Brukenthal aus seiner Zeit verstehen

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Internationale Museologische Tagung im Brukenthalmuseum

Ausgabe Nr. 2551

Sabin Adrian Luca und Irmgard Sedler bei der Eröffnungsveranstaltung. Foto: Beatrice UNGAR

Anlässlich des 200-jährigen Bestehens des Brukenthalmuseums fand vom 5. bis 8. Oktober im Blauen Stadthaus am Großen Ring ein Symposium zum Thema „Museum im Spannungsfeld zwischen universeller und nationaler Ausrichtung“ mit diversen Vorträgen statt, die Leben und Werk Samuel von Brukenthals sowie den Umgang und die Rolle von Museen im Allgemeinen und der des Brukenthalmuseums im Besonderen in den Mittelpunkt stellten. Die Teilnehmer kamen aus Deutschland und Rumänien; die Vorträge wurden jeweils ins Deutsche und Rumänische simultan übersetzt. Das durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien geförderte Symposium wurde von dem Brukenthalmuseum in Zusammenarbeit mit dem Siebenbürgischen Museum in Gundelsheim veranstaltet.

 

Als Sohn des kaiserlichen Beamten Michael Brec(k)ner/Bruckner in Leschkirch geboren, standen Samuel von Brukenthal durch die Erhebung des Vaters in den Adelsstand viele Türen für seine berufliche Laufbahn offen. Er ging in Hermannstadt zur Schule und studierte später in Halle, Jena und Leipzig. 1762 wurde er Provinzkanzler von Siebenbürgen, 1765 dann Leiter der Siebenbürgischen Hofkanzlei in Wien, schließlich 1777 Gubernator von Siebenbürgen.

Früh begründete er die Freimaurerloge „Aux trois clefs d’or“ („Zu den drei goldenen Schlüsseln“) mit und stand dieser als Meister vor. Geprägt durch dieses Denken stand Brukenthal mit seinem Wirken und seiner Sammlung, die er ab den 1760er Jahren anzulegen begann, in der Tradition der Aufklärung. Die Brukenthal-Sammlung besteht aus rund 15.000 Büchern, darunter Inkunabeln, 17.000 Münzen und Medaillen, 2.500 Mineralien und einer breiten Gemäldesammlung, die auch die Werke großer italienischer und niederländischer Meister umfasst. Sie ist eine der interessantesten Fälle europäischer Sammlungsgeschichte, wie Dr. Holger Jacob-Friesen, wissenschaftlicher Direktor der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe, in seinem Vortrag hervorhob.

Bedeutsam auch für die Gegenwart sind die Motive, die den Gubernator zur Anlage seiner Sammlung bewogen. In einer Zeit, in der die Sächsische Nation ihre Privilegien durch die Josephinischen Reformen bedroht sehen musste und auch ihre wirtschaftliche Führungsposition einbüßte, hielt Brukenthal dem Zeitgeist seine aufklärerische Haltung in der Form seiner Sammlung entgegen: „Die Haltung steht […] im Kontext jener aufklärerischer Verantwortung für das Wohl seiner eigenen Nation, was er letztlich auch als Leitsatz für seinen Entschluss zur Museumsstiftung formuliert hat: ,Fidem genusque servaboʻ“, wie Irmgard Sedler, Vorstandsvorsitzende des Siebenbürgischen Museums Gundelsheim und Direktorin der Städtischen Museen Kornwestheim/Stuttgart, in ihrem Eröffnungsvortrag zur Tagung erläuterte.

Brukenthal schenkte die Sammlung damals seiner „Nation“ – zu verstehen natürlich aus dem Geist der Zeit heraus – als Rechts- und Kulturnation innerhalb der Staatsnation. Aber seine Haltung im Sinne der Aufklärung kann auch für das Hier und Heute sinnstiftend wirken: So will das Museum auch in der Gegenwart dem Gedanken Brukenthals im Sinne einer „gemeinsamen Kultur“ Rechnung tragen.

Die Themen der Vorträge waren breit gefächert: Dr. Dana Hrib vom Brukenthalmuseum berichtete über die verschiedenen Methoden der Öffentlichkeitsarbeit, das Brukenthalmuseum im allgemeinen Bewusstsein lebendig zu halten. Sie erwähnte die zahlreichen Auszeichnungen, die das Museum in der jüngeren Vergangenheit erhalten hat, verschiedene Werbekampagnen, so beispielsweise auch „I love Brukenthal“, und verschiedene Vermarktungsstrategien.

Mit Blick auf Jean-Claude Junckers Initiative, im März 2019 ein Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der EU in Hermannstadt abzuhalten, wies Präsidialberater Sergiu Nistor auf das interkulturelle Erbe der Städte in Mitteleuropa und besonders in Rumänien hin. Es gäbe eine Botschaft der historischen Stadt an zukünftige Generationen und das Potenzial für Europa. Wörtlich sagte er: „Europa sollte sich entscheiden, sich kultureller Diversität zu erfreuen, nicht sich gegenseitig zu bekriegen“.

Ein Tagesausflug nach Freck in die barocke Sommerresidenz Samuel von Brukenthals am Sonntag rundete die Vorträge ab. Ein Tagungsband mit allen Vorträgen auf Rumänisch und Deutsch ist für das kommende Jahr geplant.

Aurelia BRECHT

 

 

 

Veröffentlicht in Kultur.