100 Jahre Deutsche in Rumänien unter der Lupe
Ausgabe Nr. 2607
Das Buch „Un veac frământat. Germanii din România după 1918” (Ein bewegtes Jahrhundert. Die Deutschen in Rumänien nach 1918) wende sich vor allem an das rumänische Publikum, betonte Prof. Dr. Sorin Radu, Dekan der Fakultät für Geisteswissenschaften der Lucian Blaga-Universität, bei der Vorstellung des Bandes kurz vor Jahresende 2018 in der Astra-Bibliothek in Hermannstadt.
Es wimmele nämlich immer noch von Missverständnissen und Klischees, wenn es um die deutsche Minderheit in Rumänien geht oder um deren Beziehungen zu der rumänischen Mehrheitsbevölkerung, sagte Dr. Radu. Insofern sei diese von dem Historiker und Soziologen Ottmar Trașcă und seinem Kollegen Remus Gabriel Anghel betreute Sammlung von zehn Studien zu begrüßen, da diese für ein breites Publikum „zugänglich“ geschrieben seien.
Er sei zunächst skeptisch gewesen, ob dieses Unterfangen, die Geschichte der Deutschen in Rumänien nach 1918 in einem Band, der sowohl für die Fachwelt als auch das breite Publikum bestimmt sein sollte, interdisziplinär – vom historischen und vom soziologischen Standpunkt – zu behandeln, gelingen könne. Das Ergebnis lässt sich sehen. Allerdings seien nicht alle Themen, die die deutsche Minderheit in Rumänien betreffen, behandelt worden und insofern, so Trașcă, sei das Buch ein „Impulsgeber für weitere Studien“.
Der Historiker Vasile Ciobanu, der in seinem Beitrag die Zeitspanne 1918-1933 beleuchtet, zeigte sich bei der Buchvorstellung erfreut, dass er Nachfolger habe, die sich der Geschichte der deutschen Minderheit in Rumänien widmen und forderte alle lebenden Zeitzeugen auf, alles aufzuschreiben, was sie erlebt haben, da es noch viele „weiße Flecken“ gebe. „Wir wissen nicht, was genau 1918 geschehen ist und noch weniger wissen wir über die Dezemberereignisse von 1989″, sagte Ciobanu.
Remus Gabriel Anghel, der gemeinsam mit Laura Gheorghiu die Auswanderung der Deutschen aus Rumänien 1944-1993 beleuchtet, behauptete: „Migration wird von den ‚Empfängerstaaten‘ bestimmt“. Insofern sei Deutschland u. a. durch die Gesetzgebung der Hauptakteur dieser Migrationsbewegung gewesen. Trașcă fügte hinzu, die Jahre zwischen 1933 und 1945 seien „eine sehr schwere Zeit gewesen, die das Nachkriegsschicksal der deutschen Minderheit in Rumänien besiegelte.“
Bei der Buchvorstellung dabei waren auch Hannelore Baier, die den Beitrag „Deportation, Enteignung, Diskriminierung 1944/1948″ verfasst hat und Ovidiu Oltean, der seinen Beitrag „Mobilität, kultureller Austausch und vereinsmäßiges Wiederartikulieren in den Reihen der deutschen Minderheit in Rumänien“ getitelt hat. Oltean hat aufgrund von Interviews herauszufinden versucht, warum z. B. die deutsche Sprache interessant bleibt, warum z. B. in Hermannstadt die Kandidaten des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien massiv gewählt werden und stellte fest: „Wir erleben eine ‚Wiedergeburt des Deutschen in Rumänien‘ durch den Zuzug anderer deutschsprachiger Gruppen.“
Beatrice UNGAR