Ausgabe Nr. 2613
Bei der Lektüre Gregor von Rezzoris autobiografischem Buch „Mir auf der Spur“ entdeckte ich die Wortverbindung „heimatlicher Kukuruz“.
Der in Czernowitz (Bukowina/Österreichisch-Ungarische Monarchie) geborene Autor verbrachte einige Jahre auch in Siebenbürgen. Da tauchte auch mir, dieses fast vergessene Wort, aus dem Nebel meiner Hermannstädter Erinnerungen wieder in meiner Bewusstheit auf und weckte das Interesse, seine „Herkunftsspuren“ zu verfolgen. Über die Wortherkunft von Kukuruz herrscht allerdings Uneinheitlichkeit in einem Maße, wie man das selten erlebt. Ich versuche jedoch, in diesem „Wortherkunftslabyrinth“ eine logische Spur zu finden.
Zuerst wurde behauptet , das Wort käme aus dem Ungarischen (kukorica), dann aus dem Türkischen. Nach Bertelsmann ist es rumänischer Herkunft (cucuruz), nach Duden 5 leitet es sich aus dem Serbischen (kukuruz) oder Tschechischen (kukurice) her und nach Duden 1 ist es einfach „slawisch“. In den meisten Wörterbüchern (Lexikons) steht jedoch bei Herkunft türkisch oder slawisch. Der Leipziger Duden lässt mit „türkisch/slawisch“ vermuten, dass das Wort ursprünglich türkisch war, aber über eine slawische Sprache ins Deutsche gekommen ist.
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Das Wort könnte von den Kuruzen, Kuruzzen, Kurutzen (im Rumänischen auch „curuţi“ genannt, aus dem ungarischen: kuruc= Heiducken) abgeleitet sein. Die Kuruzzen waren zwischen 1671 und 1711 bewaffnete antihabsburgische Aufständische in Ungarn. „Kukuruz“ ist demnach das Korn der Kuruzzen, das in Teilen Österreichs auch „Türkenkorn“ genannt wird. Dort gibt es auch den „Türkensterz“, eine Speise aus Maisgrieß, ähnlich der Polenta. An die Kuruzzen erinnert also die österreichische Bezeichnung für Mais (in Österreich und Teilen Altbayerns auch Kukuruz genannt).
Jetzt haben wir also eine „Wortbrücke“ vom Türkischen über das Ungarische zum Österreichischen. Ich muss vermuten, dass das Wort „Kukuruz“ aus dem Österreichischen in den deutschen Sprachgebrauch in Siebenbürgen entlehnt wurde (siehe auch die Verwendung bei Gregor von Rezzori). So gelangte „Kukuruz“ im pluriethnischen Siebenbürgen auch als „cucuruz“ ins Rumänische.
Dieses sind natürlich nur sprachgeschichtliche „Hypothesen“. Was bleibt, ist aber die Erinnerung an die Bäuerinnen, die ihre frisch gekochten und gesalzenen oder gegrillten Maiskolben auf dem „Zibinsmarkt“ in Hermannstadt oder auch auf der Bretterpromenade vor dem „Bulevard-Hotel“ mit stimmgewaltiger „Werbung“ als „cucuruz“ anpriesen.
Peter BETSY
Augsburg