Erste Praktikantin beim Konsulat der Bundesrepublik Deutschland in Hermannstadt
Ausgabe Nr. 2528
Beim Bilderbuchkino in der Bibliothek des Deutschen Kulturzentrums Hermannstadt las Mitte April die Studentin Maria Reckerth, die zu jener Zeit als erste Praktikantin am Konsulat der Bundesrepublik Deutschland in Hermannstadt tätig war, den Kindern eine Geschichte vor. Im Anschluss sprach HZ-Chefredakteurin Beatrice U n g a r mit Maria Reckerth.
Sie haben siebenbürgische Wurzeln…
Tatsächlich. Meine Eltern sind 1989 ausgewandert. Ich werde jetzt 23. Im Herbst mache ich meinen Bachelor und stehe dann vor mehreren Möglichkeiten. Ich habe Verwandte in Hermannstadt. Es handelt sich um die Familie des Bruders meines Opas: Dessen Witwe, drei Kinder und ein Enkelkind. Sie heißen alle Reckerth. Udo Reckerth, der beim Wetterdienst arbeitet, ist mein Großcousin.
Ich bin zwar mit dem sächsischen Dialekt aufgewachsen aber ich tue mich sehr schwer, ihn zu sprechen. Ich bin 1994 in Bamberg geboren, meine Familie mütterlicherseits stammt aus Schönau und mein Vater aus Suceava. Meine Oma mütterlicherseits war die „Stammbaumherrin“, sie konnte zu jedem sagen, zu wem und wohin er gehört… Reckerth ist der Familiennamen meiner Mutter.
Hat das eine Rolle bei Deiner Bewerbung für einen Praktikumsplatz am Deutschen Konsulat in Hermannstadt gespielt?
Ich wollte auf jeden Fall in der Botschaft oder in einem Konsulat ein Praktikum machen und ich wollte auf jeden Fall nach Rumänien, denn ich habe schon mit dem Gedanken gespielt, hier ein Auslandssemester zu machen, in Klausenburg, aber dann bin ich ganz zufrieden mit meinem Studienort in Deutschland, wollte aber etwas in Rumänien machen, da es mir immer gut gefallen hat hier. Als dann auf der Homepage des Auswärtigen Amts die drei Auslandsvertretungen zur Wahl standen, die Botschaft Bukarest bzw. die Konsulate in Temeswar oder Hermannstadt, war es keine Frage. Ich habe nur Hermannstadt angegeben, weil ich nirgendwo anders hinwollte. Hier habe ich auch noch wie schon erwähnt Familie und deshalb war das für mich von Anfang an klar. Ich studiere Staatswissenschaften in Passau.
Meiner Meinung nach kann man sich nur durch Praktika seinen Weg ebnen, man kann seine Schwerpunkte wählen bzw. erkennen. Zurzeit studiere ich Schwerpunkt Politik und Öffentliches Recht und selbst da kann man in die aktive Politik gehen. Praktika sind sehr wichtig, um herauszufinden, was man will. Denn das ist wirklich schwierig und ich hatte letztes Jahr ein Praktikum im Bundestag im Büro des Bundestagsabgeordneten Bernd Fabritius absolviert, leider nur drei Wochen. Genug allerdings um für mich zu erkennen, dass ich nicht in die aktive Politik will. Die Aktivität im Auswärtigen Amt, ich bin jetzt schon fünf Wochen hier in Hermannstadt, entspricht schon eher dem, was ich mir vorstelle. Vor allem wenn man im Rechts- und Konsularwesen arbeitet, bei den Pässen, da geht es viel um Rechtsfragen und das interessiert mich sehr.
Das gesamte Praktikum geht sieben Wochen, man bekommt andere Einblicke.
Wie war es beim Bilderbuchkino?
Meine Mutter wollte eigentlich, dass ich Lehramt studiere, aber ich wusste, dass das nichts für mich wäre. Beim Bilderbuchkino ging es aber ganz gut. Ich war dann wirklich überrascht, dass die Kinder so aufmerksam zugehört haben. Es war eine gute Erfahrung. Ich lerne während dieses Praktikums auch viel über mich selbst. Ich war auch im Dr. Carl Wolff-Altenheim, wo mir Frau Ortrun Rhein das Kinderhospiz gezeigt hat. Wie sie das geschafft haben weiß ich nicht, aber wenn man da reinkommt, hat man nicht das Gefühl der Traurigkeit. Das fand ich faszinierend. Darüber musste ich im Auftrag von Konsulin Judith Urban dann einen Sachbericht schreiben. Leicht war das nicht, denn ich musste meine Begeisterung zügeln und bei der Sache bleiben.
Wie kamen Sie zum Studium?
Nach dem Abitur, das war für mich eine Katastrophe, da müsste mal was passieren. Man steht nach bestandener Abiturprüfung da und hat die Qual der Wahl. Man hat eigentlich keine Ahnung, was man danach machen soll bei dem überwältigenden Studienangebot, auf das man in keiner Weise vorbereitet wird. Zunächst bin ich nach Regensburg gegangen und habe dort Politikwissenschaften Osteuropastudien studiert. Leider war der Studiengang nicht so konzipiert, wie ich mir das vorgestellt hatte, der Fokus lag auf Ex-Jugoslawien, ich musste Kroatisch-Kurse belegen und solche Sachen. Rumänien gehört irgendwie nie zu irgendwas. Das Studium war zwar spannend aber es hat mir irgendetwas gefehlt, vor allem wusste ich nicht, was ich damit machen sollte. Nach einem Jahr bin ich in die USA gegangen und habe dort ein Praktikum gemacht in einer Firma für Transport und Logistik, also in einem ganz anderen Bereich. Von dort aus bewarb ich mich an der Universität Passau für den Studiengang Politik, Jura, VBL und Soziologie. Das war die beste Entscheidung überhaupt.
Wie fanden Sie das Praktikum?
Für mich war es sehr vielseitig, weil ich in jeden Bereich „hineinschnuppern“ konnte. Jede Woche war ich in einem anderen Büro und das ist sehr aufregend gewesen, wobei ich finde, ich habe immer wieder im Rechts- und Konsularwesen die Passanträge betreuen dürfen, das fasziniert mich einfach, was man da für Lebensgeschichten erzählt bekommt, dazu die Hilfe für Häftlinge mit deutscher Staatsangehörigkeit. Das war mein Lieblingsgebiet gewesen.
Ich kann das Konsulat nur als Praktikumsplatz empfehlen, ich habe mich auch gewundert, dass ich die erste war. Die durchgeplante Arbeit war für mich sehr bereichernd, alles ist gut strukturiert, ich wurde sehr gut betreut und eingebunden in die Abläufe. Ich wurde super gut aufgenommen und es wurde mir immer gleich geholfen.
Danke für das Gespräch.
Maria Reckerth (rechts im Sessel) liest in der Bibliothek des Deutschen Kulturzentrums aus einem Kinderbuch vor, die Bibliothekarin Roxana Stoenescu (stehend), zeigt die Illustrationen. Foto: Beatrice UNGAR