„Gemeinsam sind wir die Besten“

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Abschlussveranstaltung zum 500. Gedenkjahr der Reformation

Ausgabe Nr. 2576

Gruppenbild mit dem Apfelbäumchen im Hof des Teutsch-Hauses mit Blick auf die Johanniskirche.   Foto: Beatrice UNGAR

„Wer ist besser? Die Lutheraner oder die Katholiken?“ Diese Frage stellten Papst Franziskus einige der rund 1.000 Pilger, die er zum Auftakt des 500. Reformationsjubiläums am 14. Oktober 2016 empfangen hatte. Der Papst habe gesagt, die Besten seien wir zusammen, führte der Dechant Oskar Raicea in seiner Ansprache in der römisch-katholischen Stadtpfarrkirche beim Pilgerweg zum Abschluss des 500. Gedenkjahres der Reformation aus. Raicea schloss mit den Worten: „Gehen wir aufeinander zu, denn gemeinsam sind wir die Besten“.

 

Gestartet wurde vor dem Nordportal der evangelischen Stadtpfarrkirche mit einer Andacht im Freien, da die Stadtpfarrkirche derzeit eine Baustelle ist. Der Pilgerweg führte über den Kleinen Ring zur römisch-katholischen Stadtpfarrkirche, die ebenfalls eingerüstet“ ist, weshalb man den Eingang unter dem Turm benützen musste.

Als Veranstalter hatte die Evangelische Kirche A. B. in Rumänien mit diesem Pilgerweg zum Abschluss des Reformationsprojekts 12 Apfelbäumchen für ein klares Wort“ den Kreis schließen wollen vom ersten in Rumänien gepflanzten Apfelbäumchen in Thorenburg/Turda zum Thema Toleranz“ zu dem letzten, das im Zeichen der Ökumene im Innenhof des Friedrich Teutsch-Kultur-und Begegnungszentrums gepflanzt wurde. Den Pilgern“ gesellten sich von Kirche zu Kirche immer neue Teilnehmer hinzu. In der römisch-katholischen Stadtpfarrkirche gab nicht nur der römisch-katholische Dechant Msgr. Raicea der Evangelischen Kirche A. B. in Rumänien ein Grußwort für das 21. Jahrhundert mit sondern auch der griechisch-katholische Dechant, Msgr. Nicolae Popa. Dieser wünschte der EKR, sie möge stets wie eine Aurora strahlen und es möge ihr der Treibstoff“ nicht ausgehen und die Kraft, jedes Mal einen Neuanfang zu wagen.

In der reformierten Kirche erinnerte Dechant Sándor Varro daran, dass die Anhänger der Reformation vor 500 Jahren Protestanten genannt wurden, weil sie de facto gegen den Materialismus der Kirchenleitung protestiert hätten. Auch heute noch gelte es, zu protestieren, sagte Varro, wo Politik die christlichen Wurzeln Europas vergisst“. Allerdings dürften Christen nicht nur Nein“ sagen zu Misständen, sie müssten auch das Gute tun. Als Diener Gottes  sollten sie Christen bleiben in der Kirche, in die uns Gott gesetzt hat“. Das sei die Botschaft der protestantischen Kirchen heute. Insofern betrachte er alle Christen als Arbeitskollegen“, die den Auftrag haben, Bäume der Hoffnung zu pflanzen.

Eine besonders gediegene Ansprache hielt der Dekan der Fakultät für Orthodoxe Theologie der Lucian Blaga-Universität, Prof. Dr. Nicolae Chifăr, in der orthodoxen Kathedrale, wobei er darauf hinwies, wie wichtig die Unterstützung der Evangelischen Kirche Deutschlands sei für die Studierenden, die Stipendien wahrnehmen wollen.

