Streiflichter von der siebenten Auflage des Festivals „25 Stunden Theater“
Ausgabe Nr. 2546
25 Stunden können eine lange Zeit sein. Aber nicht, wenn man mit erstklassigem Theater unterhalten wird. Das Festival „25 de ore de teatru non stop“ war auch dieses Jahr ein voller Erfolg und sorgte für eine schlaflose Nacht für viele Theaterliebhaber in Hermannstadt. Das Festival begann am Freitagabend, dem 8. September und dauerte, wie der Name schon sagt, 25 Stunden ohne Unterbrechung. „Atme Theater“ ist eines der Mottos des Festivals, das vom Kulturverein „BIS“ Jahr für Jahr seit 2011 organisiert wird.
Hunderte von Zuschauer atmeten auch bei der siebenten Auflage Theater. Viele pilgerten von einer Bühne zur anderen. Vom Thaliasaal ging es zum Gong Kinder- und Jugendtheater und von da zur Unimat-Halle in Schellenberg. Schnell noch einen Kaffee trinken und dann wieder zurück in die Stadt und zum nächsten Theaterstück. Bisher fand das „25 Stunden Theater“-Festival jedes Jahr um den 27. März, dem Welttheatertag und damit noch vor dem großen Internationalen Theaterfestival, statt. Aus finanziellen Gründen wurde es heuer auf Mitte September verschoben, war aber deswegen nicht weniger besucht.
Begonnen hat das Festival mit dem Theaterstück „MaRó“ des Yorick Studio aus Neumarkt. Der Titel ist ein Akronym: Ma von maghiari und Ró von români. Das Wort selber bedeutet auf Ungarisch „ätzend“. Mit einer rumänisch-ungarischen Besetzung baute der Regisseur Andi Gherghe in einer sehr realistischen Note mit viel Situationskomik und lustigen Wortspielen ein sozial kritisches Stück auf, das sehr nahe mit dem Improvisationstheater verwandt zu sein schien. Zehn Akte, einer skurriler als der andere analysieren die Identitätsprobleme zweier Nationen mit all ihren Stereotypen. Als Bühnenbild dienten ein paar Blöcke, die oft als Sitzgelegenheiten dienten. Es wurden nur die Rückenlehnen gewechselt, die aus Portraits von je drei rumänischen und drei ungarischen historischen Persönlichkeiten bestanden: Ștefan cel Mare, Mihai Viteazu und Mihai Eminescu versus Mátyás Kiraly, Kossuth Lajos und Petöfi Sándor. Szeklerisch-rumänische Konflikte wurden ironisch vorgestellt und das Hermannstädter Publikum amüsierte sich köstlich.
Weiter im Programm stand das Theaterstück „Rovegan“ des Vereins Arena in Partnerschaft mit dem theaterpädagogischen Zentrum „Replika“, das im Gong-Theater gezeigt wurde. Ein dokumentarisches Theaterstück über Arbeitsmigration, bei dem das Märchen „Capra cu trei iezi“ als Rahmengeschichte diente.
Die Theaterstücke „Sunt eu, Annabel“ der Lightwave Theatre Company und „Open“ des Vereins Reciproca Klausenburg, waren zwei weitere Highlights des nächtlichen Programms.
Am Samstagnachmittag stand die One-Woman-Show „Lumea dinăuntru“ des Theaterensembles „Unteatru“ Bukarest auf dem Programm. Das Stück nach Texten von John Elsom, in der Regie von Catinca Drăgănescu wurde sehr spannend und kurzweilig von der Schauspielerin Valentina Zaharia interpretiert. Im ersten Teil spielt Valentina Zaharia ein sechsjähriges Mädchen, dessen Leben zusammen mit der Schwester, der Mutter, einem blinden Teddybären und einer eingebildeten, frechen Freundin – plötzlich verändert wird, als ihre Schwester schwer krank wird. Die Mutter versucht, sowohl die ältere Tochter am Leben zu erhalten, als auch die Kleine vor der Infektionskrankheit zu schützen, wobei sie auch mit der Angst kämpft, dass ihr Ehemann im Krieg verletzt oder gar getötet wird. Die ganze komplexe Geschichte bringt die Schauspielerin alleine in einem packenden Monolog auf die Bühne indem sie einfach die Tonlage ihrer Stimme wechselte.
Im zweiten Teil schlüpft Valentina Zaharia in die Rolle einer todkranken Frau, die ihr Leben Revue passieren lässt. Eine sehr überraschende Wendung für das Publikum, das die Schauspielerin mit Stehapplaus belohnt hat.
Das Festival „25 Stunden Theater“ endete mit der Theatervorstellung „Mens Sana in Corporatist Sano“ des Auăleu Theaters Temeswar. Doch damit war das Festival noch nicht zu Ende, denn es folgten noch 5 Tage „Recuperare“, also „Erholung“. Im Klartext: Von Sonntag bis heute ein Theaterstück täglich. Neu war diesmal auch die Einbindung der bildenden Kunst. 25 Stunden lang malten die Künstler Isabela Voicu, Claudiu Peța, Iulian Ghera und Roxana Cernea zusammen mit Schülern der Kunstschule Hermannstadt ununterbrochen zwischen Samstag und Sonntag Gemälde auf dem Großen Ring. Mit einem Konzert der Hermannstädter Schauspieler-Band „Lipicioșii“ endet heute das Festival.
Cynthia PINTER
Szene aus dem Theaterstück „MaRó“.
Foto: Cynthia PINTER