Noch genügend Futter für Adebar

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Bericht zur Storchzählung 2018 / Von Friedrich PHILIPPI
Ausgabe Nr. 2586

3 Nisthilfen und 3 Storchenfreunde auf dem Anwesen von Dr. Miruna Gritu in Großau (v. l. n. r.): Anselm Ewert, Friedrich Philippi, Dr. Miruna Gritu.
Foto: Matthias EWERT

Bald ist es so weit, dass die in diesem Frühjahr ausgebrüteten Jungstörche aus ihren Nestern ausfliegen können. Um mir bei der Storchzählung zu helfen, war auch in diesem Jahr wertvolle Hilfe angereist. Der Storchenfachmann Dänemarks Hans Skov kam mit zwei Freunden für die erste Woche der Zählung, es folgten Anselm und Matthias Ewert mit Anhang aus Brandenburg für die zweite Woche und nicht zu vergessen unser Enkelsohn Andreas aus Reutlingen, der mich nun zum zweiten Mal mit großer Begeisterung für einige Tage bei der Zählung begleitete.

 

Es war wieder eine erfolgreiche Zählung mit schönen Erlebnissen, auf der wir 106 Ortschaften im Kreis Hermannstadt aufsuchen konnten und dabei rund 1.200 km zurücklegten. Wobei wir froh waren, dass von diesen die meisten inzwischen asphaltiert sind!

Auswilderung von Jungstörchen bei Orlat.         
Foto: Matthias EWERT

Dass wir dabei die ganze schöne Landschaft unserer Heimat erleben und auch andere Beobachtungen machen konnten, gehört mit zum Reiz dieser Storchzählung. Regelmäßig sehen wir dabei auch andere Tiere, hier einen Fuchs, dort ein Reh, da fliegt ein Wiedehopf auf der Schotterstraße vor uns auf, dort kreist ein Schreiadler. Aber im Turm von Kirchberg begegnen wir gleich einer ganzen Fledermauskolonie, deren Art noch nach den Bildern zu bestimmen ist. Und regelmäßig besuchen wir auf dem Weg nach Broșteni den Steinkauz, der sich mit vielen Bienenfressern die Steilwand eines Sandbruches teilt und uns von einem Telegraphenmast aus mit großen Augen argwöhnisch betrachtet. In Großau bewunderten wir die Reparaturarbeiten am Steildach der Kirche und waren entsetzt über den Zustand in der offen stehenden Kirchenburg in Kirchberg. Oder wir begegnen mitten am Tag in Abtsdorf der Ziegenherde und im Vorbeigehen reicht uns der Ziegenhirte so beiläufig eine aufgeschnittene Plastikflasche voll eben gesammelter Steinpilze, die am Abend nach getaner Arbeit vortrefflich mundeten!

Wir konnten dabei 184 besetzte Horste zählen, von denen in 141 Horsten auch Jungstörche großgezogen wurden (77 Prozent), aber relativ viele Horstpaare (43), die in diesem Jahr keine Jungen hatten. Dafür zählten wir aber bei den erfolgreichen Paaren  erfreulich viele Jungstörche (507). Nur im Jahr 2004 konnten wir etwas mehr (512) zählen. Es gab zusätzlich auch relativ viele unbesetzte Horste (16), 10 mehr als im Vorjahr.

Die wichtigste Kennzahl ist aber die durchschnittliche Jungenzahl bei erfolgreichen Paaren. Und die war seit Beginn unserer Zählungen im Jahr 1988 noch nie so groß wie heuer: 3,59 Jungstörche! Das heißt, dass es in unserem Zählungsgebiet, wenn auch nicht überall, noch genügend Futter für die Störche gibt!

Der jüngste Storchenzähler machte begeistert mit: Andreas Zeck.
Foto: Matthias EWERT

Das erkennt man auch daran, dass wir z. B. in Racovița neben den vier Jungstörchen im Nest auf einer Scheune, auf dem Dachfirst auch beide Altstörche antrafen, die Dank des reichlichen Nahrungsangebotes in der Umgebung schon genügend Futter für die Jungstörche eingebracht hatten und nicht ständig auf Nahrungssuche unterwegs sein mussten. Oder bei der Beobachtung eines Schwarmes von 40 Junggesellenstörchen im Burgberger Tal, die erst im zweiten oder dritten Lebensjahr ein Nest bauen, gab es welche, die sich mitten am Tag auf einer Wiese gemütlich hinlegten, ohne rastlos nach Futter zu suchen. Solche Schwärme beobachteten wir auch auf den Wiesen bei Girelsau oder bei Reußdörfchen. In diesem letzten Schwarm befand sich auch ein beringter Storch, dessen Ring von Anselm Ewert abgelesen werden konnte. Wir sind schon gespannt auf das Ergebnis seiner Nachforschungen, woher dieser wohl stammt.

