Musikalische Leckerbissen in Michelsberg
Ausgabe Nr. 2543
Sie müsse nicht in die Welt hinaus, die Welt komme zu ihr, pflegte die Schäßburger Autorin Ursula Bedners zu sagen, deren Welt ihr Garten am Fuße der Burg gewesen ist. Die Michelsberger evangelische Kirchengemeinde hat sich diese Aussage zum Leitspruch auserkoren: Auch in diesem Sommer ist die Welt zu Gast gewesen auch weil die Michelsberger es verstehen, ihren „Garten“ – die Burg, Pfarrhof und Gemeindehaus, Kirche und alte Schule – zu pflegen und zu hegen und gastfreundlich zu gestalten.
Am vergangenen Wochenende war wieder einmal was los in der Gemeinde und auf der Burg. Am Samstag fand der Auftakt einer Tournee statt, bei der elf Musiker und zwei Begleitpersonen den deutschsprachigen evangelisch-lutherischen Gemeinden in Siebenbürgen auf Initiative der St. Donatus-Pfarrgemeinde Aachen und der Hochschule für Musik und Tanz Köln, Abteilung Aachen zum Reformationsgedenken fünf Konzerte schenkten. Zustande kam dieses „ökumenische Musikgeschenk“ in Folge eines Besuches von Pfarrer Ralf Freyalenhoven mit einer Reisegruppe in Siebenbürgen 2016.
Das „Wanderkonzert“ startete in der romanischen Basilika von 1180 auf der Burg, mit dem Auftritt der sieben jungen Trompeter – aus Südkorea, Taiwan, Brasilien und Deutschland – unter der Leitung von Anna Freeman. Die sieben spielten danach in der barocken Dorfkirche unter anderem „Die Königin der Nacht“ aus Mozarts „Zauberflöte“ und hier kam auch Kantor Ralph Leinen zum Zuge, mit einer humorvollen Improvisation auf der Barockorgel. Die dritte Station war die Vasarely-Ausstellung im Kunsthaus 7B, das in der alten Schule untergebracht ist. Hier kamen jazzigere Töne, u. a. Anna Freemans Arrangement von „Oh Happy Day“ zu Gehör. Wer bei dem Konzert der Aachener am Sonntag in Tartlau dabei war, konnte auch die Sänger Laura Lietzmann und Martin Schmidt erleben, die erst später zu der Gruppe gestoßen sind und somit in Michelsberg nur als Zuhörer mitgemacht haben.
Das vorletzte Konzert der Reihe „Michelsberger Spaziergänge“ am Sonntag wartete laut Koordinator Klaus Philippi, seines Zeichens Mitglied des Sinfonischen Orchesters der Hermannstädter Staatsphilharmonie, mit einigen Überraschungen auf. Philippis Ensemble-Kollegen Monica Florescu Fernandez (Klavier) und Makcim Fernandez Samodaiev (Cello) hatten ein reines Bach-Repertoire vorbereitet. Zum Auftakt aber spielte Monica Florescu auf der Barockorgel einen Choral, den das siebenbürgische Wunderkind Carl Filtsch im Alter von 9 Jahren komponiert hat. Das war die erste Überraschung. Die zweite war der Beitrag von Tochter Karina Fernandez Samodaiev, die an der Orgel „Al Ofertario“ von Domenico Zipoli zu Gehör brachte.
Mit der Interpretation der Suite Nr. 1 G-Dur für Violoncello solo BWV 1007 und der Suite Nr. 3 C-Dur für Violoncello solo BWV 1009 schuf der Ausnahmecellist Makcim Fernandez Samodaiev eine besondere Stimmung in der Michelsberger Dorfkirche, die wohl noch manchen Zuhörer nach Hause begleitet haben dürfte. Zum Abschluss brachte das Musikerehepaar Bachs Sonate Nr. 1 G-Dur für Viola da gamba und Cembalo in der Bearbeitung für Violoncello und Orgel zu Gehör.
Das letzte Konzert der „Michelsberger Spaziergänge“, am Sonntag, dem 27.August, 17 Uhr, gestaltet sich laut Veranstaltern „als Konzert für Kinder, aber nicht nur, denn auch Erwachsene werden auf ihre Kosten kommen. Fünf Musiker der Hermannstädter Staatsphilharmonie werden das Quintett op. 43 für Flöte, Oboe, Klarinette, Horn und Fagott des dänischen Komponisten Carl Nielsen (1865-1931) aufführen. Parallel zu diesem Musikstück wird Juliane Henning (Michelsberg) auf Deutsch ein Märchen von Hans Christian Andersen lesen“. Also nichts wie hin!
Beatrice UNGAR
Foto 1: Die sieben Trompeter bei ihrem Konzert in der romanischen Basilika auf der Michelsberger Burg.
Foto 2: Der Cellist Makcim Fernandez Samodaiev vereint mehrere „Welten“ in sich: Sein Vater ist Kubaner, seine Mutter ist Russin, er ist in Mexiko aufgewachsen und hat in Belgien Musik studiert…
Fotos: die Verfasserin