„Liebt das Theater!”

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Die Schauspielerin Ildiko Jarczek-Zamfirescu ist tot

Ausgabe Nr. 2607

Ildiko Jarczek-Zamfirescu (Bildmitte) mit  ihrem Gatten, dem Bühnenbildner Traian Zamfirescu (rechts) und Elke Sabiel, ehemalige Vertreterin der Friedrich Ebert-Stiftung in Rumänien, bei der Gala zum 55. Gründungsjubiläum des Deutschen Staatstheaters Temeswar (DSTT) am 29. November 2008.                                   
Foto: Beatrice UNGAR

„Sie hat nicht nur als Schauspielerin sondern auch als Intendantin geradezu Übermenschliches geleistet.“ Mit diesen Worten würdigte der Dramaturg Franz Csiky (1950-2016) die Schauspielerin, Intendantin und Regisseurin Ildiko Jarczek-Zamfirescu bei der Jubiläumsgala am 29. November 2008, als das Deutsche Staatstheater Temeswar sein 55jähriges Bestehen feierte. Am 9. Januar d. J. ist Ildiko Jarczek-Zamfirescu in Temeswar gestorben.

 

Nach ihrem Philologiestudium in Temeswar und der Schauspielausbildung an der deutschen Abteilung der Bukarester Nationaluniversität der Theater- und Filmkunst „Ion Luca Caragiale“ debütierte die am 3. Oktober 1944 in Temeswar geborene Schauspielerin 1970 am Staatstheater in Botoșani in der Rolle der Kuhmagd in Bertolt Brechts Herr Puntila und sein Knecht Matti“. Nach einem kurzen Engagement am Nationaltheater Temeswar wurde sie 1973 Schauspielerin am Deutschen Staatstheater Temeswar, wo sie bis 2003 und dann wieder seit 2004 bis 2008 wirkte. Von den mehr als 100 Rollen seien einige erwähnt: Amelia, in Bernarda Albas Haus“ von Federico García Lorca (Regie: Nikolaus Wolcz, 1974); Minna, in Minna von Barnhelm“ von Gotthold Ephraim Lessing (Regie: Otto Lang, DDR, 1975); Eva, in Meister Jakob und seine Kinder“, Bühnenfassung von Hans Kehrer nach Adam Müller-Guttenbrunn (Regie: Margot Göttlinger, 1977); Maria, in Was ihr wollt“ von William Shakespeare (Regie: Cristian Hadji-Culea, 1978); Chiriţa, in Chiriţa in der Provinz“ von Vasile Alecsandri (Regie: Bogdan Ulmu, 1984); Anna Fierling, in Mutter Courage und ihre Kinder“ von Bertolt Brecht (Regie: Darida István-András, 1988); Martha Rull, in Der zerbrochene Krug“ von Heinrich von Kleist (Regie: Dr. Frieder Lorenz, D, 1992); Katharina, in Helden“ von George Bernard Shaw (Regie: Martin Baucks, D, 1997); Anna Fierling, in Mutter Courage und ihre Kinder“, von Bertolt Brecht (Spielleitung: Victor Ioan Frunzã, 2001); Die Alte, in Sibirien“, von Felix Mitterer (Regie: Zeno Stanek, A, 2003); Semiramis, in Die Stühle“, von Eugène Ionesco (Spielleitung: Victor Ioan Frunză, 2005; zum 60. Geburtstag, den sie eigentlich am 3. Oktober 2004 gefeiert hatte). Als Höhepunkt ihrer Karriere ist die Inszenierung Zwei Schwestern. Eine schwäbische Passion“ von Hans Kehrer zu bewerten, die 1980 Premiere hatte und am 26. April 2000 wieder ins Repertoire des DSTT aufgenommen wurde. Hier spielt Ildikó Jarczek-Zamfirescu gemeinsam mit ihrer Schwester Ida Gaza.

Sie spielte auch in rumänischen Spielfilmen von Mircea Daneliuc, Lucian Pintilie. Auch als Übersetzerin aus dem Rumänischen trat sie in Erscheinung: „Das Spiel vom Leben und Tod in der Aschewüste“ von Horia Lovinescu (1979), „Der Mann im Badezimmer“ von Mircea Radu Iacoban (1979), „Die Wirtschafterin“ von Alexandru Sever (1980), „Kinder und Eltern“ von Ion Băieșu (1985).

Nach der Wende war die Künstlerin mehrfach an Produktionen in Baden-Baden beteiligt: Sie inszenierte „Zwei Schwestern“ (1992), „Der verlorene Brief“ von Ion Luca Caragiale (1994) und Nachtasyl“ von Maxim Gorki (1996) .

Von 1983 bis 2001 war sie Intendantin des Deutschen Staatstheaters Temeswar. In dieser Eigenschaft kommen ihr besondere Verdienste in der Bewahrung und Förderung des rumäniendeutschen Berufstheaterbetriebs umso mehr zu, als es ihr nach der massiven Auswanderungswelle Anfang der 90er Jahre gelungen ist, ein vorwiegend junges Ensemble zusammenzustellen und das DSTT als eine der Spitzenbühnen Temeswars und des Banats neu zu etablieren.

Von 1992 bis 2003 und wieder seit 2006 unterrichtete sie Schauspiel und Sprecherziehung an der deutschen Schauspielabteilung an der Musikfakultät der Temeswarer West-Universität. Sie spielte in fast allen Ortschaften Rumäniens mit deutscher Bevölkerung, sowie auf Gastspielen in Ungarn, Polen, Österreich und Deutschland.

Ildikó Jarcsek-Zamfirescu war Mitglied des Rumänischen Theaterverbandes UNITER und Mitglied von Thalia Germanica. Sie wurde ausgezeichnet mit der Stefan-Jäger-Ehrenmedaille und dem Ehrendiplom des Demokratischen Forums der Deutschen im Banat für besondere Verdienste in der Förderung der deutschen Kultur in Rumänien (2000), mit dem Kulturpreis Pro Cultura Timisiensisdes Temescher Kreisrates (2004) und dem Exzellenzdiplom der Stadt Temeswar.

Ihr Vermächtnis lautet: Liebt das Theater!“ Dies waren die einzigen Worte, die Ildikó Jarczek-Zamfirescu bei der Gala zum 55. Jubiläum des DSTT gesagt hat.

Möge Sie in Frieden ruhen!

 

 

 

 

 

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Persönlichkeiten.