 

In dem sehr gut besuchten Festgottesdienst zum Bezirksgemeindefest predigte der baden-württembergische Bischof Frank Otfried July vor ca. 360 Evangelischen aus dem Hermannstädter Kirchenbezirk.
Foto: Beatrice UNGAR

Eine launige Kurzansprache zur Pflanzung des symbolischen 12. Apfelbäumchens hielt der Theologe und Leiter des Ökumenischen Instituts Dr. Stefan Tobler. Es war eigentlich ein Brief an das Stiefschwesterchen“ des zwölften Apfelbäumchens, worin Tobler u. a. fragte: Liebes 13. Apfelbäumchen, wo bist du? Vielleicht wächst du ja schon, ganz unscheinbar, hier mitten unter uns. Gerade, dass man dich nicht auf den ersten Blick sehen kann, ist deine Stärke. Du willst nicht im Mittelpunkt stehen. (…) Es ist gut, dass wir dich nicht pflanzen, dass wir dich nicht festnageln. Niemand kann dann sagen: schau, dort ist es, am fest umschriebenen Platz. Sondern vielmehr bleibt die Frage in jedem von uns: will ich, kann ich dem 13. Bäumchen ein Stück Erde geben, ein bisschen Wasser und Licht, damit es wächst? Liebes 13. Bäumchen, meine ganze Hoffnung ruht darauf, dass es dich gibt. Vielleicht gibt es dich ja schon viel tausendfach – niemand sieht dich, und doch wäre unser Leben ohne dich, ohne die Hoffnung auf dich, kalt und leer. 13 heißt: bei der runden Zwölf hört es nicht auf, sondern es geht weiter, vielfach.“

Beim Pflanzen des wie alle anderen von Brunhilde Böhls vermittelten Apfelbäumchens machten alle anwesenden Gäste mit, wobei Bischof Reinhart Guib das Bäumchen gerade hielt. Dann ging es in die Johanniskirche, wo die Leiterin des Teutsch-Hauses, Gerhild Rudolf, ein Podiumsgespräch zum Thema Was hat das Reformationsjubiläum Europa gebracht?“ moderierte, an dem Bischof Reinhart Guib, Hermannstadts Bürgermeisterin Astrid Fodor, Bischof Frank Otfried July von der Evangelischen Landeskirche in Württembergund Bischof Béla Kató von der Reformierten Kirche in Siebenbürgen teilnahmen. Während die Bürgermeisterin ihre Freude darüber ausdrückte, dass der Reformationstruck auch in Hermannstadt Station gemacht und die Aufmerksamkeit auf die evangelische Kirche gelenkt hat, betonte Bischof July die Bedeutung der Reformation für die Bildungsgeschichte sowie die gute Zusammenarbeit in Baden-Württemberg mit der römisch-katholischen Kirche. Bischof Káto stellte die Frage in den Raum, mit der sich im Jahr des Reformationsjubiläums die reformierte Kirche in Siebenbürgen beschäftigt hat: Wie stark ist unsere eigene Kraft?“ Bischof Guib dankte allen für das gelungene Projekt.

Am Sonntag kamen alle Evangelischen und ihre Gäste von nah und fern aus dem Kirchenbezirk Hermannstadt in Großau zusammen, um gemeinsam das Bezirksgemeindefest zu feiern. Da es der Sonntag Kantate war, kam die Musik nicht zu kurz. Es sangen der Hermannstädter Kinderchor, der Heltauer Kirchenchor und der Hermannstädter Bachchor, die Neppendorfer Blaskapelle“ hatte auch einen Auftritt nach dem Gottesdienst. Die Predigt hielt Bischof July, der darauf hinwies, dass viele Bande“ die Evangelischen hüben und drüben miteinander verbinden, schließlich leben zahlreiche aus Siebenbürgen ausgewanderte Siebenbürger Sachsen in Baden-Württemberg.

Wenn man die Hoffnung nicht verliert, dann darf man so einen Tag erleben“, schwärmte Kurator Matthias Krauss, als er die zahlreichen Gäste im Festgottesdienst zum Bezirksgemeindefest in der Großauer Kirchenburg begrüßte. Und Dechant Dietrich Galter lud alle Kuratoren der Gemeinden aus dem Gemeindeverband Neppendorf ein, gemeinsam mit ihm und Bezirkskirchenkurator Andreas Huber im Hof der Kirchenburg ein Apfelbäumchen zu pflanzen. Das wievielte es war, konnte man nicht genau erfahren. Da es sich auch bei diesem Bäumchen um ein Symbol handelte, kommt es ja nicht auf die Zahl an.

Die Großauer erwiesen sich auch dieses Mal als die perfekten Gastgeber und alle genossen das gesellige Beisammensein in der Pfarrscheune.

Beatrice UNGAR

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Kirche.