Dokumentarfilmreihe in Berlin von Januar bis Mai
Ausgabe Nr. 2583

Der Schriftsteller und Filmemacher Frieder Schuller und die Moderatorin Dr. Ingeborg Szöllössi.
Foto: Christel WOLLMANN-FIEDLER
Dr. Ingeborg Szöllösi, Südosteuropareferentin beim Deutschen Kulturforum östliches Europa, plante eine Dokumentarfilmreihe, wollte dem Berliner Publikum Siebenbürgen zeigen, das Land inmitten der Karpaten. Vor achthundert Jahren kamen deutsche Kolonisten aus dem Moselland und Luxemburg in diese Landschaft, ließen sich nieder, bauten ihre Dörfer und Kirchen und blieben. Sie blieben bis vor über fünfundzwanzig Jahren. Nach der Öffnung der Grenzen in Europa begann der große Exodus nach Westen, nach Deutschland.
Für diese spezielle Filmreihe ein Kino zu finden war nicht einfach, bis Martin Erlenmaier vom Bundesplatz-Kino in Berlin-Schöneberg mutig zusagte und Ingeborg Szöllosis Idee Wirklichkeit werden konnte. Von Januar bis Mai 2018 zeigte das Deutsche Kulturforum östliches Europa unter dem Motto „Blick zurück – Blick nach vorn“ die ausgesuchten fünf Dokumentarfilme.
Der Filmzyklus begann im Januar mit Günter Czernetzkys „Wunden – Erzählungen aus Transsilvanien”aus dem Jahr 1994, im Februar sahen wir von Björn Reinhardt „Hinter sieben Burgen”(1996), im März folgte „Gherdeal”(2003) von den Regisseuren Martin Nudow und Thomas Beckmann, dann im April war der Film von Dieter Auner „Leaving Transylvania – Ein Siebenbürger Abschied”von 2006 an der Reihe und am letzten Samstag im Mai beendete Frieder Schuller den Zyklus mit „Ein Dorf erwacht“ (2013).
Das Publikum strömte zu jeder Veranstaltung ins Bundesplatz-Kino, im Nu waren alle Plätze besetzt, das Interesse war riesengroß. Die interessierten Gäste kamen in Scharen, wie schon gesagt, um die Landschaft Siebenbürgens, diese ferne Heimat, diese Dörfer und Menschen kennenzulernen.
Jeder Film war auf seine Art großartig und eindrucksvoll. Zum Staunen, Wundern und Weinen war so manche Filmsequenz, die ewige Melancholie hörte nicht auf. Vieles gehört heute bereits ins Archiv, so mancher Dorfbewohner lebt nicht mehr oder ist letztendlich auch noch über die Karpaten in den Westen gezogen. Die unterschiedlichen Einblicke in die Dörfer, die verschiedenen Themen und Gespräche der noch dort gebliebenen Siebenbürger Sachsen beeindruckten mich sehr. Das einfache dörfliche Leben und die Bescheidenheit der Menschen zu sehen stimmte sehr nachdenklich.
Der letzte Film, nur vierzig Minuten dauerte er, war von Frieder Schuller aus Katzendorf, ein Sprung von Deutschweißkirch entfernt und wir Zuschauer erlebten das bäuerliche Leben in recht unwegsamen Dörfern.
Ich lief gedanklich durch Deutschweißkirch/Viscri, scheuchte die herumschnatternden Gänse auf, traf die wunderbar erzählende Sara Dootz, die Burghüterin, fotografierte vom Turm der Kirchenburg herunter auf die traumhafte verlassene Landschaft inmitten der Karpaten, traf mich mit ihrer Tochter Caroline Fernolend, die machende und hochmotivierte Frau, die das Dorf und andere Dörfer mit dem Eminescu-Trust auf Vordermann gebracht hat. Zu Handwerkern werden die jungen Leute ausgebildet, ob „Zigeuner“, Roma oder andere Rumänen, alle arbeiten sie und verschönern dieses Dorf und andere in der Umgebung. István, der Roma, schmiedet für uns ein Hufeisen, bei anderen traditionellen Handwerkern schauen wir zu und staunen. Die Büffel und der Mozarella, der ökologische Apfelsaft aus Malmkrog, die Kräuterwirtschaft und viele andere schöne Dinge fehlen nicht. Alles gehört ins dörfliche Leben von einst und jetzt. Diese Aktivitäten sind ein Tropfen auf dem heißen Stein, aber ein wichtiger Tropfen!
The Prince of Wales, Prinz Charles, kommt vorbei, reicht jedem die Hand, weiht die ökologische Kläranlage ein, steigt mit uns auf den Leiterwagen und zuckelt weiter.
Ein reiches Kulturerbe hat Siebenbürgen und Vieles wurde zum Weltkulturerbe. Neue Generationen, Rumänen und „Zigeuner“, haben das Erbe übernommen, meint Frieder Schuller und Caroline Fernolend spricht von einer sozialgerechten Gemeinschaft. Dr. Ingeborg Szöllössi, die Südosteuropa-Referentin, hat eine gute Idee umgesetzt und wichtige Filme ausgesucht. Nach Siebenbürgen wird man reisen in diesem Sommer, ahne ich.
Christel WOLLMANN-FIEDLER