„Eine freudige Überraschung“

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Gespräch mit dem Deutschen Konsul Hans Erich Tischler

Ausgabe Nr. 2560

Besuch in der HZ-Redaktion: Konsul Hans Erich Tischler (links) im Gespräch mit HZ-Chefredakteurin Beatrice Ungar.
Foto: Cynthia PINTER

Seit August 2017 hat das Konsulat der Bundesrepublik Deutschland in Hermannstadt einen neuen Leiter. Hans Erich Tischler, geboren 1959 in Bad Godesberg, verheiratet, hat von 1979 bis 1982 seine Laufbahnausbildung für den Auswärtigen Dienst absolviert und ist seither im Auswärtigen Amt tätig. Hier seine bisherigen Stationen: Auswärtiges Amt Bonn (1982 – 1984), Botschaft Moskau (1984 – 1987), Botschaft Seoul (1987 – 1993), Botschaft Kairo (1993 – 1994), Generalkonsulat Saratow (1994 – 1997), Generalkonsulat Neapel (1997 – 2001), Auswärtiges Amt (2001 – 2002), Bundesinnenministerium (2002 – 2010), Botschaft Baku (2010 – 2013), Botschaft Pristina (2013 – 2017).

Konsul Hans Erich Tischler gewährte der HZ-Chefredakteurin Beatrice U n g a r kurz vor Jahreswechsel folgendes Interview:

 

 

War es Ihre Entscheidung, an die Hermannstädter Auslandsvertretung zu kommen?

Die Entscheidung, wohin Diplomaten geschickt werden, trifft ausschließlich das Auswärtige Amt in Berlin. Die Betroffenen können zwar im Planungsverfahren Wünsche äußern, auf die Entscheidung haben sie aber keinen Einfluss.

Als mir im Januar 2017 Berlin mitgeteilte, dass ich nach Hermannstadt gehen solle, war dies für mich eine freudige Überraschung. Ich habe daraufhin sofort begonnen, viel über Rumänien zu lesen und mich mit den Kollegen der rumänischen Botschaft auszutauschen, um mich so auf meinen neuen Posten vorzubereiten. In den vergangenen ersten Wochen konnte ich bereits sehr viele positive Eindrücke sammeln und bin froh, hier in Hermannstadt arbeiten zu dürfen.

Was bedeutet es für Sie, dass Sie gerade im Jahr des 25jährigen Jubiläums des deutsch-rumänischen Freundschaftsvertrags nach Rumänien entsandt worden sind?

Der vor 25 Jahren geschlossene Freundschaftsvertrag stellt die bilateralen Beziehungen auf eine solide Basis und regelt umfassend, auf welchen Gebieten (fast allen) und wie wir zusammen arbeiten wollen. Das Jubiläum lädt uns ein, darüber nachzudenken, was wir in den vergangenen Jahren gut gemacht haben und wo wir zukünftig noch besser zusammenarbeiten können. Schließlich ist der Vertrag auf Dauer angelegt und endet nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt. Ich denke, dass der Vertrag beste Voraussetzungen schafft, das Potential, das unsere beiden Länder besitzen, in noch weit stärkerem Maße auszuschöpfen, insbesondere im wirtschaftlichen und kulturellen Bereich, aber auch bei Bildung und Tourismus sowie im Umweltbereich. Daran werde ich weiter intensiv arbeiten. Der Freundschaftsvertrag gibt mir hierfür einen klaren Auftrag und ich freue mich auf diese spannenden Aufgaben in den kommenden Jahren.

Die Gegend ist Ihnen nicht fremd… Haben Sie Kindheitserinnerungen, die Sie mit den Lesern teilen möchten?

Ich war in der Tat bereits als Kind des Öfteren in Siebenbürgen, um meine hier lebenden Verwandten zu besuchen. Einiges ist mir in angenehmer Erinnerung geblieben wie das rege Dorfleben, die gemeinschaftlichen Ausflüge, aber auch die Abende beim Licht der Petroleumlampe, an denen Geschichten erzählt oder Lieder gesungen wurden. Über Bio-Produkte wurde nicht gesprochen, jeder hatte sie. Straßen waren allerdings zu jener Zeit manchmal nur Feldwege, an Fernseher und elektrische Waschmaschinen konnte man gar nicht denken. Seitdem hat sich enorm viel verändert. Der EU-Beitritt vor über 10 Jahren hat dem Land einen großen Wirtschaftsaufschwung gebracht. Meine Kindheitserinnerungen sind daher ein Teil unserer europäischen Geschichte, sie helfen uns den mannigfaltigen Herausforderungen der Zukunft besser zu begegnen.

