräsentiert, danach trat in einem Rezital die Mitarbeiterin Petra Acker, mit dem Pianisten Albert Tajti auf, die u. a. auch siebenbürgisch-sächsische Lieder von Hans-Peter Türk vortrugen, allerdings in einer moderner Fassung.

Die ADZ-Mitarbeiter und ihre Gäste entspannten sich danach an einem reichhaltigen  Büffet, es gab Speis und Trank und angeregte Gespräche. Die Gäste gingen nach Hause, die jungen Redakteure feierten entspannt weiter und freuten sich auch am Tag danach über ein gemeinsames Treffen in der Bukarester Redaktion der Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien.

Ruxandra STĂNESCU

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Veröffentlicht in Medien, Aktuelle Ausgabe.