Nachruf auf den Naturwissenschaftler Hansgeorg v. Killyen
Ausgabe Nr. 2604

Hansgeorg v. Killyen als Redner bei einer Tagung in Landau/Pfalz 2015.
Foto: Konrad KLEIN
Als „Aktiv, warmherzig, offen und an allem interessiert – man musste ihn sofort mögen“ kennzeichnete ihn eine der Mitarbeiterinnen der Sektion Naturwissenschaften im Arbeitskreis für Siebenbürgische Landeskunde, in der er lange als deren Schriftführer tätig war. So kannten viele von uns Hansgeorg v. Killyen: als vielseitig interessierten Kollegen, als kompetenten Mitarbeiter und Berater in fachlichen, wie auch vielen fachübergreifenden Fragen, die immer wieder mit ihm besprochen werden konnten, als einem offenen, fröhlichen und geselligen Menschen. Seine vielfältigen Interessen umspannten einen weiten Bogen unterschiedlicher Tätigkeiten und lagen sowohl im naturwissenschaftlichen, landeskundlichen, kulturhistorischen Bereich, aber auch in jenem der Literatur, der Musik und darüber hinaus.
Nun ist er aus der Vielfalt seiner Tätigkeiten herausgerissen unerwartet am 19. Oktober 2018 verstorben. Obwohl an vielen europäischen Orten der Ruhe, sei das in Siebenbürgen oder sonst wo, eine zerbrochene Säule auf einem Grabmal als Symbol für ein früh abgebrochenes Leben galt, das noch weiter hätte führen können, dürfte eine solche Säule auch für seinen unerwarteten Abschied symbolhaft sein, da er trotz acht erfüllter Jahrzehnte noch in vielen Bereichen rege tätig eingebunden war. Diese umfassten außer seiner den Kindern und Enkeln sowie der Großfamilie gewidmeten Zeit ein weites Umfeld. Dazu gehörte seine Beschäftigung mit naturwissenschaftlichen Fragestellungen, im Bereich der Ökologie, der Wissenschaftsgeschichte, wobei er sich intensiv mit Geschichte der Medizin in Siebenbürgen im europäischen Kontext befasste und sich ein Netzwerk wissenschaftlicher Beziehungen mit Fachleuten aus Deutschland, Österreich, Ungarn und Rumänien aufgebaut hatte.
Der am 2. August 1937 geborene Hansgeorg v. Killyen entstammte einer Lehrerfamilie – beide Eltern waren Gymnasiallehrer in Kronstadt – und setzte, wenn auch in anderen Fächern, die Lehrertradition der Familie fort.
Das Fach Geschichte, das sein Vater Jahrzehnte lang in Kronstadt lehrte, sollte in seinem späteren Wirkungskreis auch eine wichtige Rolle spielen. Mit seinen drei Schwestern wuchs er in einem harmonischen, aufgeschlossenen und vielseitig interessierten Familienkreis auf, besuchte von 1944-1954 die deutsche Volksschule in Kronstadt und anschließend das Honterus Gymnasium. Danach finden wir ihn als Student in Klausenburg, wo er zwischen 1955-1959 an der damaligen Victor Babeş-Universität Biologie und Geographie studierte.
Sein Berufsleben beginnt er im Herbst 1959 als Fachlehrer für Biologie und Erdkunde in der Burzenländer Gemeinde Tartlau/Prejmer. Ab Herbst 1964 ist er sechs Jahre lang als Schulinspektor (Schulrat) der Schulbehörde des Kreises Kronstadt, in der Funktion eines Fachberaters für den Biologie- und Geographieunterricht tätig. Zwischen 1970 und 1975 wirkt er als Dozent für Biologie und Didaktik der Biologie am Institut für Lehrerfortbildung in Kronstadt und danach in der gleichen Funktion bis 1978 an der Kronstädter Universität.
So erinnern sich viele ehemalige Biologie- und Geographielehrer jener Zeit in Südsiebenbürgen an seine fachlich fundierten und anschaulichen Fortbildungsveranstaltungen im Fach Biologie, Ökologie und Geografie und seine didaktisch orientierten Exkursionen.
Zur Abnahme von „Definitivat-“ (wie das Referendariat in Rumänien heißt) und „Gradprüfungen“ war er öfters auch in Hermannstadt anwesend. In der Vorbereitung dieser Prüfungen zeigte er sich immer als ein hilfsbereiter, guter und verständnisvoller Berater, der immer die richtigen Worte fand.

Bogdan Stugren/Hansgeorg Killyen: Ecologie. Manual pentru clasa a VII-a. Editura didactică și pedagogică, 1973.
Mit seinen Publikationen, die insgesamt 88 Titel zählen, deckt er ein breites Spektrum unterschiedlicher Fachbereiche ab. Sie alle belegen sein vielseitiges, breit gefächertes und fundiertes Wissen. So ist er als Autor des ersten Schulbuchs der Ökologie (7. Klasse, 1972) für Rumänien und des ersten Lehrerhandbuchs für den Ökologieunterricht bekannt geworden, das er 1975 zusammen mit dem international bekannten Professor Dr. Bogdan Stugren (1928-2011) von der Universität Klausenburg herausgab.
1980 ließ er sich im südbadischen Lahr nieder, wo er seine Lehrtätigkeit als Studien- und dann als Oberstudienrat in den Fächern Biologie und Geographie fortsetzte. Offen und diskussionsbereit, hatte er einen „sehr guten Draht“ zu seinen Schülern, bei denen er einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen hat.
Seine wissenschaftliche Tätigkeit entfaltete er ab 1981, über den Arbeitskreis für Siebenbürgische Landeskunde und zwar in der Sektion Naturwissenschaften, deren Schriftleiter er 1982 war. Dank seiner organisatorischen Fähigkeiten und seiner konstruktiven, sachbezogenen Arbeitsweise hat er wesentlich zu der erfolgreichen Arbeit der Sektion beigetragen. Sein Wirken galt auch der Sektion Schulgeschichte des Arbeitskreises für Siebenbürgische Landeskunde, wobei er insbesondere das Kronstädter Schulwesen im Blickpunkt hatte.
Mit den Tätigkeiten des Naturwissenschaftlichen Museums in Hermannstadt, einer Einrichtung des Brukenthalmuseums, vertraut, hatte er großes Interesse an der Geschichte des Siebenbürgischen Vereins für Naturwissenschaften und seiner Bedeutung im europäischen wissenschaftlichen Netzwerk. Die Tätigkeit der Medizinischen Sektion des Vereins fand bei ihm besonderes Interesse. So hat er auch eine Dokumentation der siebenbürgisch-sächsischen Ärzte erarbeitet, sein Wissen auch mit Kollegen ausgetauscht und vor allem Jüngere an dieser Art historisch und kulturell interessanter Forschungstätigkeit teilhaben lassen und somit ihre Weiterführung gesichert.
Erika SCHNEIDER