Haben Sie Hermannstadt schon gekannt?

Während der in Siebenbürgen verbrachten Ferien habe ich natürlich auch Hermannstadt besucht. Schließlich war die Stadt auch schon damals ein bedeutendes Kulturzentrum. Inzwischen hat sich die Stadt sehr viel weiterentwickelt und ich bin sicher, dass die vielen Möglichkeiten, die die Stadt weiterhin bietet, auch in Zukunft genutzt werden, um noch mehr Touristen nach hier zu bringen. Insofern freue ich mich, dass der Kreis Hermannstadt im kommenden Jahr kulinarische Region Europas wird. Eine großartige Gelegenheit, Stadt und Umgebung als attraktiven Urlaubsstandort zu bewerben.

Das erste bedeutende Ereignis für Sie war wohl das Sachsentreffen Anfang August…

Es war ein unglaublich beindruckendes Ereignis, als Tausende von Sachsen aus allen Kontinenten nach hier kamen, um ihre alte Heimat wieder zu sehen, Freundschaften aufzufrischen und die Gräber ihrer Vorfahren zu besuchen. Die Organisation des Treffens war hervorragend, die unglaubliche Hitze war eine starke Herausforderung für alle. Am Ende konnten alle stolz und glücklich über dieses erfolgreiche Ereignis sein. Die Stadt und ihre Bürger waren ausgezeichnete Gastgeber. Ich denke, nach dem Treffen sind alle mit sehr schönen Eindrücken nach Hause zurückgekehrt.

Die wievielte Station Ihrer Diplomatenkarriere ist Hermannstadt?

Ich habe in meinem bisherigen Berufsleben auf vier Kontinenten gearbeitet, darunter auch in der seinerzeitigen Sowjetunion und in Ägypten. Die auf diesen Posten gemachten reichen Erfahrungen werden mich mein ganzes Leben lang begleiten. Nachdem ich zwischenzeitlich auch in unserm Ministerium in Deutschland gearbeitet habe, ist Hermannstadt nun die neunte Auslandsstation, worüber ich sehr dankbar bin.

Welches war Ihr interessantester Posten?

Als ich als junger Diplomat nach Südkorea kam, handelte es sich um ein armes, vom Krieg zerstörtes Agrarland ohne nennenswerte Rohstoffe auf der Suche nach der Moderne. Während meines sechsjährigen Aufenthalts dort konnte ich mit staunenden Augen mitverfolgen, wie das Land entschlossen zu einer mächtigen Wirtschaftsmacht aufstieg. Es gab über alle parteipolitischen Grenzen hinweg einen breiten nationalen Konsens, das Land aus seiner Rückständigkeit zu befreien und es nach vorne zu bringen. Das Land sollte nach westlichen Maßstäben aufgebaut werden, Freiheit, Demokratie und Wohlstand waren und sind das erklärte Ziel. Heute ist Südkorea dank des enormen Fleißes seiner Bürger ein besonders fortschrittliches Land und die elftstärkste Industrienation der Welt. Bereits 1988 hat Korea erfolgreich die olympischen Sommerspiele ausgerichtet und ich bin völlig überzeugt, dass es auch in diesem Jahr die Winterolympiade mit Bravour organisieren wird.

Welches sind die wichtigsten Erfahrungen in Ihrem diplomatischen Leben?

Wenn man regelmäßig von einem Kontinent auf den anderen umzieht, von heute auf morgen in einer anderen Kultur arbeiten muss, neue Kontakte knüpfen und andere Verhaltensmuster erkennen muss, dann lernt man, wie ungemein wichtig es ist, aufgeschlossen für Neues zu sein, positiv auf andere Menschen zuzugehen und flexibel auf Veränderungen zu reagieren. Vertrauen ist das wichtigste Kapital in meinem Beruf. Es braucht viel persönlichen Einsatz und viel Zeit um Vertrauen aufzubauen. Wenn Sie am Anfang auf einem neuen Posten als völlig Fremder beginnen und am Ende stolz auf ein großartiges Kollegenteam sind, gute Kontakte und vielleicht Freundschaften zurücklassen und zudem detaillierte Landeskenntnisse besitzen, dann hat sich der Einsatz gelohnt. Herausforderungen, auch schwierigere, gibt es in meinen Beruf zuhauf, entscheidend ist, wie man damit umgeht und was man daraus macht. Mich diesen Herausforderungen ein Leben lang zu stellen, machte und macht gerade den Reiz meiner Tätigkeit aus. Ohne diese reichen Erfahrungen aus vielen Ländern, in denen ich bislang tätig war, würde mir sicherlich heute etwas fehlen.

