Beim Volkstanzlager in Válaszút war auch Claire Bright aus den USA dabei
Ausgabe Nr. 2592
Vom 5. bis 12. August fand das 28. Internationale Volkstanzlager in Răscruci/Válaszút, eine Ortschaft etwa 26 Kilometer von Klausenburg entfernt, statt, wo die zahlreichen Teilnehmer die Tänze und Musik der Region „Mezőség“, der siebenbürgischen Heide, einer ethnografischen Region in Siebenbürgen und zugleich Übergangsgebiet zwischen dem Szeklerland und dem Kalotawinkel (Țara Călatei) lernen konnten. Tagsüber gab es Unterricht und abends wurde im „Tanzhaus“ das Tanzbein geschwungen. Außer den Teilnehmern aus Rumänien oder Ungarn gab es natürlich auch dieses Mal Teilnehmer aus anderen Teilen der Welt.
Veranstaltet wird das Lager jährlich von der Kallós Zoltán-Stiftung. Namensgeber der Stiftung ist der Ethnografe Kallós Zoltán, der im Februar dieses Jahres im Alter von 92 Jahren verstorben ist. Kallos spielte eine markante Rolle in der Entstehung der ungarischen Tanzhausbewegung, u. a. durch seine Sammeltätigkeit betreffend Volksmusik bei den Gyimeser Csángos und in der Region Mezőség. Nach der Wende bekam er das Haus seiner Familie rückerstattet, gemeinsam mit dem fünf Hektar großen Grundstück und 1992 rief er die Stiftung ins Leben, der er alles vererbte. Die ersten Volkstanzlager wurden in Szék und Visa organisiert, und seit 1992 jährlich in Valaszút/Răscruci.
Die Sammlung von Kallós Zoltán wurde 1998 erstmals der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die Besucher können im Museum die Volkskunstsammlung bewundern, die aus etwa 10.000 Gegenständen besteht. Zu sehen sind Ausstellungsstücke, die aus Regionen wie der siebenbürgischen Heide, dem Kalotawinkel kommen, darunter rumänische Exponate und solche aus dem Gebiet der Moldauer Csángos. Eine Stube in diesem Museum ist den Siebenbürger Sachsen gewidmet. Außer den Gegenständen der Kollektion sind natürlich auch unzählige Ton- und Videoaufnahmen vorhanden. Kallos wurde ungarischerseits mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, zuletzt 2017 mit dem Kossuth-Großpreis, aber in dem selben Jahr auch mit dem „Europa Nostra”-Preis.
Die siebenbürgische Heide ist eine Region, wo Volkstümliches mancherorts scheinbar bis heute weiterlebt. Nicht klein ist die Verwunderung des Besuchers, wenn er zum Beispiel in Szék Ortsansässige beobachtet, die auch heutzutage im Alltag ihre Volkstracht tragen.
Außerdem ist in der Region im Laufe der Geschichte eine eigenartige ungarisch-rumänische-roma Symbiose entstanden. In Válaszút sollen früher die ungarischen Jugendlichen, wenn es bei ihnen gerade keine Tanzgelegenheit gab, zum Tanz der Rumänen oder Roma gegangen sein und umgekehrt. Angeblich soll es auch gemeinsame Melodien zu den Tänzen gegeben haben.
Im Tanzlager lernte die Fortgeschrittenen-Gruppe Tänze aus dem benachbarten Bonţida, ungarisch „Bonchida“, u. a. Männertänze wie Sűrű magyar, rumänisch „Feciorește des” oder Paartänze wie den langsamen Csárdás (Lassú Csárdás), bei den Rumänen hier „Țigănește rar” genannt oder den schnellen Csárdás (Gyorscsárdás), bei den Rumänen hier als „Țigănește iute” bekannt, aber auch die rumänische „Învârtita“.
Außer den Tänzen gab es die Möglichkeit, die Musik der Region kennenzulernen u. a. unter der Leitung der gut bekannten Romakapelle aus Pălatca, ungarisch „Magyarpalatka”, eine Ortschaft, die ebenfalls in der siebenbürgischen Heide liegt. Der „Palatkai”, der ungarische Tanz aus „Palatka” wird zu solchen Anlässen auch sehr gern getanzt.
Eine interessierte Teilnehmerin war Claire Bright aus New York. Claire ist eine klassisch ausgebildete Geigenspielerin und machte im Laufe der Zeit schon zahlreiche Konzerte in Orchestern mit. Gegenwärtig ist sie Geigenlehrerin.
Sie interessierte sich lange Zeit für internationale Volkstänze. 1997 sah sie ein Plakat, das auf ein Tanzhaus in New York beim Ungarischen Haus hinwies. „Ich hatte keine Ahnung, dass alles mit Livemusik laufen wird, und dass die Tänze so lang und so schön sein werden. Als ich den ‚Mezőségi‘ sah, konnte ich es kaum glauben und dachte, ich muss diesen Tanz lernen“, meint Claire. Im Sommer 1998 nahm sie teil an einem Volkstanzlager in den USA, veranstaltet von Magyar Kálmán, wo die Romakapelle aus Szászcsávás im Rahmen ihrer ersten Amerika-Tour eingeladen war. „Ich verliebte mich wahrlich in den néptánc(Volkstanz), vor allem in den aus Siebenbürgen. Ich habe weder ungarisches Blut noch einen ungarischen Hintergrund, es ging einfach ans Herz”. 1999 war sie das erste Mal in Siebenbürgen. Seitdem war sie im Laufe der Zeit hier in verschiedenen ungarischen Tanzlagern, wie z. B. in „Felsősófalva” (Ocna de Sus), „Vajdaszentivány” (Voievodeni), „Kalotaszentkirály” (Sâncraiu), „Válaszut” (Răscruci), „Szék” (Sic) und auch in „Kommandó” (Comandău), wo jährlich das Romatanzlager organisiert wird. Gegenüber den Romatänzen entwickelte sie auch eine Zuneigung. Sie begann nun auch die Musik spielen zu lernen, vor allem wo es an der Ostküste wenige „Primás” (erste Geiger) gab und gründete sogar ihre eigene Kapelle unter dem Namen „Fényes Banda” in Anspielung auf ihren Familiennamen Bright. „Wir spielen nun im Tanzhaus, bei Auftritten von Tanzgruppen, Hochzeiten, Partys, Festivals. Es gibt je nach Bedarf Austausche von Bandmitgliedern zwischen der ‚New Jersey Band‘ und ‚Életfa'“.
Im Válaszút machte sie nun auch einige Musikstunden mit der Palatkai Band mit. „Ich habe viele Jahre damit verbracht, mich als eine klasssische Geigenspielerin auszubilden und dann bemerkte ich, dass ich wieder hart üben muss. Das Tanzen musste sie als „Primas“ leider aufgeben, ist aber desto glücklicher, die Musik selber unter die Tanzbeine zu spielen.
Werner FINK