Diese guten Ergebnisse bei der Jungenzahl ergeben sich aus den vielen Nestern mit fünf Jungstörchen (25) beziehungsweise mit vier Jungstörchen (insgesamt 52). Allein in Großau gab es sieben Nester mit fünf Jungen und fünf Nester mit vier Jungen! Hier zählten wir vom Kirchturm 36 besetzte Horste (bisheriger Rekord!) mit 93 Jungstörchen (wie 2013). Das ist auch den vielen da angebrachten Nisthilfen und der Storchenpflegestation von Dr. Miruna Gritu zu verdanken!

Mehr als ein Nest pro Dorf gab es u. a. in Orlat (11 besetzte Horste mit 28 Jungstörchen), Leschkirch (7/21), Freck (5/15), Săcel (5/14).

Immer wieder finden wir auch neue Nester. Diese sind alle auf Masten, so dass die Tendenz des steigenden Prozentsatzes der Masthorste sich fortsetzt (jetzt schon fast 73 Prozent). Während die nicht besetzten oder jungenlosen Horste meist am oberen Ende abgelegener, schwerer erreichbarer Seitentäler liegen (z. B. Michelsberg, Zoodt, Hundertbücheln, Zied, Ghijasa de Jos, Fofeldea), sind die neuen Masthorste zunehmend am Rand der Ortschaften.

Zu den am schwersten erreichbaren Nestern mit der größten Entfernung zu den Futterplätzen gehören auch die beiden Nester im Stadtgebiet von Hermannstadt, wo auf dem Schornstein in der Unterstadt doch vier Jungstörche groß wurden, während am Schornstein hinter dem Kaufhaus nur ein Junges von seinen Eltern noch zusätzlich gegen die dort kreisenden Möwen verteidigt werden muss. Während im Stadtteil Neppendorf vier Jungen zu sehen sind, gibt es im Stadtteil Hammersdorf zwar ein schönes Nest, aber seit 2015 schon keinen Nachwuchs darin.

Durch eine gute Zusammenarbeit von Dr. Miruna Gritu mit dem Elektrizitätswerk sind im vergangenen Jahr auch in anderen Dörfern mehrere neue Nisthilfen auf Masten angebracht worden (z. B. Abtsdorf, Leschkirch, Orlat, Săcădate, Sebeșul de Sus), die aber in diesem Jahr von den Störchen noch nicht angenommen wurden. Wir hoffen, dass das im nächsten Jahr der Fall sein wird. Drei solche künstliche Nester hat Dr. Gritu nun auch in Augenhöhe in ihrem Hof aufgestellt und pflegt darin jeweils vier Jungstörche, die ihr aus dem ganzen Land zunehmend zugeschickt werden.  Diese unverletzten Jungen werden bald flügge sein und können dann direkt aus ihrem Nest in die Freiheit losfliegen. Viele andere sind aber verletzt, werden in einem Verschlag gepflegt und nach ihrer erhofften Heilung wieder freigelassen.

Und das war bei der diesjährigen Storchzählung das größte Erlebnis: Wir durften dabei sein, als 17 von Dr. Gritu gesundgepflegte und inzwischen beringte Störche in großen Kartonschachteln im Privatauto auf eine frisch gemähte Wiese bei Orlat gebracht wurden. Wie haben sich wohl diese Störche gefreut, als die Kartons geöffnet wurden und sie aus eigener Kraft daraus heraus und in die Freiheit fliegen konnten. Sie haben sofort damit begonnen, auf der Heuwiese nach Insekten zu suchen und sind später allein oder in der Gruppe losgeflogen. Wir freuten uns mit den der Natur wiedergegebenen Störchen und mit Dr. Gritu am sichtbaren Erfolg ihres Einsatzes für das Leben!

Friedrich PHILIPPI

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Umwelt.