Welche Ortschaften in Ihrem Zuständigkeitsbereich haben Sie schon besucht?

Unser Konsulat ist für die 9 Kreise im Zentrum Rumäniens zuständig. Dies bedingt viele, oft längere Reisen. Ich konnte bereits 7 dieser Kreise besuchen und wünsche mir die verbleibenden beiden Kreise in Kürze zu bereisen. Die auf meinen Fahrten gewonnen Eindrücke sind vielfältiger Art, es gibt sehr viel zu entdecken in jeder Hinsicht. Das Land hat viel zu bieten und ich bin sicher, dass meine Reisen dazu beitragen, unsere beiden Länder einander näher zu bringen. Ohne diese Reisen durch das Land und die Begegnung mit den Menschen wären meine Eindrücke, die ich jetzt von Rumänien sammele, nur sehr unvollständig.

Welches war das für Sie bisher schönste Erlebnis in Rumänien?

Es sind die Menschen hier, die mir mit großem Wohlwollen entgegenkommen. Ich fühle mich hier willkommen und gut aufgehoben. Wo überall finde ich offene Türen und ein Interesse an der Arbeit unserer Vertretung. Viele meiner Ansprechpartner waren bereits in Deutschland und so haben wir sofort einen Anknüpfungspunkt für ein Gespräch. Manchmal werden mir bei offiziellen Besuchen auch lokale Spezialitäten angeboten.

Besonders gefreut habe ich mich, als ich kurz vor den Feiertagen zum Jahresende das Gymnasium in Bistritz besuchte, wo die dortigen Schüler alte Volkstänze in wunderschönen Trachten aufführten und anschließend deutsche Weihnachtslieder sangen. Das hat mich sehr berührt.

Sie sind ein begeisterter Theaterbesucher…

Schon als Kind bin ich gerne ins Theater gegangen und habe seitdem eine große Affinität für die Bühne. Ich freue mich, dass es hier in Hermannstadt gleich zwei angesehene Häuser gibt, die deutschsprachiges Theater anbieten, das Radu-Stanca Theater und das Gong-Theater, die beide mit großem Elan für Alt und Jung Stücke inszenieren. Im vergangenen Jahr konnte ich bereits einen Teil des internationalen Theaterfestivals erleben, zu dem Touristen aus aller Welt anreisten. In diesem Jahr feiert das Festival sein 25. Jubiläum, aus dessen Anlass es bestimmt ein großartiges Programm geben wird, das noch mehr Besucher aus aller Welt anziehen wird. Insgesamt finde ich das Kulturleben in der Stadt äußerst attraktiv, da es ja neben den genannten Theatern auch noch viele weitere bedeutende kulturelle Einrichtungen gibt.

Wie möchten Sie die Ergebnisse Ihrer Arbeit in Hermannstadt sehen? Welche Vorhaben liegen Ihnen besonders am Herzen?

Mein Mandat ist klar umschrieben: Ich möchte die Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern vertiefen und ausbauen. Den Menschen hier möchte ich ein umfassendes, objektives Bild von Deutschland aufzeigen und ihnen Kontakte nach Deutschland vermitteln. Die Menschen unserer beiden Länder sollen sich begegnen und kennen lernen, etwa im Rahmen eines Schüleraustausches, im Rahmen von Städte- oder Hochschulpartnerschaften, als Kulturschaffende oder einfach nur als Touristen oder Geschäftsleute. Gerne hilft das Konsulat auch dabei Informationen über unser Land zu besorgen. Zudem möchte ich aufzeigen, wo Potential in unseren bilateralen Beziehungen liegt und wo wir noch intensiver zusammenarbeiten können. Unsere Webseite bietet bereits einen Einblick in das, was das Konsulat tut und wofür wir stehen. Die Webseite kann aber nicht die vielen persönlichen Kontakte ersetzen, die für die laufende Arbeit erforderlich sind. Dafür engagieren sich meine Mitarbeiter und ich täglich und bringen Menschen zusammen, damit sie sich direkt austauschen können.

Besonders möchte ich mich für das duale System einsetzen, da alle jungen Menschen eine solide Ausbildung brauchen, auf der sie ihre Zukunft aufbauen können. Inzwischen gibt es bereits einige sehr erfolgreiche Beispiele in Siebenbürgen, die aber noch mehr werden können.

In unserer modernen Gesellschaft wird jeder gebraucht, alle Jugendlichen sollten daher die Möglichkeit erhalten, einen Beruf entsprechend ihren Fähigkeiten und Interessen zu lernen und auszuüben.

Danke für das Gespräch.    

 

 

 

 

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Persönlichkeiten, Politik.