Roboter-Menschen und Mensch-Roboter

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Erstes Science Fiction-Theaterstück hatte in Hermannstadt Premiere

Ausgabe Nr. 2569

Mit „R.U.R. (Rossum’s Universal Robots)“ von Karel Čapek in der Regie von Vlad Cristache brachte die deutsche Abteilung des Radu Stanca-Nationaltheaters am Freitag die zweite Premiere der Spielzeit auf die Bühne. Unser Bild: Szenenfoto mit Daniel Plier, Anca Cipariu und Daniel Bucher (v. l. n. r.). Foto: Cynthia PINTER

Jeder kennt das Wort „Roboter“, doch kaum jemand weiß, woher es kommt. Das Wort „Roboter“ (oder robot, in der ursprünglichen tschechischen Form) gelangte aus dem 1920 erschienenen Drama „R.U.R. – Rossum’s Universal Robots“ des tschechischen Schriftstellers Karel Čapek in den Sprachgebrauch vieler Länder. Das eben erwähnte Theaterstück wurde nun in deutscher Sprache am vergangenen Freitag auf der Bühne des Radu Stanca-Nationaltheaters in Hermannstadt in Premiere aufgeführt. Regie führte Vlad Cristache, Hauptprotagonisten waren Schauspieler/innen der deutschen Abteilung des Radu Stanca-Theaters, in den Nebenrollen waren Studentinnen und Studenten des ersten Jahrgangs der Schauspielfakultät der Lucian Blaga-Universität zu sehen.

Es ist das erste Science Fiction- Theaterstück, das auf der Hermannstädter Bühne inszeniert wird. Dazu wurde passend die Elektro-Musik von „Kraftwerk“ ausgewählt, die im Hintergrund von zwei Dj’s (Pali Vecsei und Eduard Pătrașcu) aufgelegt wurde.

Das Theaterstück handelt vom Unternehmen R.U.R., das künstliche Menschen (nach heutigem Sprachgebrauch Androiden) herstellt. Diese Roboter, oder Menschmaschinen, wie sie noch auf der Bühne genannt wurden, werden als billige und rechtlose Arbeiter verwendet. Ihr massiver Einsatz in der Industrie verändert mit der Zeit die gesamte Weltwirtschaft. Im weiteren Verlauf des Theaterstücks rebellieren die Kunstmenschen jedoch und vernichten die Menschheit. Der Name „Rossum“, dem Erfinder der Roboter, ist eine ironische Anspielung des Autors: das tschechische Wort „rozum“ bedeutet Vernunft, Verstand. In der deutschen Übersetzung 1922 von Otto Pick auch entsprechend mit „Werstand“ übersetzt. Der Regisseur Vlad Cristache behielt jedoch den tschechischen Namen, was aber dem Inhalt des Stücks nicht unbedingt schadete.

Szenenfoto mit „Robotern“ und DJs.                       Foto: Cynthia PINTER

Der erste Akt wird von den Menschen dominiert: Anca Cipariu schlüpft in die Rolle der Helena Glory, der Tochter des Fabrikspräsidenten, die das Unternehmen, in dem Roboter gebaut werden, besucht. Dabei findet sie heraus, dass Rossums Fabrik praktisch selbst Erschafferin der Bedingungen ihrer Möglichkeit – der Produktionsprozess kommt ohne Menschen aus, die Arbeitskosten sinken hierdurch exponentiell – ist. Nach einem Fabrikrundgang mit Harry Domin (Valentin Späth), Dr. Galle (Daniel Bucher) und Alquist (Daniel Plier) bekommt Helena einen Einblick in die Produktion und ist sichtlich empört darüber, dass die Roboter weder Gefühle noch eigenen Willen besitzen.

Dies ändert sich im zweiten und vor allem im dritten Akt: Die Roboter übernehmen die Kontrolle auf der Bühne. In die Hauptrolle schlüpft Radius, gespielt von Robert Fekete, der sich als Roboteranführer entpuppt und der für die Vernichtung der Menschheit verantwortlich ist. Alquist, der Chefingenieur der Fabrik, wird am Leben gelassen, weil er der einzige ist, der etwas mit seinen Händen bauen kann, genau wie die Roboter.

Im Epilog wird Alquist gezwungen, neue Roboter zu erschaffen, was er aber trotz Experimenten am Seziertisch nicht schafft. Ein Hoffnungsschimmer zeigt sich in der aufblühenden Liebe zwischen Roboterin Helena und Roboter Primus.

In einer Welt der Smartphones, Computer und menschenähnlichen Robotern (siehe Roboterdame Sophia, die u.a. insgesamt 62 verschiedene menschliche Gesichtsausdrücke nachahmen kann) ist das Geschehen in „R.U.R. – Rossum’s Universal Robots“ gar nicht so weit hergeholt. „In dem Stück finden wir eine Gesellschaft mit Herren und Sklaven wieder, in der der Mensch Gott spielt und Maschinen mit einer Seele baut. Es ist eine Welt der Mensch-Roboter und Roboter-Menschen, in der Schritt für Schritt die Identität verloren geht“, erklärt Regisseur Vlad Cristache. Fast hundert Jahre nach der Erstaufführung kann dem Stück von Karel Capek kein Mangel an Aktualität nachgesagt werden.

Cynthia PINTER

 

 

 

 

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Theater.