Zur Vorpremiere von „10“ am Hermannstädter Radu Stanca-Nationaltheater
Ausgabe Nr. 2557
Michael Jackson, Hello Kitty und Superman. Sie werden von Millionen gemocht und angebetet. Auf der Bühne des Hermannstädter Radu Stanca-Nationaltheaters sind sie Teil des Bühnenbilds, Graffiti-Zeichnungen auf den Ticketschranken, durch die die Schauspieler gehen müssen. Dabei sagt das erste Gebot schon: „Du sollst keine anderen Götter haben neben mir.“ Es sind zehn Schranken, zehn Schauspieler, zehn Lebensgeschichten. Das Theaterstück „10“ von Csaba Székely wurde am Donnerstag, dem 30. November, in Vorpremiere auf der Bühne des Radu Stanca-Nationaltheaters gezeigt. Regie führte Radu-Alexandru Nica.
Jede der zehn Gestalten, die übrigens identitätslos sind, erzählt ihre Lebensgeschichte und leitet diese mit einem der zehn Gebote aus dem Alten Testament ein. Nach und nach wird dem Publikum klar, dass alle Personen miteinander verbunden sind. Das Tempo der Dialoge auf der Bühne ist so hoch, dass man oft den Eindruck hat, nicht mitzukommen. Es lüftet sich ein Geheimnis nach dem anderen und man bekommt als Zuschauer oft den Aha-Effekt zu spüren. Jedes Gebot wird gebrochen und alle Sünden in der heutigen Gesellschaft werden angesprochen: u. a. Ehebetrug, Prostitution, sexueller Missbrauch, Spielsucht, Mord, Schönheitswahn, Ärztepfusch.
„Das Stück zeigt die Darsteller in gewöhnlichen Situationen, aber in außergewöhnlichen Lebenslagen. Jede moralische Entscheidung einer Person hat lebensverändernde Auswirkungen auf die nächste Person“, so Csaba Székely, der den Text geschrieben hat. Das Theaterstück wurde im Rahmen des Projekts „Be SpectACTive!“, mit der Finanzierung des EU-Programms „Kreatives Europa“, erarbeitet. Laut Regisseur Radu-Alexandru Nica waren auch die Schauspieler in der Erstellung des Textes impliziert und durften ihre persönlichen Erfahrungen mit einbringen.
„10“ ist wie ein Spielfilm aufgebaut, bei dem man am Ende erst den Überblick gewinnt. Eigentlich ist das Stück eine Mischung zwischen Thriller und Seifenoper, in der sich zum Schluss u. a. herausstellt, dass die schwangere Geliebte eigentlich die Halbschwester ist und nun ein inzestuöses Kind zur Welt bringt. Die Szenen sind gut durchdacht worden und obwohl das Stück drei Stunden lang mit Pause dauert, kommt keine Langeweile auf. Es spielen: Diana Fufezan, Andrei Gîlcescu, Raluca Iani, Serenela Mureșan, Cristina Ragos, Vlad Robaș, Ciprian Scurtea, Cristian Timbuș, Arina Ioana Trif und Marius Turdeanu.
Cynthia PINTER