„Ich gehe und gehe…”

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Oana Pellea und Mihai Gruia Sandu waren in Hermannstadt zu sehen

Ausgabe Nr. 2614

 

Oana Pellea (rechts) und Mihai Gruia Sandu.                            Foto: TFC

„Seit 24 Jahren spielen wir dieses Stück”, sagt die Bukarester Schaupielerin Oana Pellea ihrem Bühnenkollegen Mihai Gruia Sandu. Das ist nicht nur eine Replik des Stückes, sondern auch die Wahrheit, denn auf den ersten Postern des Stückes „Mă tot duc…” (Ich gehe und gehe…), sind die beiden Bukarester Schauspieler viel jünger. Das Stück, frei nach William Shakespeare und Marc Doré ist allerdings zeitlos und wurde vergangene Woche auf der Bühne des Ion Besoiu-Kulturzentrums gezeigt.

 

Tutuca und Solido – zwei Personen spielen auf einer ganz leeren Bühne. Tutuca in einem schwarz-weißen Sommerkleid und leichten Schuhen und einer kleinen weißen Handtasche um den Hals, Solido in einem schwarzen Anzug, mit weißem Hemd. Lediglich drei rote Akzente gibt es: Tutuca hat auf dem Rücken eine kleine rote Schleife, beide tragen rote Clownnasen.

So einfach ist auch ihre Geschichte und das ganze Stück: Die beiden  befinden sich an einem kritischen Punkt ihrer Beziehung, denn sie wollen oder müssen sich fast trennen, können es aber nicht. Wie ein Leitmotiv des Stückes bereiten sie sich auf diese Trennung vor und erleben zusammen immer wieder die letzte Minute ihrer Beziehung. „Die letzte Minute ist stets schwerer für den, der zurückbleibt, als für den, der geht.” Dabei blicken sie zurück auf ihr gemeinsames Leben, das nicht so geworden ist, wie sie vielleicht wollten. Nichtdestotrotz ist das Stück eher lustig als traurig, das Publikum lacht oft. Dramatische Akzente kommen aber vor, sobald die rote Clownnase weg ist. Tutuca nimmt für eine Minute die Nase runter und sagt, was sie eigentlich fühlt und dass sie mehr vom Leben haben wollte. Dann kommt die Nase wieder zurück, Tutuca wird wieder fröhlich und kindisch und bleibt viel länger so.

Mihai Gruia Sandu stellt sein Talent als Mime unter Beweis und stirbt wortlos tausend Tode vor den Augen des Publikums: Er erschießt sich, er hängt sich auf,  er trinkt Gift, er schneidet sich die Kehle durch, er ersticht sich. Dann fällt er dramatisch um, das Publikum lacht Tränen, die Szene hat keine drei Minuten gedauert. Dann kommt Tutuca und spricht ein klares Wort: „Solido, du bist senil. Du bist nämlich nicht Julia.” Enttäuscht steht Solido auf, er hat sich nämlich ganz schön in diese Person hinein gespielt. Das Paar lacht und versucht erneut, sich zu trennen.

Ein weiterer Höhepunkt des Theaterstückes ereignet sich bei einer gemeinsamen Erinnerung an ein ganz tolles Festessen, mit Hund, Onkel, Kerzen, Bedienung und einer Schüssel mit kleinen blauen Blumen. Die Szene wird aufgebaut und wird dann tadellos von Oana Pellea wiedergegeben, sowohl in französisch, als auch italienisch. Italienisch kommen dann auch noch die typischen Gesten dazu, die Bedienung hatte große Brüste. Dabei wechselt der Hund ganz sympathisch den Namen, wird von Mercedes Full Option zu Renault und dann zu Ferrari. Auf YouTube ist diese Szene sogar zu sehen, wurde von einem Theaterbesuch vor Jahren hochgeladen, als Oana Pellea noch braune Haare hatte. Das Publikum applaudiert begeistert.

Dabei wird klar, dass beide ihre eigenen Probleme haben, die sie „Zwerge” nennen und sie stellen fest: Wenn man zu zweit lebt, vermehren sich die Zwerge wie verrückt.

Am Ende bleibt unklar, ob sich Tutuca und Solido schließlich trennen oder nicht. Es gibt Stehapplaus, das Publikum geht begeistert nach Hause.

„Ich gehe und gehe…“ kann in Bukarest auch weiter gesehen werden, denn es ist fast ein Klassiker auf den Bukarester Bühnen mit einer zwanzigjährigen Spielzeit.

Ruxandra STĂNESCU

 

 

 

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Theater.